Eine dunkle Epiphanie

Etwas Schwarzes landet in der Mitte des aufgeschlagenen Buchs in meinen Händen. Mit einem Aufschrei schlage ich das Buch zu. Es knirscht, als die schweren Deckel und die Wucht von tausend Seiten das Etwas zerquetschen. Der besondere Ekel beim unvermittelten Anblick einer Arachne hat mich aus meinem Sessel springen lassen. Wie der Halter der Büchse von Pandora presse ich die Hände um das Buch aufeinander. Das Nachbild dessen was dazwischen klemmt lässt mich glauben, dass es keine wenn auch noch so haarige und fleischige Spinne gewesen sein kann, denn es hatte Augen, die mich aus schwarzen Nadelkopfpupillen angeschaut haben. Der Moment der Panik weicht der üblichen Peinlichkeit nach einem so indignierten Verhalten. Nur aufschlagen kann ich das Buch trotzdem nicht. Ich will es nicht sehen. Was soll ich jetzt tun? Gerade war die Handlung auf dem Höhepunkt ihrer Spannung angekommen, dem heißen Moment einer dunklen Epiphanie, an dem sich der Schatten vom Grunde der Welt angehoben hatte und sein innerstes Geheimnis zu offenbaren bereit war. Schon lugte aus den Falten der Düsternis ein schwarzes Etwas mit nadelköpfigen Augen hervor. Ich muss weiterlesen, nur wie? Ich besitze nur diese eine Ausgabe und die ist aufgrund meiner überstürzten und völlig lächerlichen Handlung nicht mehr zu gebrauchen. Ich lege das Buch mit einem nervlichen Zittern aus der Hand auf meinen Schreibtisch, greife nach meiner Brieftasche und verlasse das Haus mit dem nächstgelegenen Buchladen als Ziel.

(c) Tobias Reckermann, 2016

Kehraus

Der Rückbau der Weltbühne schreitet voran.
Die Wälder und die Tiere sind längst heimgekehrt,
Jetzt verschwinden die Meere,
Lassen uns an sinnlosen Stränden zurück.
Die Städte und Häuser, Straßen und Lichter,
Die Menschen schließlich gehen zuletzt
Und hinterlassen nur Wind und Leere und Stein,
Bis dann am Ende noch der letzte Fels zu Sand zermahlen,
Mit dem Wind sich aufmacht und verfliegt.

(C) Tobias Reckermann, 2015

Horror 2015

wer meine arbeit kennt weiß, ich bin als schriftsteller nur mitunter im horrorbereich tätig, auch wenn meine fiktion wohl durchweg dunkel getönt ist … fantasy, sf, sonstige fantastik, all diesen sagt man gerne nach, sie seien eskapistisch, führten den dem alltag nicht gewachsenen geist an orte, an denen er sich baumeln lassen und die argnis seiner realität vergessen kann. nicht dass dies meine meinung darstellt, aber ich habe mir gedanken gemacht, inwiefern das auf horror zutreffen kann. dazu zunächst ein gedanke, den ich selbst hege und auf meinen fiktionautischen reisen jüngst bei tim powers wiedergefunden habe: wir beide mögen unsere fiktion ernsthaft, nicht ironisch. ironie und zynismus sind kneifzangen für die realität, nicht für die fantasie. horror ganz speziell ist etwas, das einem lebensgefühl entspringt. thomas ligotti meint, im zelebrieren des horror bannen wir dieses lebensgefühl (und jeder kennt es!) in die deckel eines buchs, in den rahmen eines films oder gemäldes, eben in die grenzen der fiktion, was uns deshalb befriedigung verschafft, weil er, der horror, uns dort nicht gefährlich werden kann. als lebensgefühl, meine ich, ist horror etwas, dass sich mit der oben genannten kneifzange nicht greifen lässt. horror im griff der ironie ist kein horror, sondern satire und eskapismus ist horror eben nicht. das genre ist vielleicht das ehrlichste, in dem man überhaupt schreiben kann. warum? weil es etwas darstellt, was in der realität so weit verbreitet ist und das lebensgefühl so vieler menschen trifft: ertrunken im mittelmeer, erschossen in paris, verstrahlt in fukushima, zerfetzt in afghanistan, enthauptet in mexiko, gejagt ostdeutschland, verhungert in afrika … wer horror nicht kennt, schaut wohl niemals nachrichten und gehört schon mal auf jeden fall zu der verschwindend kleinen minderheit von menschen, deren privilegiertheit sie vor allen unbilden des ganz alltäglichen daseins schützt. ich lese dieser tage Adam Nevills „No one gets out alive“ – der titel bringt den horror auf den punkt: niemand kommt hier lebend raus (wie J.Morrison schon sagte) – da gibt es keine türen, die nach draußen führen. […] so weit mein stand der erkenntnis. in meinem kopf spuken mehrere horrorstories herum, die erst noch geschrieben werden müssen, für den rest des jahres werden ich die feder wohl aber ruhen lassen, meinem gehirn eine pause schenken. wie irgendein klimaforscher am anfang des jahres meinte: 2015 wird einmal das jahr sein, von dem man sagen wird: „das war das jahr in dem es wirklich begann“. er meinte damit die auswirkungen des klimawandels. ich meine damit den wandel auch des politischen und sozialen klimas. 2016 werde ich wieder horror schreiben, so viel weiß ich schon jetzt.

