debutroman

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Die Era Tyrannis ist zu Ende – der Allmächtige ist tot!

Ein Schwertmeister in Fernost trifft auf einen Unsterblichen und kämpft um ein kaiserliches Siegel. Ein Alchimist und Naturforscher in der großen Stadt erschafft sein Großes Werk und geht einen Handel mit älteren Mächten ein. Der Große Verteidiger wird Zeuge, wie sein Reich der Freiheit unter der Gewalt radikaler Theisten in Aufruhr versinkt. Diese und andere Stränge verzweigen sich und finden im Chaos eines Aufstands zueinander.

Wuxia und Cloak&Dagger in einer Welt an der Schwelle zum Steampunk.

seit heute als print und ebook bei amazon erhältlich

Geschwärztes glas

Es brauchte viel zeit, aufzutauchen, zu viel zeit, es war mühsam, all die schichten des unbewussten aufwärts erneut zu durchreisen, die er im laufe des schlafes hinabgestiegen war, und am ende war sich toads nicht sicher, ob er mit dem richtigen namen und dem richtigen gesicht aufgewacht war. „Mein kopf ist pelzig, innen drin“, dachte er, „alles bitzelt. Ich könnte ausgewechselt worden sein, gegen ein neues etwas und das gefühl kommt daher, dass die zellen meines körpers erst ein paar stunden alt sind.“ Schwaden sich auflösender episoden von traum, wie mit gas gefüllte luftballons, die sich losreißen und aufwärts fliehen. An gedankenfäden, die verblassen, möglichkeiten, die ir­gendwo vielleicht zu wirklichkeiten werden mochten, aber nicht hier in diesem kalten zimmer, in das die nacht bereits eingedrungen ist, wo sie vergessen sind, wo noch ein ganzer abend, eine nacht wartet, in der nichts geschehen wird, in der die sekunden träge, zäh wie schlacke fließen. Toads war al­lein mit einem kalten abendessen, abgestandenem bier in einem fast leeren raum. Bett, sofa, tisch, kleider im rucksack und ein fenster. Ohne licht anzumachen, stellte er sich davor, schaute auf die straße und rauchte dabei. Laternen, geparkte autos, regen, keine menschen. Er öffnete das fenster, um dem regen zuzuhören und versuchte, sich an etwas aus seinem traum zu erinnern. Aber da war nichts mehr. Es war alles fort, eine ganze welt, ganze welten waren einfach untergegangen, als er die augen aufschlug. Dabei war traum doch auch eine art von bewusstsein, und wenn er sich schon mit einem abfinden musste, dann wollte er eben wieder dorthin zurück. Wozu hatte er sich die mühe gemacht, hierher zurückzukehren? Warum bestand sein körper darauf, ihn aufzuwecken, als ob er hier etwas zu tun hätte, als ob er hier gebraucht wurde? Trinken und vergessen, das hatte gestern noch funktioniert, auch wenn er danach nicht gut schlafen konnte. Heute konnte er sich nach dem bier nur noch weniger leiden. Das war nichts für ihn. Lesen. Lesen war ein schwacher ersatz für einen traum. Er hatte ein paar bücher dabei, aber sie hielten ihn nicht, sagten ihm nichts. Jetzt jedenfalls nicht. Es gab andere drogen, er hatte keine, vertrug sie auch nicht. Er hatte etwas geld, könnte sich etwas gesellschaft und sogar billigen sex dafür kaufen, brachte aber die kraft dafür nicht auf und fürchtete sich vor dem anderen bewusstsein, das ihn betrachten würde, ihn zwingen, sich mit ihm auseinanderzusetzen. Er fürchtete die nähe, obwohl er sie brauchte, obwohl er die wärme brauchte und das schlagende herz. Naheliegende möglichkeiten, aus dem haus zu gehen, irgendwo hin, wo leute waren, waren wertlos für ihn, er würde sich nur umso mehr wie ein fremder fühlen. Das ging so nicht. „Verfluchter idiot! Was tust du? Verreck doch, verrecke!“, fing er an, sich selbst zu beschimpfen. „Das ist eine unerträgliche situation, unerträglich, absolut unannehmbar, einfach unerträglich“, sagte er sich, nur um es einmal mehr gesagt zu haben, zum hunderttausendsten mal. „Und was geschieht jetzt?“

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VIR

„ihr name ist hua dee?“
„ja.“
„dann gehört das ihnen.“
dee blieb mit dem blick an dem gesicht des anderen hängen, bevor er hinab auf den gegenstand schaute, der ihm in die hände gelegt wurde. Die augen des mannes hatten etwas verblüffendes an sich. Der gegenstand: ein päckchen, in grauem papier, klein, leicht, ohne beschriftung.

der weiße raum

wir würden sie nur ungerne einfach so im weißen raum stehen lassen, so ohne charakteristika, darum hier ein paar zusätzliche beschreibungen von ort und zeit, farbe und form und allgemeiner stimmung, damit sie sich zuerst ein bild machen können, bevor die handlung wieder einsetzt.

