Diabolus ex capsula

I

Er hatte sich in einer hafenstadt niedergelassen, die er noch als winziges piratennest gekannt hatte, die sich aber in den letzten jahrzehnten zu einer metropole mauserte. Er nannte sich manyshapes, beschäftigte einen famulus mit dem er einen windschiefen turm bewohnte und stand als hexenmeister hoch im kurs. Eines tages kamen fremde an seine tür und baten darum vorsprechen zu dürfen. Der famulus ließ sie ein und hieß sie warten, bis der meister sie empfange. Drei gestandene männer, denen ihre reise über das meer noch an der salzkruste auf ihrer schweren kleidung anzusehen war. Einer groß und kahl rasiert, kräftig, mit breiten schultern und starken armen, die er über seiner lederweste verschränkt hielt. er trug ein schwert an der seite. Der kleinere, schlank mit langem haar, das er zu einem schweif gebunden hatte, der dritte, beinahe fett, aber behände und mit einem ergrauten backenbart und klugen augen. Manyshapes ließ sie sich setzen, sie tranken tee, dann trug der dicke, andalus ihr anliegen vor. Er ließ sich von dem kleineren, morhad, ein säckchen reichen und legte es vor manyshapes auf den tisch. „wir müssen wissen, worum es sich bei dem inhalt dieses säckchens handelt. es sind reste eines staubes, der überall in den straßen unserer stadt gefunden wurde, nachdem sie eines nachts von einer horde dämonen angegriffen wurde. Zeugen berichten, dass ein unbekannter, oder eine bestie, einem wolf ähnlich, aber mit schwarzem federkleid, die höllenwesen und den der sie herbeigerufen hatte bekämpft und vernichtet, oder wenigstens in die flucht geschlagen hat. Der magistrat hat mich beauftragt, den fall zu untersuchen. Euer ruf hat uns zu euch geführt.“ manyshapes nahm das säckchen an sich. „ihr werdet mich in silber, oder gold bezahlen. Der preis wird sich danach richten, womit wir es hier zu tun haben und welche gefahren mit der untersuchung verbunden sind. Stimmt ihr zu?“ andalus nickte nachdrücklich mit dem kopf. „ihr werdet mir gestatten, euch einen genauen bericht über die bekannten einzelheiten des angriffs zu überreichen.“ morhad, zog ein pergament aus seinem rock und gab es an manyshapes weiter. „wir müssen wissen, ob die gefahr gebannt ist, oder nur zurückgeschlagen, alles was ihr uns darüber sagen könnt, wird euren lohn deutlich erhöhen.“

