conjuration

Mein feind, mein verfluchter feind… er hat das Dasein nicht verdient. Sein name soll vergessen werden. zu wissen, dass ich ihm täglich begegne und dass er es zu stande gebracht hat, sich einen weg in mein privatleben zu stehlen, soll hier genügen. weitere erwähnung seiner person und geschichte ist er nicht wert. Den fluch auf ihn! Er ist eine gewaltige schwere die mich niederhält als läge mein wille in eisen. Aber wer kann auf dauer einen hexer binden? Meine tat ist das gefäß, in das ich meinen wahnsinn fülle, den wahnsinn, in den er, mein feind, mich getrieben hat. Wer will mir ins gewissen reden, wer? Soll ich das alles stoisch auf mich nehmen? Ha! Niemals! Meine rache wird rollen wie donner, keine sanften balladen aus meinem mund! Eine beschwörung stattdessen, dass die erde bebt und höllenfeuer tanzen! Es ist soviel über das perfekte verbrechen gesagt worden – von waisenknaben! Wie nur, frage ich, dass keiner das offensichtliche erkannte vor mir: Der perfekte mord ist der, der nicht bemerkt wird, der mord der gar nicht geschieht. Und um dieses werk zu stiften bedarf es eines kühlen geistes und eines unbändigen willens. Kein mordgeselle mit klinge oder donnerrohr, kein würgen und vergiften ist jemals frei von der gefahr erkannt zu werden und strafe zu erleiden. Sei als erstes sicher dir in deinem entschluß, so dass, wenn du zur tat schreitest kein zweifel an dir nage und kein zittern deine glieder lähmt. Dein wille sei fest! Nun deinen zorn gebündelt, schrei ihn heraus als anfang der beschwörung. Was beschwören? Fragst du – ja! Ein böser geist, ein dämon muss herbei um mir zu dienen, ich mal den teufel an die wand. Ich verstehe jetzt, warum man ihnen in alten zeiten solche verehrung zuteil werden ließ und kann mich nur wundern über den modernen menschen und seine ignoranz. Hier wohnt der wahre geist der rache, hier sammelt sich der sturm. Oh ja, Ich habe gesehen, wie ihm mein blick angst bereitete, wie mein feind vor mir zu weichen begann, sobald mich das schicksal in die hände nahm. Und doch, wenn wir nicht wissen, wovor wir uns fürchten, bleiben wir untätig und gebannt – schicksal sagte ich, die würfel gefallen. Am anfang steht der zorn doch gleich ins ritual gefasst und dem systeme zugedient, ein magisches programm, geformt als liturgie. Und hier nun wähle, was dir nahe liegt und deiner inneren sprache ausdruck gibt. Eine starke poetik mag genügen, denn was ist sprache und was mythos? Zu aller anfang ist das beschwören und bannen der geister wozu wir sprache brauchen, ein magischer kanal. Also, weist du nun, was dieser text hier auf sich nimmt? Wozu meine worte führen? Zeuge bist du, leser, meiner tat und wieder gilt, das offenbare bleibt uns unsichtbar. Umsicht, die erste tugend des hexenmeisters. Du solltest wissen an welche sphäre du dein sinnen richtest. Oh welche schmerzen! Mein blut steht in flammen, ich brenne und um mich her ist rauch. Die haut fällt in fetzen von meinem gesicht wie verbranntes papier. Welchen dämon habe ich gerufen? Oder ist das nur ein traum? Nein, eine vision, ein wahrer blick mit drittem auge und er spricht: “den schmerz den du bringst wirst du an dir selbst erfahren und diese teilhabe wird höchstes entzücken für dich sein.“ meine seele ist verbrannt, mein körper nicht und mich nimmt ein tiefes wissen ein. Mein werk es ist vollbracht! Alles weitere…, nun, nicht die zeit wird’s bringen, denn zeiten bringen nichts. Die taten erst erschaffen zeit und also taten bringen die veränderung. Räder sind in gang gesetzt und rollen hin zum ziel. Nur wenige tage noch. Als ich in den spiegel schaute, sah ich bereits nur noch den blassen schein, den sein bild hinterlässt. Und dieses trugbild wird mit der zeit verblassen und so wird er unbemerkt aus der welt schwinden, und dann – wird es aus sein mit ihm.

(c) venom&claw

Veröffentlicht von

Tobias Reckermann

Schriftsteller Mitarbeiter bei Whitetrain