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conan christ

born in battlehem
oder das fünfte evangelium

sein stiefvater war tischler und seine mutter eine hure, die es mit den göttern trieb. als sie mit ihm schwanger war, verloren die ihre lust an ihr und sie hatten kaum geld und machten sich darum auf den weg in ihre heimatstadt, um bei ihren eltern unterzukommen. noch unterwegs kamen die wehen und sie krochen in eine höhle, um die geburt abzuwarten. In der höhle allerdings lebte ein bär. Nur weil es winter war schlief der bär und sie versuchten ganz leise zu sein um ihn nicht aufzuwecken. als die wehen stärker wurden konnte sie aber nicht mehr an sich halten und schrie so laut, das der bär doch aufwachte. Sie flohen aus der höhle, den bär auf den fersen und gerieten mitten in eine schlacht, in die drei könige ihre heere führten und am himmel stand ein böser stern. Inmitten des schlachtens und mordens kam er auf die welt. er lebte fast dreißig jahre lang als dieb, als söldner und pirat von denen wenig bekannt ist, außer, dass er zu kämpfen lernte und war schließlich ein kraftstrotzender, aufbrausender mann geworden, der gerne bei den huren war, als er in die große stadt kam, die von einem fernen imperium beherrscht das ganze land regierte. Hier erschlug er priester in ihren tempeln und verwandelte wasser in blut und scharte um sich eine bande aus raufbolden und räubern, so dass sie ihn schließlich zum staatsfeind erklärten. Sie schleusten einen spion in seine bande ein, der über die monate von den unwahrscheinlichsten kraftakten und pöbeleien berichtete. Er war dreiunddreißig als der spion dafür sorgte, dass sie ihn fassten und vor den richter schleiften. Er wurde zum tode am kreuz verurteilt. auf dem weg zum schädelberg griff er sein kreuz am kurzen ende und drosch der imperialen garde die eingeweide aus den leibern. Hinterher ließ er den konsul und alle bürokraten der stadt pfählen und kreuzigen. Sklaven, Diebe und mörder und der ganze übrige pöbel folgten ihm in einem blutrausch, der bald das ganze land erfasste und schließlich sogar über das große meer und so brachte er am ende das imperium selbst ins wanken. Seine horde hatte große elefanten bei sich, mit denen sie die mauern der hauptstadt des reiches zerstörten. Zu guter letzt stand er dem imperator selbst gegenüber, schlug ihm das haupt vom kopf und krönte sich selbst zum könig der welt.

(c)venom&claw

schlag 13 – teil 4

Feindseele

der gedanke an offene feindschaft ist für die meisten von uns schwer zu ertragen. Feindschaft stellt uns bloß, darum wählen wir den schleier der höflichkeit und ziehen den schutz der menge vor, anstatt uns voran zu stellen mit dem bekenntnis zur feindschaft auf unseren stirnen. Aber wenn wir uns entschließen, aus der menge hervorzutreten überkommt uns mit der entschlossenheit auch eine ungeahnte kraft. Von diesem punkt an offenbart sich die überragende macht des willens.

Seelen fließen ineinander, mit der zeit. Zumeist braucht es viel davon, zuweilen aber auch nicht. Manchmal genügt ein einziger blick. Ein einziger blick reicht der schwärze der pupille aus, um die ganze schwärze zwischen den sternen in sich aufzunehmen, oder den hass eines ganzen lebens. Ungeachtet so verschiedener erfahrung, wie sie ein leben vom andern trennt, überträgt sich der abgrund und frisst sich mit heißem hunger in das neue, unverbrauchte und macht daraus seine neue walstatt, seine neue festung. So kann das lodernde banner der feindschaft durch die zeiten weiter wehen.