die drei verließen den turm, nachdem andalus noch mitgeteilt hatte, wo sie quartier bezogen hatten. Manyshapes blieb eine weile sitzen und wog das säckchen behutsam in beiden händen. Dämonen – so etwas langweilte ihn eigentlich, aber na ja. er hatte eine in die unwahrscheinlichkeit ragende reihe von metamorphosen und transmutationen durchlaufen und erinnerte sich längst selbst nicht mehr an seinen wie auch immer gearteten ursprung. Zeit schien ihm eine mehr als trügerische substanz, ein hektisches fluidum, ein unzuverlässiger bewusstseinsgrund zu sein. er war ein wolf gewesen, der ein lamm geworden war, wäre fast von einem wolf gefressen worden, war geflohen und hatte sich eine bärenhaut zugelegt, war einem jäger aufs korn gegangen und beinahe verblutet, bevor er sich in einen fuchs hatte werfen können, hatte hühner gerissen und war von schlechtem gewissen gebissen worden, das ihn dazu veranlasste, sich selbst in ein huhn zu verwandeln. Mann waren die viecher blöde! Erst recht im vergleich zu einem fuchs. Er musste sich einmal mehr fremde knochen leihen, also versuchte er es mit dem, der die hühner hielt und das war ein mensch. Eine ganz neue erfahrung und er blieb dabei, länger als nötig, so lange, dass er die gelegenheit fand, kinder in die welt zu setzen und einige, wenn auch wacklige existenzen nach art und weise dieser ungewöhnlichen spezies aufzubauen. Stetige arbeit widersprach seiner sprunghaften natur, also reiste er viel, handelte mit verschiedensten waren in übersee und wurde eines nach dem anderen und manches mal zugleich soldat und fährtenleser, künstler, gaukler, artist, geldverleiher, priester, barbier und scharlatan. In seiner siebten inkarnation konzentrierte er sich auf die künste der magie und alchemie und begann auf diesen wegen seine eigene fähigkeit des gestaltwandelns zu erforschen. Er war von sich fasziniert und verschlang alle berichte über das, was nach seinesgleichen roch. Die lykanthropie und die wandlungsfähigkeit älterer vampire hatten beide anteile in denen er sich wieder erkannte. Ein werwolf wechselte zwischen mensch und wolfsgestalt und schien in beiden häuten aufzugehen, so wie er selbst nicht einfach nur das aussehen von etwas anderem annahm, sondern auch ganz in die natur des wesens sich hinein fand, wie in einer reihe von gänzlich verschiedenen leben, zwischen denen nur ein schwaches band der erinnerung bestand. War er für eine längere weile wolf, war er es ganz. Was anfänglich nur eine verkleidung war, wie die fledermausgestalt für einen vampir, wurde schließlich zum kern seines wesens. Er dachte von sich nicht als einem maskenträger. Er wandelte nicht nur in gestalten, er wechselte die form. An dem was andalus berichtet hatte war zumindest etwas, das sein interesse weckte: „… ein unbekannter, oder eine bestie, einem wolf ähnlich, aber mit schwarzem federkleid…“, hatte er gesagt. Eine chimäre? Vielleicht ein wechselgänger, ganz sicher aber nicht einfach nur eine bestie. Seine auftraggeber wollten etwas über den angreifer in erfahrung bringen, er interessierte sich für den verteidiger. Manyshapes nahm das säckchen mit sich in das oberste geschoss des turms, wo er seine gerätschaften, bücher, elixiere und talismane untergebracht hatte, streute eine spur des inhalts in ein schälchen und begann mit der untersuchung.

Blank saß mit zurück gekipptem stuhl am fenster und behielt den bereich vor dem eingang zu der taverne im blick. Dabei strich er mit einem stein über die schneide seines langschwerts, schliff die klinge so, dass es aussah, als würde er sie streicheln. „der junge kommt“, sagte er, ohne den kopf zu wenden, „er sieht etwas gehetzt aus.“ Morhad, der bei der tür auf seinem bett saß, stand auf, ging hinaus und ließ die tür offen stehen. Die hastigen schritte des jungen kamen die treppe herauf, dann brachte der famulus ebenso hastig die worte heraus, auf die sie seit drei tagen gewartet hatten: „der meister bittet euch zu sich.“