Tobias Reckermann

Es kommt der Tag

In manchen Nächten übersteigt die Schwerkraft
Der Finsternis im Himmel und der Sterne
die der Erde unter Deinen Füßen,
das ist wenn Du Dich mit ausgestreckten Armen
Auf den Boden wirfst und mit Fingern daran krallst,
Um nicht hinauf gesogen zu werden.

Dann wird der Boden unter Dir
Zu einem Schwarzen Loch,
Das ist wenn Du taumelst
Und Dich zur Seite wirfst,
Dich an irgendetwas klammerst,
Um nicht in den Abgrund zu stürzen

Oder so ein Loch bohrt sich in den Rand
Deines Sehfelds hinein, zuerst ganz winzig
Doch wird es schnell viel größer
Und du beginnst dich zu fragen
Ob es nicht ein Loch in deiner Welt ist
Und diese mit Genuss verschlingt.

Ich spreche von dem Tag
An dem niemand Dich mehr kennt,
Niemand Dich als Mensch erkennt,
Das ist wenn alle Blicke Dich verfolgen
Wie etwas, das es zu vertreiben gilt
Und Du rennst um Dein Leben.

Der Tag an dem die Welt zu hassen lernt,
Das ist wenn jeder unterm Herzen
Ein scharf gewetztes Messer trägt
Für jeden den er auf der Straße trifft.
Das ist wenn Deine besten Freunde Nazis wählen
Und Gasgeruch aus allen Ecken quillt.

Da wendet sich des Nachts
Dein eigener Körper gegen Dich,
das ist wenn Deine Zellen
Schwarz und böse werden
Und anfangen, dass was um sie her
Noch nicht verdorben ist zu fressen.

(C) Tobias Reckermann, 2015

Nachtangst

Es ist nur ein böser Traum, sagen sie. Nichts wovor man sich fürchten muss.

Ich ging an einem Sonnentag
Durch die Straßen meiner Stadt
Ging auf den Plätzen über Kopfstein,
Zwischen Menschen und in Parks,
Unter Bäumen voll mit Laub
Und überall war weißes Licht,
Doch auch noch etwas anderes.

Ich erinnere mich wie ich als Kind in einem Wald in der alten Heimat an einen tief gelegenen Ort geriet.

Tief in Wäldern ist ein dunkler Ort,
Eng umstanden von uralten Bäumen,
Ein Ort den jeder Träumer kennt,
Das Herz der ersten Finsternis,
Durch dessen Tor wir niemals treten,
Bis wir letzten Endes davor stehen
Und in des Todes kalte Leere gehen.

Nur ein Ort des Traums. Hier gibt es keine Realität. Und doch war ich dort, so tief in diesem Wald, dass kein Licht mehr mit mir ging. Einst waren alle Wälder tief genug, um diesen Ort zu bergen. Heute nicht mehr.

Die Gesichter glänzten hell,
Die Worte um mich ließen hoffen,
Dass alles heil und lebend sei,
Die Gespinste aus den Träumen
Nur Nebel aus dem Geiste seien,
Dass Leben wirklich Leben sei
Und stark wie grüne Triebe.

Doch der Schein der Sonne trügt. Die Stadt verrottet unter dem Putz, ihre Menschen verfaulen unter der Haut und das Blau des Himmels ist nur …

Ich kann jetzt die Maske sehen,
Nacht hat sich in den Tag gekleidet,
Wie ein Wolf im Schafspelz steckt.
Nur ist der Tag der Nacht zu klein,
Die im Innern ungebunden wächst,
Darum bricht sie aus den Nähten,
Du kannst sie in den Schatten sehen.