Die gimmligen toten müssen aufpoliert werden, die verstümmelten toten müssen geflickt, die obduzierten toten gestopft und wieder zusammengenäht. Alle toten müssen geschminkt und parfümiert werden. Die särge müssen wegen des auslaufs sich verflüssigender toter abgedichtet werden. Tote müssen angekleidet und feingemacht werden. Als bestatter hat man viel zu lernen. Mein gesellenstück besteht darin, den leichnam meines meisters für den letzten gang vorzubereiten, wobei mir sein geist kritisch über die schulter schaute und nicht wenig mit schauder und aufgestelltem haar dazu beiträgt, dass mir seine anwesenheit bewusst ist. Die letzte intimität wird von einem ernsten gemisch von gefühlen begleitet. Unglaube und trotziger widerstand gegen das unausweichliche oder beunruhigte unwissenheit, reue und trauer, pikiertheit, scham, zorn, abschied von einer lebenslangen liebschaft zum eigenen körper oder auch feindschaft und noch mehr. Der bestatter badet in dieser mixtur aus menschlichkeit, ob bewusst oder nicht. Wir alle dienen dem schmerz des lebendigen, in dem wir ihn den toten von den schultern nehmen. Das ist die aufgabe – die zu erfüllen nicht immer gelingt.

Ein kinderkörper ohne herz…, die verletzung im geistigen fleisch genauso monströs wie in dem des körpers. „Du musst noch warten, kleiner geist, immer einer nach dem andern, jeder verdient die zeit und die aufmerksamkeit, die es braucht, seine reste in die letzte form zu bringen. Ich komme gleich zu dir.“

Mein meister lächelt. Sein letztes gesicht ist freundlich, ruhig, wie schlafend. Und sein geist ist zufrieden. Morgen ist dein großer tag, alter mann. Das feuer brennt schon für dich. Und jetzt zu dem kind. Kann ich das herz beschaffen? Damit dieser gebrochene wurm seinen frieden machen kann? „Dann lass mal sehen, mein kleiner…“

ein triftiger grund für fortgesetzte feindschaft ist natürlich das ausbleiben einer besänftigung nach erfolgter kränkung, die fehlende satisfaktion, die das verletzte ehrgefühl wieder herstellt. Eine persönliche beleidigung schwelt solange vor sich hin und frisst sich in die seele, bis sie aus der welt geschafft wird. Und wie ist das mit der ehre? Zuweilen fühlt sie sich ganz einfach dann beschmutzt, wenn ihr träger in einem streit keine argumente mehr findet, wie als letzter ausweg, wenn sonst nur die alternative bleibt, einzugestehen, dass man im unrecht ist. Ich glaube, dass der urvater meiner feindseeligkeit in den lange vergangenen tagen seiner lebendigkeit auf etwas traf, das ihn so tief im innersten erschütterte, das ihn so sehr im guten, aber schließlich doch irrigen glauben enttäuschte, das sein wahres und geliebtes selbst nicht von der erfahrung loskommen, nicht sich angesichts der ihm bewusst gewordenen gefährdung jemals wieder sicher fühlen konnte. Und da blieb, anders als die völlige aufgabe und resignation nur der weg des offenen hasses und des krieges im herzen. Als dann im angesicht des todes noch immer keine linderung, keine besänftigung zu erlangen war, stahl sich dieser hass mit dem letzten blick aus seinen augen fort in das herz seines gegenübers, seines feindes – paradoxerweise – und machte selbst aus ihm einen unbedingt gehorsamen gefolgsmann der eigenen sache.

Alles was mir bisher begegnet ist, gleicht einem schatten, der eigentlichen ursache der feindschaft so ähnlich und doch so ungleich ihr selbst, dass keine echte befriedigung aus der konfrontation zu gewinnen ist. Stellvertreter des bösen, stellvertreter des guten, nur die vorwände wahrer beweggründe, ein schattenspiel, ein spiel hinter masken, die jede für sich nicht das auszudrücken vermögen, was zweiter und dritter hand dahintersteht. Wie in einem traum, aus nebeln angefüllt, die den wahren grund verbergen. Und doch gehe ich wieder auf die jagd – mit einer tageszeitung.

Was ist z.b. mit diesem medium? Da glaubt sie wirklich, hinterbliebenen einen guten dienst zu erweisen und plötzlich, mitten in ihrer seance, bricht ein rachegeist aus einem ihrer gäste hervor. Die reste die ich auf den tisch bekam, waren nicht mehr als grausam zugerichtete stücke fleisch.