II

alfargos, das nächste ziel der verheerung. dem okkulten auf die fährte zu kommen ist reine glücksache, Wachsamkeit und kenntnis der zeichen hin oder her. Trotzdem, es konnten nicht mehr viele von denen übrig sein, die er auf dem feld der gebeine beobachtet hatte. Wenn er sich nicht verzählt hatte, waren nur noch drei übrig und die gingen diesmal gemeinsam ans werk. Mit etwas glück würde er dem spuk hier und jetzt ein ende setzen können. Sie schienen in dieser stadt auf eigene faust zu handeln, hatten zumindest bis jetzt keinen kontakt aufgesucht, sich stattdessen nur im schutz falscher identitäten in einem gasthaus eingemietet und kleine schlendereien am hafen unternommen, jeweils einzeln, ohne ihre verbindung zu offenbaren. Der hafen von alfargros war riesig, darauf ausgelegt dutzende von überseehändlern und anderen großen seglern aufzunehmen und von den unterschiedlichsten völkerschaften bewohnt, die zum teil ganze viertel bildeten. Da sie bei tage hinausgingen konnte crowfeather wolf sie nicht gut im auge behalten, wenige schatten, die genug dunkelheit boten ließen ihn des tages bei seiner verfolgung nur schlecht voran kommen, ohne gesehen zu werden. am dritten tag fand er grund, sich zu ärgern. Er hätte sie sofort unschädlich machen sollen, aber seine neugier hatte ihn davon abgehalten, hatte ihn beobachten lassen, und nun waren sie fort. Erst einer, dann zwei und schließlich auch der letzte waren sie untergetaucht und nicht mehr aufzuspüren. Er war somit gezwungen, im schatten zu sitzen und darauf zu warten, dass sie wieder auf die bildfläche traten um ihre beschwörung in gang zu setzen und dann würde es nicht leicht werden, sie alle drei aufzuhalten. Crowfeather wolf zog sich in die dunkelheit eines tempelturms zurück, unter dem dach in dreißig schritt höhe, mit blick auf die kaianlagen und versank in einen wachsamen schlummer. Ein teil seines geistes behielt die wachwelt im auge, ein anderer träumte von dunkel und jagd und höllenfeuern. Finsternis und licht lagen seit anbeginn im streit, feuer und eis, himmel und erde widerstritten sich durch alle zeitalter, in allen welten und auf allen ebenen. Die wie er das gefieder der nacht trugen beobachteten die flammen mit nimmermüder achtsamkeit. Sie waren immer zur stelle gewesen, wenn es nötig war, das leuchtende und wärmende daran zu hindern, alle welt zu blenden und zu versengen. Crowfeather wolf würde dieser alten verantwortung auch diesmal nicht entsagen.

Blank behielt das wirtshaus im blick während er seine schritte von der einen zur anderen seite der gegenübergelegenen häuserzeile lenkte. Er blieb dabei im schatten der gebäude, andalus hingegen saß mit geschlossenen augen an einem tisch vor dem eingang des wirtshauses in der vollen sonne und schwitzte. Blank war noch immer etwas erstaunt, wie der hexer es so gedreht hatte, dass sie jetzt unter seinem kommando standen und andalus, der es gewöhnt war, befehle zu erteilen sich dem einfach gefügt hatte. Sie hielten wache auf dieser seite des hafens, nördlich des fargos und morhad begleitete den hexenmeister bei seiner suche südlich des flusses. wie ein gaukler ein kaninchen aus dem hut zaubert, hatte manyshapes ihnen offenbart, was er bei seiner untersuchung des pulvers herausgefunden hatte: „es ist knochenmehl,“ hatte der mann gesagt, „die knochen von vielen kadavern, menschen vor allem und ein paar pferde und hunde sind auch dabei. Das eigentlich interessante ist aber, dass sie alle von dem selben ort stammen und da sie alle zur selben zeit an diesem ort gestorben sind, glaube ich, dass es sich um ein schlachtfeld handelt, oder etwas in dieser art. außerdem ist da noch etwas. In den knochen sitzt ein gemeinsamer schrecken, ein grauen um genau zu sein. Es sind die spuren eines dämons.“ blank war sein leben lang krieger gewesen, als junger mann soldat, später dann eine weile lang söldner. Für ein paar jahre hatte er seine schwertkunst gelehrt, aber zu wenig damit verdient und jetzt, mit über vierzig war er schon im dritten jahr andalus‘ leibwächter und froh darüber, sein schwert nicht einmal ziehen zu müssen. Allein sein körperbau, die bewaffnung und seine haltung geboten den nötigen respekt um seine aufgabe zu erfüllen. Niemand erwartete von ihm, dass er sich gedanken machte, andalus würde es als anmaßung betrachten, wenn ihm seine leibgarde ins zeug redete. Dafür war der mann zu sehr von seiner eigenen intelligenz und auffassungsgabe überzeugt. Also behielt blank den gedanken für sich, dass der hexer ihm zu beflissen erschien und er sich sicher war, dass er eine eigene absicht verfolgte, mit der er nicht herauskam. „und nun das erstaunlichste, meine herren. Sie haben den weg hier her auf sich genommen um einen fachkundigen aufzusuchen, aber ganz sicher nicht erwartet an diesem ort mehr als einige fakten eines längst vergangenen ereignisses aufgedeckt zu bekommen. Was halten sie davon? Der geist, von dem ich sprach, das grauen, dass in diesen knochen steckt, ist hier in dieser stadt! Die spur ist frisch, etwas braut sich zusammen und es scheint mir, dass wenn ihnen das übel nicht hierher gefolgt ist, sie auf schicksalhaftem wege genau zur richtigen zeit den richtigen ort aufgesucht haben um der erscheinung auf den grund zu gehen.“ die sonne versank und ließ andalus im schatten zurück. Er war eingeschlafen, der von der sonne gerötete kopf auf die brust herab gesunken. Die nacht würde schnell über sie kommen. Blank blieb in bewegung, sah, wie im wirtshaus die lampen angezündet wurden und auch die laternen der nächstgelegenen boote. Die augen sollten sie offen halten, er erledigte diese arbeit für sie beide, aber worauf zu achten war hatte manyshapes nicht gesagt.