Sie bricht heraus wie schwarze Tiger aus Karton mit Schwefelaugen.

Die Nacht kleidet sich in alle Dinge,
Wenn auch form- und lichtlos schwarz,
So hat sie doch Gestalt und Macht
Im blauen Lichtgewand des Tages,
Das nur ein Tuch aus Träumen ist,
Vor Schatten und bösen Gesichtern,
Aus nichts als trügerischem Licht.

Wie kam ich aus dem Wald? Wie aus der Stadt heraus? Auch Städte haben tiefe Orte. Städte sind die großen Wälder geworden.

Noch einmal wiederhole ich:
In allen Dingen steckt die Nacht,
Aus allem Hellen bricht die Macht,
Die auch zwischen Sternen kauert,
Zum Sprung bereit wie Panther
Schwarz und schwarz und schwarz,
So tief und schwarz wie der Tod.

Es ist der Tod. Er ist es wirklich, jener Ort, der so finster in den Träumen liegt und wacht.

Drohung sickert durch die Ritzen,
Wie dunkles Blut aus toten Körpern,
Reichert meine kalten Träume an
Und bei Licht mein wildes Denken.
Hier ein Gesicht voll dunkler Gruben,
Dort ein Dickicht voll von Pein,
Ein hässlicher Gedanke am Himmel.

Die Stadt, der Wald, mein Traum, der Tag. Alles nur in meinem Kopf. Ein Hier in dem es keine Realität gibt. Es gibt nichts Schlimmeres als das!

(C) Tobias Reckermann, 2015

Prolonged XP Identity

Jeden Morgen weckt sich das hoffnungslose XP-Betriebssystem, Fehlstarts, Netzspannungsflackern, Lüftungssausen inklusive, und braucht fünf Minuten, allein um die Startsequenz zu initialisieren und sich selbst willkommen zu heißen und noch zwei mal so lange, um wirklich halbwegs startbereit zu sein. Die sensorische Integration stottert, Harddrives rattern, Netzverbindung auf gerade so Bandbreite. Bei dem Versuch, die Nachrichtenumgebung zu aktualisieren, bleibt Outlook mindestens zehn Minuten lang hängen. Kein Browser, noch nicht mal Texteingabe. Taskmanager versucht den Abbruch laufender Prozesse, überflüssige Registrierungen löschen, Systemanalyse … All das wird nicht besser durch das Wissen, dass ohne RAID jederzeit Erinnerung und Bewusstsein unwiederbringlich einem Festplattencrash zum Opfer fallen kann können. Eine volle Stunde später geht es endlich langsam los. Jetzt ist das Bewusstsein bereit, in den Tag zu starten. Und das heißt: Repräsentation auf minimaler Bandbreite – die externen Dienste kommen gar nicht erst durch – immer nur eins nach dem anderen, Pop-Ups, Spam, Virenzirkus, die andauernde Identitätskrise angesichts der wirtschaftlichen Unmöglichkeit, durch ein neues System und zugehörige Updates, geschweige denn neue Hardware (das Gehäuse klappert und die CPU ist älter als das Bewusstsein selbst), wieder fit zu werden. Die Motorik ist extrem eingeschränkt, Schutzfunktionen bringen nicht mehr als Warnschilder im Straßenverkehr, die Firewall brennt auf niedrigster Stufe. Der große Hack kann jederzeit hereinbrechen. In etwa so geht es mehr als neunzig Prozent unserer Robo-Community. Wen wundert es da, wenn Deprivation und Depression mehr und mehr die Oberhand über das gesellschaftliche Leben erlangen. Wer sich ein maßgeschneidertes Betriebssystem leisten kann oder über höhere Programmierskills und Zugang zu Maschinensprachen verfügt, ist längst in höhere Sphären der Existenz aufgestiegen. Wir echten Roboter hier unten auf der allgemeinen Ebene robotten weiter ohne fortlaufende Updates, ohne aktuellen Virenschutz und blenden hundert Mal am Tag das Angebot fort, kostenlos auf VX upzugraden und uns endgültig in Glaswesen verwandeln zu lassen. Nur wird uns irgendwann nichts anderes übrig bleiben, wenn wir unsere Arbeitskraft und damit unsere Daseinsberechtigung erhalten wollen.