drei männer ritten durch einen sich verdunkelnden wald, auf der jagd nach einem wilden tier. In schweres leder gekleidet und mit lanzen bewaffnet, deren schwere eisenspitzen vor ihnen wie schlangenköpfe durch gras und anschließendes gestrüpp streiften. Das geteilte licht des abends hatte begonnen, jede farbe entzwei zu brechen und allen drei war nicht wohl dabei, zu dieser zeit des tages in rumors reich einzudringen, aber der geist des tieres, dem sie auf der spur blieben, war zu hungrig geworden, viel zu hungrig und wild, um ihn noch einmal entkommen zu lassen, nachdem er zwei schafe und einen schäfer gerissen hatte. Die bestie war hier zu hause, die männer hingegen eindringlinge, die nacht und das flüsternde holz würden sie nicht weit kommen lassen, wenn sie sich nicht an bestimmte regeln hielten, darum benutzten sie keine fackeln, sondern beschränkten sich auf das fahle seelenlicht, dass eom, der schamane unter ihnen befehlen konnte. Rumor duldete keine langen messer, darum hatten sie ihre schwerter wie grabzeichen in den boden gerammt am waldrand hinterlassen. Mashmar, der jagdführer hatte daraufhin den flachen stein betreten und ein kleineres blutopfer aus einer vene an seinem arm dargebracht und korjan, der sicherste schütze der drei, einen verbundenen pfeil mit drei geisterfedern als pfand für die erdfrauen gegeben, der jetzt tief im inneren eines ihrer bauten stak und ihnen mit etwas glück wieder gegeben würde, wenn sie den wald nach der hatz verließen. Dem lanzengespür folgend, gerieten sie tiefer und tiefer in das holz, bis sie vor sich das zornige grollen der in die enge geratenen bestie hörten. Mashmar und eom, jetzt mit über die köpfe erhobenen lanzen preschten vor, von eom mit dem seelenfeuer auf dem schaft vorgestreckt dicht gefolgt und alle drei stießen unversehens in einen sich wie ein zahniges maul auftuenden graben hinab. Die pferde kamen ins stolpern, fingen sich nur gerade so am grund ab, anstatt in einem haufen gebrochener knochen zu enden und gingen gleich in schnelle und von terror getriebene gangart über auf das grollen zu, das jetzt aus geringer entfernung vor ihnen kam und sich geisterhaft von ihnen entfernte. Der waldboden befand sich jetzt über den häuptern der männer und sie hielten links und rechts nach wegen aus dem hohlweg ausschau um wieder übersicht und oberhand zu gewinnen, aber an beiden seiten stieg der graben nur in steilen wänden auf und ihnen blieb nichts anderes, als sich weiter dem pfad zu überantworten. Dunkel lastete jetzt auf ihnen und schatten, die sie selbst warfen jagten an beiden seiten neben ihnen her, umrandet vom schein des seelenfeuers und unversehens war von dem grollen nichts mehr und dafür ein tausendstimmiges heulen zu hören. Der graben wich einer weiteren senke aus staub und trockener wind schlug ihnen entgegen, der angefüllt war von zähnen. Und das ist die gefahr bei der jagd, das man auf etwas stoßen kann, was man nicht zu finden gehofft hat. Wie zum beispiel den unbeabsichtigten übergang in eine andere welt.

Ich betrat den tatort, nachdem polizei und mediziner ihn längst verlassen hatten und nur noch ein paar streifen plastik zur absperrung von ihrer arbeit geblieben waren. Von hier aus wanderte ich halbblind durch die nacht, einer verblassenden spur folgend, und wäre ich bei tag gegangen, hätte ich den abzweig auf der landstraße übersehen, genau wie die hüter der ordnung, die seit tagen nur gefälschtem augenschein aufgesessen waren. Ich fand das sägewerk und den streifenwagen kurz vor dem morgen.

Das haupthaus leuchtet schweflig neben dem blaudunkel des flusses. Wie ein magnet in der mitte eines labyrinths zieht es macht und bosheit an. Ich bin nicht der einzige, der hierher, wie auf fäden eines spinnennetzes direkt in dessen zentrum vorgedrungen ist. kleinere und größere entitäten gehen, schweben oder schlängeln darauf zu. aus allen himmelsrichtungen. Motten und licht. Brackwasser und eine ansammlung modriger dinge. Ich bleibe unbemerkt, wohl weil ich mich wie alles andere direkt auf die löwenhöhle zubewege. Angezogen von einem verlorenen, geraubten herz. Unter den wesen, die von allen seiten herbeiströmen ist eines, dass meine aufmerksamkeit erregt. Wankend wie ein baum und groß, mit einer hörnerkrone. Ein schuppenkleid und wie feine Accessoires teile einer jungen frau daran befestigt. Der mächtigste unter allen ankömmlingen wankt geradenwegs auf den eingang des hauses zu und als er es erreicht, bin ich nur wenige schritte hinter ihm. Er zwängt sich mit dem kopf voran durch die tür, ich folge ihm bis zur schwelle, wo das gesuchte herz schlägt. Es schlägt tatsächlich, ohne verbindung zu einem körper, es sei denn, dass die gesamte szene aus haus, den geistern und der anwesenden macht wie ein körper funktioniert, eine strukturierte ansammlung von organen, ein organsimus. Ich bleibe auf der schwelle stehen und schaue in das haus hinein, wo der gehörnte in die knie geht, seine hände enganliegend nach vorne gestreckt, wie um seine gefangenschaft einzugestehen. Zwischen ihm und wand und tür sehe ich von seinem gegenüber nicht mehr als ein paar ausgestreckte stiefel.

