BuCon 2017 – rein subjektiv

Im dritten Jahr jetzt stehe ich mit meinem Whitetrain-Verlag auf der BuCon in Dreieich-Sprendlingen. An meiner Seite der Künstler Ulf Berlin, vor uns der Verlagsstand mit Ausgaben meiner eigenen Bücher und des IF Magazin. Jenseits unseres Tischs flanieren die Gäste.

So ein Tag beginnt früh mit dem Beladen des Autos, der Fahrt zur Con und dem Aufbau des Stands vor 10 Uhr. Erste Hände werden geschüttelt, Lächeln getauscht, man kennt sich oder könnte sich an diesem Tag kennenlernen. Da ich auch auf der Marburg Con Aussteller bin, habe ich viele der Anwesenden erst vor ein paar Monaten zuletzt gesehen, in der Zwischenzeit scheint einerseits wenig geschehen zu sein, die Menschen sind dieselben, andererseits liegen schon wieder neue Bücher auf den Tischen, sind neue Projekte in Planung. Das Bürgerhaus, in dem diese Con stattfindet, brummt schon und summt wie ein Bienenstock.

Die Veranstalter sind geschäftig unterwegs, zwei antiquarische Stände lassen sich kurz nach Neuzugängen überfliegen, Erik Schreiber (Saphir im Stahl) – Resident – verkauft Klassiker für einen Euro („Kane: Kreuzzug des Bösen“, von Karl Wagner geht in meinen Besitz über).

Das kleine Ouevre des Whitetrain liegt bereit, unser Glanzstück IF #666, die Horrorausgabe, thront auf einem Ehrenplatz.

Michael Buttler, der in der Ausgabe die Eröffnungsstory stellt, ist mir schon begegnet, aber vor ihm kommt Markus Korb an den Stand. Wir unterhalten uns, unser Standnachbar schießt ein schnelles Foto von uns beiden.

Dann steht Eric Hantsch vor mir und wir tauchen in die Materien der Weird Fiction, des Magazin-Geschäfts und textarchäologischer Funde ein.

Aus der Thermoskanne wird Kaffee eingeschenkt, getrunken, dazu Kuchen gegessen, dabei werden Gäste sondiert, man wird selbst sondiert, viele schlendern vorbei, ein paar bleiben stehen, manche schauen genauer und schließlich wird das erste Buch verkauft.

Bei einer Kippe vor der Tür sieht man Leute am Eingang Schlange stehen.

Diese Con ist nicht so sehr ein Szenetreff, sondern mehr ein Treffen verschiedener Szenen, die sich unter dem Oberbegriff Phantastik zusammenfassen lassen. Man zieht hier unterschiedliche Register. Die einen mit jenen, die anderen mit denen, man überkreuzt sich und fängt Gesprächsfetzen auf. Hier geht es um Urban Fantasy, da um bloß-keine-Elfen, dort um die und die Lesung und die Qualität der Bratwurst. Im Gegensatz zur Marburg Con, die durch den Vincent-Preis den Horror herausstreicht, ist die BuCon sehr in Richtung Fantasy und, mit Abstrichen, aber durch den Science Fiction-Treff Darmstadt traditionell, in Richtung SF orientiert.

Da dieses Jahr weder Zwielicht, noch Goblin-Press/Edition CL mit Ständen vertreten sind, fehlt mir an der Bandbreite der Händler etwas am Horror. Immerhin, Amrun, Blitz und Thorsten Low halten die Fahne mit einigen Büchern hoch, und wir selbst natürlich, wobei wir uns ja nicht speziell darauf festlegen. Weirdness allerdings vermisse ich doch – und Magazine. Die Leute von Exodus, die letztes Jahr einen Stand hatten, sind diesmal nur als Gäste da. phantastisch! allerdings ist auf dem Atlantis-Stand mit vertreten und Weirdness, nun ja, das sind dann wir selbst.