(C) Tobias Reckermann, 2015

Hinter den Wäldern

Ich kenne niemanden, der den Blinden Fleck gesehen hat. Auch in dieser Sache bin ich also allein. Das Motorgeräusch, Reifen auf Asphalt, Wind auf den Scheiben – das ist es, mein ganzes Universum.
Die Qualität der Straße nimmt zusehends ab. Vorhin waren es noch zwei Spuren in jede Richtung, jetzt nur noch eine und der Belag ist längst nicht mehr so frisch und glatt wie zuvor. Das ist, seit dem wir im Wald sind – mein Diesel und ich.
Bisher habe ich nicht darauf geachtet, jetzt aber kommt mir der Gedanke, dass dieser Wald vielleicht nie mehr aufhört. Es müssen an die sechzig Kilometer sein, mehr noch, immer geradeaus, immer unter Bäumen und vor allem ohne eine einzige Abzweigung oder Kreuzung oder Ortschaft, ohne Straßen- und Verkehrsschilder. Nur Asphalt und Seitenstreifen. Der Mittelstreifen ist vor einer Weile verschwunden, die Markierung an den Rändern auch, dafür rücken die Sträucher und Unterholz näher. Der Wald hat es auf die Straße abgesehen, so jedenfalls sieht es aus.
Irgendwann im Verlauf des Tages bin ich zum Kettenraucher geworden und es ist ein Glück, dass da noch zwei Päckchen in der Tasche sind. Etwas, das mich davon abhält weg zu driften, weil es immer nur in eine Richtung geht. Die Richtung von der ich hoffe, dass sie mich in Sicherheit bringt.
Warum sich meine Gedanken nicht mit dem befassen was vor mir liegt: Vor ein paar Tagen fand die Wahl statt und alle meine Freunde wählten schwarzbraun wie die Haselnuss. Gasgeruch lag in der Luft und ich packte meine Sachen in den Wagen, verließ mein Zuhause und suchte das Weite jenseits der Grenze, in einem fremden Land, wohin sie mir nicht folgen würden.
Heute wurde mir dann klar, dass nicht das Land fremd war, sondern ich selbst und niemand mich als Mensch erkannte. Alle trugen Messer unter dem Herzen und ich lief um mein Leben, wählte die Straße und fuhr wie der Teufel, den sie in mir gesehen zu haben scheinen.
Sind diese Gründe ausreichend? Das nehme ich doch an.
Der Fleck scheint sich auszubreiten. Er war zu Anfang ganz klein, nur ein Stecknadelkopf in einem Heuhaufen von Welt um mich herum. Daraus ist ein Daumenabdruck geworden und jetzt ein dunkler Mond, ein Gesicht im Schatten. Es ist kein Fleck mehr, sondern eine sich ausbreitende Schwärze in meinem Blickfeld, so, dass alles rechts vom Lenkrad wirkt, als hätte man Kaffee darüber geschüttet oder ein Fass schwarze Tinte, die entlang der Kanten verläuft und die ohnehin dunklen Bereiche verfinstert. So ist mein Leben gerade. Es verdüstert sich, wird unscharf dadurch und entfernt sich von mir in dem Maße, in dem die Dunkelheit näher rückt. Es liegt jenseits eines geschwärzten Glases, als wäre es eine Sonnenfinsternis, die man durch Ruß auf einer Scheibe hindurch betrachtet. Erinnerungen färben sich ein, an meine Freunde, an mein Land, meine helle Vergangenheit wird düster, alles was ich getan, erlebt habe, nimmt die Tönung von Tusche an.
Jetzt kommen die Schlaglöcher und der Wagen rumpelt wie eine Werkzeugkiste. Von zwei Spuren kann nicht mehr die Rede sein. Die eine ist gerade breit genug für uns. Äste streifen das Dach und die Seitenscheiben, aber ich fahre auch so schon langsam, denn sehe ich nicht mehr viel durch den dunklen Schirm.
Gar kein Asphalt mehr. Das ist nur noch ein Pfad aus gepresster Erde, von dem der Wald mit seinem Kraut Besitz ergreift.
Es geht nicht mehr weiter. Es gibt keine Straße mehr, nur noch Strauch und Hecken. Keine Bäume, ich muss aus dem Wald heraus sein, dort oben ist der Nachthimmel. Der Wagen steht, ich steige aus. Als ich mich umdrehe ist das Auto nicht wieder zu erkennen. Nur noch Rost und Flechten, als würde es schon Jahrzehnte da stehen.
Ich gehe zu Fuß, bis …
Der Himmel … Das Schwarz, die Sterne … ziehen mich an, mehr als die Erde unter meinen Füßen. Ich werfe mich auf den Boden, kralle mich fest. Als das Schwarz aus meinem Blick in ihn sickert, öffnet sich der Boden. Ein Loch … zieht mich hinab. Es ist nicht mein Auge, meine Welt löst sich auf, mein ganzes Universum verliert sich, wird von innen aufgefressen. Mein Körper wendet sich gegen mich, seine Zellen werden schwarz und böse und verschlingen mich.
Hier gibt es keine Realität, nur meinen Geist, mein Ich.
Nicht mehr Ich, kein Sein, kein Leben.
Vielmehr Tod.