Die feindschaft hält ewig, ich nehme das herz, sie ist stärker als wir alle, ich laufe davon, und stärker als die furcht, die mir einst den letzten atem stiehlt.

schlag 13 – teil 3

epiphany

es beginnt mit einer seance. Vier aufgeregte gäste und das medium, eine mitzwanzigerin in schwarzem abendkleid und ballerinas, aufgesteckte schwarze haare und ein silbernes medaillon. Sie ist schön, hat dunkle, wissende augen und begrüßt jeden mit einem kuss auf beide wangen. Sie heißt mademoiselle savie und ihr stil entspricht dem der schriftlichen einladung. Ein hauch magie noire und arte nouveau. Ein junges ehepaar, er in dunklem anzug, sie blond, in schwarzen jeans und bluse. Ein herr anfang vierzig, an den schläfen ergraut, stilvoll legère in hellem leinen. Eine junge dame. Anfang zwanzig, mit großen weltoffenen augen. Sie fühlt sich etwas unwohl in der magengegend, aber freunde haben ihr den eintritt bezahlt und sie konnte nicht einfach absagen. Ein teil des unwohlseins mag von aufregung herrühren. Es ist ihre erste begegnung mit der geisterwelt und sie hegt für sich ein großes interessse an übersinnlichen dingen. Der ort ist befriedigend andersartig, ohne übertrieben zu wirken. Dunkles holz, teppiche, ein paar kerzen in silbernen haltern. Ein bild im ikonenstil, die darstellung eines engels, der mit flammendem schwert wache hält. Die fenster sind verhängt, der ganze salon fügt sich halboffen in das haus am see unter alten bäumen. Ein abend im oktober, der die seelen zum verweilen einläd, zum freundlichen übertritt aus ihrem reich in die welt der lebenden. Ein glas ausgesuchten rotweins, die gäste lernen sich kennen. Die übrigen scheinen nicht zum ersten mal hier zu sein, wissen schon von früheren begegnungen zu erzählen. Jeder abend hat seine veteranen und seinen debütanten, so wird der kreis behutsam erweitert und die gastgeberin verbindet beide mit ihrem starken charme und feiner esoterik.

Später sitzen alle um den runden tisch und halten sich bei den händen. Das licht ist gedimmt und feines räucherwerk macht die luft vertraulich. Das medium begibt sich in trance und öffnet ihren sechsten sinn. Die junge dame spürt eine schwere im magen. Ihr ist etwas übel. Sie hat erst vor zwei stunden fetten fisch gegessen und der scheint in ihrem bauch wie an den scheiben eines aquariums anzustoßen. Sie hätte die einladung natürlich absagen können, aber das würde sie sich selbst nicht verzeihen können. Hände in händen sackt ihr kopf nach vorne, dann nach hinten. Sie sieht Verwesendes im wasser, aufgeschwemmt, bleich, ein menschlicher körper, der von fischen und kleineren meereswesen bissenweise zerteilt wird, bis die knochen auf den grund sinken, in völlige dunkelheit entgleiten. Sie sieht fische, die kleinere wesen fressen, größere fische, die kleinere fische fressen und einen noch größeren fisch, wie eine lange kette, eine sequenzierte geschichte, die ganze zeitalter umfasst. Madame savie heult auf und eine spannung gerät in den kreis umschlossener hände. Ein wie aus eisen gegossener ring. Anwesenheit enthüllt sich tiefrot, dessen abgründe in schwarz tauchen, darin die präsenz eines geistes, aber nicht derart wie erwartet und erhofft. Etwas gänzlich anderes ergreift jetzt besitz und auch nicht von madame savie, sondern von der jungen dame, die sich fragt, was es mit dem fisch auf sich hatte, bevor ihr bewusstsein wie ein vorhang beiseite geschoben wird. Der geist feiert seine auferstehung über die nahrungskette in dem er den zwar ausgesaugten aber nur halb verdauten fisch auf die tischplatte erbricht.