Morhad war müde vom herumlaufen in der sonne. Der hexer machte ihn nervös mit seiner art, alle paar längen stehen zu bleiben, auf dem boden herum zu suchen, dreck zwischen die finger zu nehmen und daran zu schnuppern wie ein hund, dann wieder los zu hasten und ihn wie einen esel anzutreiben. Schon klar, dass er etwas suchte, dieses pulver wahrscheinlich, aber wenn man nicht verstand, was jemand tat, war es eine zähe angelegenheit, ihn dabei zu begleiten und in der hoffnung auf eine plötzliche erkenntnis hin im auge zu behalten. In den letzten stunden waren sie die hälfte der kais auf dieser hafenseite hoch und wieder runter gelaufen und morhad hätte gerne gewusst, ob manyshapes dabei überhaupt irgendetwas gefunden hatte, oder doch nur so verrückt war, wie er ihm erschien. Etwas war allerdings an ihm, das ihn davon abhielt zu zeigen, wie sehr ihn das alles nervte. Für ihn war es das unterschwellige gefühl einer gefahr, die von dem mann ausging, jemand erfahreneres als morhad hätte es als eine aura von macht bezeichnen können.

Manyshapes war ganz bestimmt verrückt und er war froh darum. Während der junge hinter ihm herlief hatte er die fährte gefunden. Das pulver war hier am hafen verstreut, wie brotkrümel in einem labyrinth. Allein das muster das sich daraus vor seinem inneren auge abzeichnete begeisterte ihn und ließ ihn die lust an der gefahr schmecken. Der dämon, den er in den knochen gespürt hatte war mächtig und hier waren keine kleingeister am werk. Dieses ritual bereitete eine große beschwörung vor. Manyshapes hatte drei zentren identifiziert, die ihm gleichwertig erschienen. Das war ein problem, er musste sich entscheiden, aber jede entscheidung lief darauf hinaus, dass ein teil des rituals erfolg haben würde. Er konnte nur hoffen – wie aufregend! Als erstes schickte er den jungen fort, zu den anderen, dann ging er heim zu seinem turm um ein paar seiner bücher und noch ein zwei dinge zu holen.

III

Andalus war fest eingeschlafen und schnarchte so laut, dass die leute an den nebentischen schon anfingen, sich über ihn auszulassen, die einen verärgert, die anderen belustigt. Morhad rüttelte ihn wach und als er zu sich gekommen war und sich morhads knappen bericht angehört hatte, brachen sie auf und eilten zu dem ort, den manyshapes ihnen angewiesen hatte. Ein großer frachter lag anbei, der gerade von stämmigen arbeitern entladen wurde. Ballen und kisten wurden mit einem kran auf den steg gehoben und von einem kontoristen abgezeichnet. Die drei männer gaben vor, die verladung zu beobachten und hielten dabei nach jemandem ausschau, der sich ähnlich wie sie den anschein gab, jemandem, der in wahrheit einem gesonderten interesse nachging. Zwischen all den leuten auf dem steg ließ blank seinen blick auf denen verweilen, die wie unbeteiligte zuschauer dastanden, oder sich entgegen der abfolge der dockarbeiten bewegten.