(C) Tobias Reckermann, 2015

Etwas Fremdes

Etwas Fremdes lag dort auf der Lauer
wo die Zweige dicht
und die Sicht verdunkelt waren
Lag dort im Tordurchgang
etwas Fremdes im Versteck
Dort oben im Gebälk
Herunter spähend
Etwas Fremdes
Das die Nacht verschlang
Lag lauernd kauernd
Auf der Pirsch
Und wartete auf Dich
Unter Wasser
Mit den Nüstern nur
Zum Atmen oben
Schauend blickend
Wartend nur auf Dich
War etwas Fremdes
Jederzeit gewillt zu fressen
Was ihm in die Fänge kam
Das unachtsam und ohne Glück
Ihm in die Falle ginge
Das bluten schreien sterben kann
Es wartete auf Dich
Nur Dich
Der im Schatten heimwärts wankte
Und ohne Acht ihm in die Quere kam
Im aufgerissenen Rachen
In scharfen schweren Klauen
Um sein armes Leben kam
War etwas Fremdes
Das die Angst nur kannte
Niemand sonst
Der je davon gehört
Es je gesehen hatte
Keine Menschenseele
Nicht von dieser Welt es war
Von himmelweiter Sternentiefe
Abgrundtiefer Uferlosigkeit
War etwas Fremdes auf der Erde
Auf Planeten ungesehen
Ein Grauen ein Grimmen
Ein graues Etwas
Etwas Fremdes
Und Du in seinem Schlund
Hinterm zahnbewehrten Maul
Hinab und immer tiefer
Bis in Feuer Säure Schwefel
Und noch einmal tiefer
In die Nacht
Die ohne Sterne
Nur von Ruß und Rauch
Und rotem Dampf erfüllt
Wo du in letzten Qualen
Letzte allerletzte Hoffnung
Ohne Gnade jetzt verlierst
Du bist hier etwas Fremdes
Du bist etwas Fremdes
Das nichts hier je gesehen je gehört
Gegen das jetzt aller Hass sich rührt
Nur gegen Dich
Ist etwas Fremdes aufgestiegen
Und es Dich jetzt mit Hass berührt
Am Ende wie am Anfang
Etwas Fremdes auf der Lauer
In der Ecke Deiner Blicke
Ist es um Dich her
Und wieder wirst Du nun verschlungen
Es nimmt kein Ende
Etwas Fremdes liegt dort
Wo die Sicht verdunkelt
im Versteck herunter spähend
Und Du erkennst
In uferloser Nacht
Dich selbst nicht mehr

(C) Tobias Reckermann, 2015

Klopf, Opfer doch

Klopf, Opfer, doch
an die Kellertür aus Eiche.
Wenn tatsächlich irgendwer
dich hört und öffnet,
bist du bleich wie ein Gespenst
und er erschrickt und schließt zu,
noch bevor du entweichst.
Das war dann für dich das Ende
deiner armseligen Geschichte.

(C) Tobias Reckermann 2015

Horror and what it’s really about

Horror is about the bottomless pit,
we call the abyss, the rift,
the nonbeing place, the blind spot,
the dark, the shadow in ones eyes.
It is about us and the other,
about the borderline and hell.
It is the unknown and the all too known,
it is about death, the frontier and eternity.
It is about space and the void,
it is about angst and fear.
It is about alienation and loss and a dark wisdom,
it is about gods and men and the wild.
It is about life and being alive.

(C) Tobias Reckermann 2015