Als „Big-Shots“ unter den Verlagen wäre wohl Feder und Schwert zu nennen, größer wird es auf der BuCon nicht. Wer echte Größen sucht, kann das unweit stattfindende Buchmesse-Megaevent besuchen. Der Vorteil dieser räumlichen Nähe: Autoren und Besucher, die einen Abstecher von dort nach hier unternehmen. Kai Meyer fällt mir als wahrscheinlich prominentester Besucher der Con auf. So mischt sich auch das Hobby-Volk (nein, nicht das Hobbit-Volk!) mit Professionellen.

Schön ist, nach drei Jahren Präsenz selbst von Autoren, Illustratoren und Verlegern angesprochen zu werden. Für die nahe Zukunft ergeben sich daraus vielversprechende Zusammenarbeiten.

Besonders freut mich ein längeres Gespräch mit Jörg Kleudgen, das mein eigenes Schreiben betrifft, und eines mit Gerd Rottenecker, alias Tim Stratmann, dem Übersetzer von Steven Eriksons „Das Spiel der Götter“. Hier kann ich mich mit einem erfahrenen Genre-Mann über die bedeutendste Fantasy-Reihe aller Zeiten unterhalten und dabei einen wirklich angenehmen Menschen kennenlernen. First in – Last out ist unser Schlagwort des Tages.

Und ja, am Ende des Tages darf ich die Ankunft Herbert W. Frankes miterleben, doch zum Besuch seines Auftritts, wie von Lesungen, Talk-Runden oder sonstiger Panels im Programm komme ich als Händler nicht. Das ist eine Seite der Con, von der jemand anderes berichten müsste.

 

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Das Foto wurde freundlich zur Verfügung gestellt von Markus Lawo (Ich habe überhaupt nicht mitbekommen, dass Jörg Kleudgen, etwas angeschnitten auch Uwe Sommerlad und ich da mitgeschossen wurden – links unten im Banner – oder was der Grund dieser Gruppenzusammenstellung war, aber oben rechts sieht man Roger Murmann, Con-Orga und Mitinitiator, darunter Eric Hantsch – Edition CL – links daneben hockend Markus Korb und natürlich viele andere illustre Personen)