schlag 13 – teil 2

moribund
frühstück in einem diner an einem regentag. Kaffee und tabakrauch bei grauem ausblick aus dem fenster. Eine auf die einfache art hübsche und etwas schlampenhafte bedienung. Wenige gäste am frühen sonntagmorgen. Eine zeitung, die vom verschwinden eines teenagers berichtet und von der kommenden kälte und der anstehenden saison der stürme. Warten. Polizeisirenen und motorgeräusch. Eine zusammengerollte zeitung unter dem arm. Ein einfacher schwarzer anzug, weißes hemd, ohne krawatte. Eine auf den ersten blick unscheinbare gestalt, auf den zweiten sonderbar beunruhigend, hart und bestimmt, still. Der mann legt geld auf den tisch, verlässt den diner. Er steigt in sein auto, groß, amerikanisch, schwarz, lässt den motor an hängt sich an das schwächer werdende geheul der sirene. Eine fahrt über flaches farmland. Eine zusammenrottung von polizeifahrzeugen bei einem dutzend bäumen. Ein tatort. Mordschauplatz. Er fährt langsam daran vorbei, bremst auf schritttempo ab, lässt im lehrlauf den motor aufheulen, legt den ersten gang ein und gibt gas wie der teufel. Polizisten springen in ihre wagen, drei autos verfolgen ihn und bleiben gerade so in sichtweite an ihm dran. Er biegt auf die zufahrtsstraße zu einem alten sägewerk ein, das ein stück weiter direkt am fluss liegt, stellt seinen wagen mitten auf dem alten gelände ab. Die polizisten haben ihn auf der landstraße für einige hundert meter aus den augen verloren und fahren an der zufahrt vorbei. Ihm bleibt daher etwas zeit. Im handschuhfach liegt ein triefendes bündel, eine ältere ausgabe der selben zeitung, um etwas blutendes gewickelt. Er holt es heraus, greift es mit der neuen zeitung und wickelt sie darum, darauf bedacht, dass das blut ihm nicht die kleidung versaut, steigt aus dem auto, lässt handschufach und tür offen und geht zu dem kleinen haus, dass an die werkhalle anschließt. Von dem päckchen in seiner ausgestreckten hand fallen blutstropfen, die eine gerade linie von auto zu haus ziehen. An der tür angekommen hört er die sirenen wieder lauter werden. Er stößt die angelehnte tür mit dem fuß auf und legt das päckchen auf die schwelle, schlägt die nassen lappen zeitung auseinander, so dass der inhalt offen daliegt. Er murmelt dabei ein paar worte, nimmt mit dem zeigefinger blut auf und berührt damit seine stirn. Dann geht er hinein.

Die polizisten finden das fehlende herz eines teenagers und schauen angewidert und zornig in den heruntergekommenen flur hinter der eingangstür. Mit revolvern in den händen treten sie über die schwelle. Den ersten haben sie durchgelassen, denn der hat ein geschenk mitgebracht, außerdem ist er absolut cool, zeigt keine angriffsfläche, keine emotionale schwäche. Die anderen, die jetzt hereinkommen, sind etwas anderes. Wut, anspannung, überdeckte angst bieten alles was es braucht um ihre seelen auseinander zu reißen. Ihre waffen fangen an zu zittern, schon als sie nur wenige schritte in das innere des hauses vorgedrungen sind. Ein schuss löst sich wie von selbst. Die tür fällt hinter ihnen mit lautem scheppern zu. Das licht, das durch die beiden fenster hereinfällt verdunkelt sich wie bei einer sonnenfinsternis. Einer geht in die knie, die waffe schwankend in den flur gerichtet. Ein anderer weicht rückwärts zur tür, nachdem er dort niemanden gesehen hat und wird ruckartig einen kopf kleiner als ihm mit einem scharfen geräusch die füße unter den beinen weggeschnitten werden. Sein schrei bleibt in seiner kehle stecken, er schlägt mit blutigen stümpfen auf dem dielenboden auf und kippt nach vorne, wobei sich ein schuss aus seinem revolver löst und dem am eingang zum flur den schädel öffnet. Der dritte sieht etwas, das seine vorstellungskraft übersteigt und seine haare erbleichen während er in die knie geht und an einem aufsteigenden weinkrampf vorbei ein gebet zu sprechen versucht. Boshaftes lachen schlägt aus der luft auf die heiligen worte ein und zerfetzt sie wie sprödes laub. Zwei weitere polizisten, die um die rechte seite des hauses herum zur hintertür vorgedrungen sind weichen instinktiv einen schritt zurück und richten ihre waffen auf die tür. Die öffnet sich und ein höllischer gestank schlägt heraus. Eine kraft reißt die beiden männer hauswärts von den füßen und die öffnung verschlingt sie mit einem saugenden geräusch, wobei arme und beine fuchteln und schreie von pesthauch erstickt werden. Ein sechster mann steht noch am vordereingang, als die tür zufällt, hört und sieht dinge, die ihm erst die beine lähmen und ihn dann wie aufgescheuchtes wild in panik zu den autos rennen lassen. Er entkommt und wird sich seiner feigheit erst bewusst als er bereits auf halbem weg zum früheren tatort wieder herr seiner selbst wird.