Crowfeather wolf war mit einem mal hellwach. Etwas lag in der luft, das er in den letzten wochen und monaten als das letzte anzeichen zu lesen gelernt hatte. Ein zittern im gefüge der wirklichkeit an der schwelle zwischen der ruhe und dem sturm. In seinem geist hob sich aus dem nächtlichen anblick des hafens ein muster hervor. Vielschichtig und komplexer als er es bisher zu sehen bekommen hatte, ein labyrinth, dass die gesamte anlage durchzog. Sein fokus sprang von einem detail zum andern, hin und her zwischen bögen und spiralen, kreuzungen und geraden, machte knotenpunkte aus und markierte sie mit wahrscheinlichkeiten. Es war viel zu spät. Mit einem satz sprang crowfeather wolf aus dem fenster unter dem dach des turms über den abgrund des gepflasterten boulevards und auf das gegenüberliegende gebäude. Ohne wirklich das dach unter sich zu berühren, hastete er auf das ihm nächstgelegene zentrum des musters zu.

Manyshapes war auf dem weg von seinem domizil aus in eilschritt gefallen. Das ritual war reif wie eine zum platzen gespannte luftblase. Der knochenstaub, den er in dem beutel mit sich führte reagierte auf die steigende energie um ihn herum und fühlte sich in seiner hand an wie ein sack voller flöhe. Auf den letzten hundert schritten holte er eines der bücher hervor und begann hektisch darin nach der richtigen stelle zu suchen, verlor dabei den weg unter seinen füßen aus den augen und stieß plötzlich mit einer gestalt zusammen, taumelte zwei schritte rückwärts und sah, wie der mann vor ihm seinen dunklen mantel von sich warf und den breitkrempigen hut vom kopf streifte, darunter trug er eine feuerrote robe, der kopf war kahl und darauf war ein leuchtendes mal. er breitete die arme aus, die augen flammten auf und er rief etwas in einer sprache, die kein gesunder verstand zu lernen vermochte. Manyshapes blätterte wie wild, fand die gesuchte passage, hielt das buch in der linken vor sich und schwang mit der rechten den beutel in die höhe. Bannmagie quoll über seine lippen. Manyshapes schritt voran, streute seinen willen in den raum zwischen sich und seinem gegner, kehrte den geist des dämons in seinem beutel ins gegenteil und schlug damit zu. Der mann vor ihm ließ die arme sinken und empfing den schlag, wie in demut.

Wie aus dem nichts, nur schritte entfernt, war diese frau mit dem roten rock aufgetaucht und ließ die flammen tanzen. Blank zog sein schwert, als um ihn herum funken zu prasseln begannen und sich zu dämonischen gestalten erhoben. Morhad, mit entsetzen im blick wurde von einem teufel, der hinter ihm aus dem boden raste gepackt. klauen krallten sich in seine brust und rissen ihm die haut aufwärts über den schreienden schädel. Unter dem hervorspritzenden blut lachte der dämon. Blank wandte seinen blick ab, der junge war verloren, und schaute zu andalus hinüber, der vor zwei höllengestalten zurückwich. Blank warf den kopf herum zu der frau, die worte hervorbrachte, die ihm durch mark und bein gingen. Wieder ein blick zu andalus, der vor schrecken bleich in die knie ging. Für unentschlossenheit war keine zeit. Blank drehte sich in der hüfte, hob die waffe seitlich über die schulter, sprang auf die frau zu und zog ihr die klinge über das schlüsselbein, spürte den knochen bersten und hörte die grässliche stimme versiegen.