Ein knarrender bürostuhl, ausgestreckte beine, verschränkte arme. Der geist ist leer, ebenso der ausdruck im gesicht. Keine blöße, so dass die anwesenden teufel nicht wissen, was sie mit ihm anfangen sollen und sich aus vorsicht in respektvollem abstand halten. Der mann weiß genau was um ihn herum vorgeht. In verborgenen schichten seines bewusstseins steht die reine lust an der beherrschung. Alles geschieht mit berechnung. Die seelenlosen verstehen nicht, dass sie jetzt in seiner gewalt sind, nachdem sie seine gabe angenommen haben. Sie haben ihm wie junge hunde aus der hand gefressen und gehören fortan ihm, ungeachtet ihres alters, ihrer ganzen verruchtheit und ihrer macht.

schlag 13 – teil1

hekaton

inmitten unserer wanderung in die tiefe verließ sie die kraft und ermattung zwang sie auszuruhen. An einem treppenabsatz von alter gefurchter stufen, im fackelschein. Weit über uns das licht des tages so fein geschliffen wie der siebte mond, unter uns das auge der dunkelheit. Meine begleiter machten den langen abstieg zu ersten mal und waren trotz ihrer jugend nicht auf die kraftraubende aufgabe vorbereitet. Alle energie richtet sich in den frühen jahren schließlich auf das ziel, dass sich schnell erreichen lässt. Ausdauer ist eine tugend des alters und so nutzte ich die entstandene pause lediglich um zu beobachten, wie die entschlossenheit in den erröteten gesichtern der anderen zu wanken begann. Jetzt wäre der punkt, an dem sie sich vielleicht doch überzeugen ließen.
„das war noch gar nichts. Der weg führt noch sehr viel tiefer. Noch könnt ihr umkehren“, sagte ich und erkannte zu spät, dass ich damit eine herausforderung ausgesprochen hatte. Mamsa, der leitwolf unter ihnen fing meinen blick mit erbosten augen ein.
„weiter, alter mann. Weiter geht’s“, letzteres war an seine meute gerichtet. Und weiter ging es auch. Mamsa hatte in meinem angebot den fehdehandschuh aufgelesen. Der fehler des alters, die überheblichkeit, die mit erfahrung kommt, hatte in meinen worten mitgeklungen. Es mag mein tieferes wollen gewesen sein, dass mit meinem sinn dafür was das richtige war im streit lag. Ich mochte sie nämlich nicht. Die arrogante nächste generation eines boshaften menschenschlags. Und sie mochten mich ganz gewiss genauso wenig. Vielleicht weil ich dunkler bin als sie, eher kohlschwarz als ebenholz. Sie schauen mich nicht anders an, als den schacht selbst, als wäre ich ein teil davon, seine verkörperung und nicht nur sein hüter. Was bringt leute dazu, so tief hinabzuschauen, wo doch nichts gutes lauern kann? Es ist einfach zu lange her, dass etwas aus dieser tiefe herausgekommen ist. Die legenden allein reichen nicht aus um sie in genügenden schrecken zu versetzen.

Ich werde sie in den tod führen. Sie hassen mich dafür, sie ahnen es, wissen es. Wissen, dass ich ihre neugierigen kinder töte. Und doch traut sich keiner an mich heran. Eine demonstration meiner stärke von zeit zu zeit hält sie davon ab. Weiter und weiter hinab. Ich spüre, wie ihre anspannung zunimmt. Als wüssten unmündige teile ihrer seelen schon, dass sie bereits näher an dem quell der finsternis sich befinden, als am herd des lichtes, unter dem sie ihre sorglosen tage verbringen. Der ruß der sterne strömt aus diesem loch und beginnt ihre arrogante zuversicht zu verpesten. Sie achten jetzt weniger auf mich, als auf ihre umgebung. Das ist gut, so habe ich zeit, meinen eigenen schutz zu erneuern. Der ort hat sich zwar an mich gewöhnt, nimmt mich als teil seiner selbst war, aber der schlot versucht weiterhin mich in seine gewalt zu bringen. Ich bleibe stoisch gegenüber dem endlosen zerren an meinem geist, aber stur in meiner selbstbehauptung. Auch wenn ich es mir anders wünschte, so sind die immer wieder neuen besuche der allzu neugierigen und ihr unfreiwilliges opfer doch einer der gründe, warum ich so lange zeit an diesem ort weilen kann ohne im ganz anheim zu fallen. Ihr blut und ihr wahnsinn sind der preis für meinen fortwährenden sieg über das unausweichliche. Ihre blicke schwarzumrändert, nicht nur von den schatten die hier hausen, sondern von dem zehren an ihrer jugendlichen kraft nehmen an verzweiflung zu. Sie haben die schwelle überschritten. Sie gehören jetzt schon ihm, ohne ausweg und obwohl ihre leiber schon wissen, dass sie verloren sind, zu weit gegangen um noch fliehen zu können, verneinen ihre seelen doch die niederlage. Und ohne dieses eingeständnis gehen sie noch immer voran. Weiter in die finsternis. Sie gehen, ich bleibe. Ich schaue ihnen nach und spreche ein gebet für sie, auch wenn ich weiß, dass niemand es hören wird. Sie verschwinden im dunkel der absteigenden stufen, wie die vergangenheit im dunkel der zeit. Sie schwinden, ich bleibe zurück.

Aber das ist nicht die geschichte meiner wahren feindschaft. Das ist nur ein geplänkel am rande der zeit, kein teil dessen, was inmitten des stroms fließt. Es gibt diese nebenschauplätze, wie strömungsberuhigte buchten und seitenarme, in denen sich ein ganz eigenes geschehen zutragen kann. Kleinere wirbel, die sich nur unmerklich auf das große ganze auswirken. An einigen dieser orte sammeln sich tot- und schreckenbringende wesen wie insekten um ein verführerisches licht und bemerken viel zu spät, dass sie gefangen sind. Geister und teufel und böse gedanken. Wo einer ist, dahin kommen noch mehr, angezogen von dem üblen geruch ihrer eigenen art.

Ich denke an vergangene dinge. Ich war ein reisender in schwarz, ein todeshändler, berüchtigt, gefürchtet, ein archetyp der angst im dienst des eroberers. Des teufels mit den blutroten stiefeln. Wohin ich ging war der tod. Da waren wahnsinn und grausamkeit. Nur die wenigsten überlebten die initiation. Die übrigen verzerrte der schmerz zu entstellten fratzen. Was wir taten um teil zu haben überstieg beinahe noch das, was wir dem lebendigen in unserer totgeweihten welt zufügen sollten. Damals war der himmel von feuern erhellt und die jünger des teufels zogen mit krieg über alle länder. Es war das ende der welt und mein schatten warf sich hinüber in die nächste als letzter der furchtbringenden garde. Ein böses wort war mein name und gerüchte über mich hielten die überlebenden in eisernem bann. Zwölf kriege waren gefochten worden und an ihrem ausgang wurde unser herr von der welt vertrieben. Die die noch danach um diese zeit der finsternis wussten machten jagd auf mich und wurden darum selbst zur beute bis ich dem letzten der zwölf krieger, die unser untergang gewesen waren in offenem kampf gegenüberstand. thaumaturgen in ihrer arroganz, erfüllt von der macht der beherrschung. Jedes mal die selbe geschichte. Die dummheit siegt immer über das wissen. Meine zauberei war seinem schwert und seinen schamanischen zaubern überlegen. Ich hatte ihn, am rande einer felsschlucht über tobendem wasser. Mein stab an seinem hals. Sein schwert und sein rückgrat zerbrochen. Das ergebnis des duells schien offenkund. Womit ich nicht rechnete war sein unbeugsamer stolz.

Die wesen fließen ineinander mit der zeit. Seelen vermischen sich. Und im tode ist das was bleibt ein letzter blick in dem das andere sich zu retten überspringt. Stolz und unüberbrückbare feindschaft. Ein nicht niederzuzwingendes darwiderhalten und siegeswille, Das alles sprach aus diesem einen, sterbenden blick.

das ist nicht einmal meine geschichte, ich habe mehrere davon im kopf und sie brodeln darin, wie kröten und schlangen in einem hexenkessel.