Über den dächern der stadt konnte er sehen, wie sich das chaos in den straßen wie eine flut ausbreitete. Aus den rinnsteinen schossen feuer mit grimmigen fratzen hervor, stürzten, sich überschlagend und blitzende fänge ausbreitend auf passanten, auf den schiffen tanzten tosende feuersbrünste, setzten sich von einem zum nächsten fort und zeichneten eine gewaltige rune der verheerung. Ein letzter sprung in den nachthimmel, mit ausgestreckten armen, ein altes wort in der zunge der finsternis, ein faden aus schwärze fiel herab aus dem raum zwischen den gestirnen und formte sich in seinen klauen zur lanze, die er in seinem fall auf die leuchtende gestalt des kultisten zu lenkte. Der schwarze schaft durchbrach die haut, bohrte sich durch fleisch und knochen und schlug in den stein darunter ein. Etwas war falsch. Anstatt sich selbst zu verzehren und von der nacht aufgesaugt zu werden, stiegen die flammen noch höher, feuer ereiferte sich und wurde zu gleißendem licht, das ihn blendete, ihn wie eine wand aus fels rammte und seinen geist niederstreckte.

IV

Manyshapes wusste, wo er sich befand. Nicht weil er schon einmal hier gewesen wäre, nein, aber eine dämonische sphäre erkannte man am klang. wie im innern einer kugel fiel jedes wort, fiel jeder laut auf sich selbst zurück. Er befand sich im innern einer kapsel, die vielleicht klein sein mochte, aber doch eine ganze welt bedeutete. Der sand unter seinen füßen war so heiß wie ein herdstein und was ihn als luft umgab, flimmerte in hitze, so dass das blendende licht tausendfach gebogen und gebrochen wurde. Sein atem rauchte, verbrannte ihn von innen heraus. Ohne einen blick in eines seiner bücher werfen zu müssen, wob manyshapes einen schutz, der schatten und kühle um ihn legte. Im sand lag ein mann hingestreckt, der ein schwert an seine brust geklammert hielt. es war blank. Wie er es vorhergesehen hatte, der krieger war stark gewesen, hatte die richtige entscheidung getroffen und den höllenpriester getötet. Daneben lag eine kugel, eine zur kugel zusammengerollte gestalt aus dunkelheit, der wolf im schwarzen federkleid. Manyshapes herz lachte auf. Das wesen hatte sich in seinem element verschanzt, unversehrt, mochte er meinen. Aus einer falte seines rocks zog er zwei flakons, trank den inhalt des einen und leerte den anderen über dem krieger aus, dann stieß er die beiden, mann und wolf mit dem fuß an, während er den blick auf den schemen heftete, der außerhalb seiner schutzhülle form anzunehmen begann. Drei hände streckten sich nach ihnen aus und griffen nach dem feinfesten stoff, den manyshapes um sie geworfen hatte. Blank öffnete die augen und kam mit einer drehung auf die füße, die waffe vor sich, streifte den hexer mit einem blick und wendete sich dem schemen zu. Crowfeather wolf entrollte sich und streckte sein gefieder. Sein Instinkt beeilte sich, ihm die richtung zu weisen und er sammelte, was an nacht noch um ihn vorhanden war, ließ sie zu sensenartigen verlängerungen seiner klauen und fänge gerinnen. Manyshapes hätte vor lust laut singen können und formte enthusiastisch einen stachel aus eis zwischen seinen händen. Mit kaltem wind im rücken und frost auf der spitze seines schwert stürmte blank vorwärts, warf sich in die flanke des dämons und trieb die waffe in das glosende fleisch. Crowfeather wolf sprang, fänge und klauen aufgerissen, auf den kopf des höllischen wesens zu und verwandelte ihn in einen scherenschnitt aus licht und dunkelheit. Als manyshapes eisiger dorn die brust ihres feindes durchstieß, barst die sphäre des dämons und verglühte zu weißer asche, die zwischen den welten verwehte.

Blank fand sich inmitten des ersterbenden chaos, zwischen den leichen von morhad und andalus wieder. Er behielt noch einen moment die augen offen, erkannte, dass die gefahr gebannt war und sank in den schlaf.

Im schwarzen irgendwo zwischen den sternen sah sich crowfeather wolf im spiegel. Ein zweiter nachtwolf im krähengefieder schaute ihm aus neugierigen augen entgegen.

(c) venom&claw

Veröffentlicht von

Tobias Reckermann

Schriftsteller Mitarbeiter bei Whitetrain