Futur 3

Nachdem der Science Fiction viel Schwarzmalerei vorgeworfen wurde und sich in den letzten Jahren die Stimmen häufen, die von ihr fordern, eine positive Zukunft zu entwerfen, hier ein kleines Blinzeln:
Ein Teil der neueren Science Fiction besticht mich mit einem Detail, dass nämlich die Zukunft als eine Zeit möglicher Selbstbestimmung zu denken sein kann. William Gibsons Cyberpunk-Klassiker „Neuromancer“, Neal Stephensons Cyberpunk-Romane, auch die große Bandbreite retrofuturistischen Steampunks leben von dem in die eigene Hand Nehmen der Dinge durch die Protagonisten. Diese in den Achtzigern neuromantische Strömung und ihre Ausläufer haben nicht nur Grenzen des Vorstellbaren gesprengt, sondern Vorstellbares auf den Kopf gestellt. Vielleicht ist uns gar nicht so recht aufgefallen, was sich dadurch geändert hat.
In „Roter Stern – Winterorbit“ von Gibson und Bruce Sterling fliegen Menschen mit umgerüsteten Wetterballons bis in die obersten Schichten der Atmosphäre hinauf und kapern eine alte aufgegebene russische Raumstation. Gerade als es so aussieht, als ob Raumfahrt den großen Tod der Zivilisation mitstürbe, ist es der Erfindungsgeist Einzelner, die Nichtaufgabe ganz gewöhnlicher Menschen, die Hoffnung auf die Zukunft erhält.
Die „Neuromancer“-Trilogie ist voll solcher Figuren, die mit geringsten Mitteln großartige Dinge erreichen. Ebenso die späteren Romane Gibsons, seine Gegenwarts-Science-Fiction, die eben jenes Verständnis des Machbaren in unser Hier und Jetzt verortet.
Neal Stephensons Werk ist durchgängig von solchen Selfmade-Figuren geprägt, die keinen Staat und keinen Konzern benötigen, um große Projekte umzusetzen. Auch sein „Amalthea“ erlaubt die Rettung der Menschheit angesichts möglicher Auslöschung durch Meteoreinschlag nur durch gemeinsames Handeln, durch die Raffinesse und die Unbeugsamkeit von Experten und Autoritäten auf exotischen Wissenszweigen.
Im Steampunk, sowohl in seinem literarischen Zweig, als auch auf seiner Lifestyle- und Mode-Flanke, ist es das Werkeln mit selbstangeeignetem Wissen und Sachverstand, das alle dampfgetriebenen, hydraulischen und Uhrwerk-Wunder möglich macht.
Vernor Vinges Roman „Friedenskrieg“ zeigt uns eine Welt jenseits eines technologischen Abstiegs, in der sogenannte Bastler (engl. Tinker) als einzige den Gedanken an Fortschritt im Herzen tragen und unerschrocken gegen die herrschenden Mächte des Rückschritts vorgehen.
In Gradisil von Adam Roberts ist es ein Hobby-Aeronaut, der seine Familie in den Erdorbit bringt.
Gerade in dem die Wirklichkeit sich darstellt, als ob alles Großartige, aller Fortschritt, alles Überleben und Vorankommen der menschlichen Spezies von ihrer Zusammenrottung unter nationalen Bannern und Firmenherrschaften, dem Kapital, um es auf den gemeinsamen Nenner zu bringen, abhängig wäre, entlarvt sie sich als ungenügend, als ängstlich und angstbesessene Kleintuerei.
Wenn es eine Zeit gab, in der dieser Mythos Wahrheit gewesen ist, so ist sie nun endlich vorüber. Mit dem Aufkommen der PCs in den Achtziger Jahren, dem des Internet und der Fülle neuer Kommunikationsmittel in den Neunzigern, der Möglichkeit der Kapitalbesorgung mittels Crowdfunding, dem Cluster-Computing, bzw. dem Crowdworking, den immer ausgefeilteren Methoden des 3-D-Drucks und allem, was unsere heutige Welt dem Einzelnen oder kleinen Gruppen von Spezialisten an die Hand gibt, um Wirklichkeit zu gestalten, ist eine Veränderung der Gesellschaft ohne staatliche Lenkung und ohne die Aufsicht durch Aufsichtsräte längst Möglichkeit geworden: Direkte Demokratie erlebt eine neue Phase realistischer Denkbarkeit, Kunst kann mittels Software die große Hürde der Finanzierung überwinden, Selfpublishing erlebt gerade eine herausragende Blütezeit. Gedanken werden endlich geteilt, ohne an sprachlichen, nationalen oder geographischen Grenzen stehenzubleiben. Open-Source-Programmierung zeigt uns die Weiten des im Kollektiv Machbaren auf.
Darin besteht nun der Sense of Wonder unserer Zeit. Nicht nur in dem, was mittels Hochtechnologie und modernster Wissenschaft erreicht werden kann, sondern in dem, was aus eigener Hand, mit wenig Kapital, durch Recycling, durch Bastelei und unerschrockenes Ausprobieren machbar geworden ist. Dazu braucht es kein Genie, keinen einzelnen Kopf, der als zentraler Unternehmer auftritt, keinen Mastermind. Es braucht dazu nur ein geteiltes Interesse und den Willen zur Zusammenarbeit, Absprache, gemeinsames Handeln. Es braucht Menschen, die sich nicht erst sagen lassen, was zu tun ist, um ihre Träume verwirklichen.
Angesichts dessen, was die Zukunft an Vernichtungspotential für uns bereithält, werden wir dieses Kleinwenig an Optimismus und positivem Denken wohl noch ganz dringend brauchen.

Die Unübersetzten

Als deutschsprachiger Leser sitzt man in vielerlei Hinsicht hinter einem Vorhang des Schweigens und mancher von uns fragt sich, wie lange wird es noch dauern, bis dieses und jenes Buch einmal in Übersetzung vorliegen wird?
Zuweilen dauert es Jahre, bis deutsche Verlage von Werken Kenntnis nehmen, die in Übersee bereits in ihrem Erscheinungsjahr Aufmerksamkeit erregen, sogar Preise bekommen, und in zahlreichen Fällen warten wir ganz vergeblich.
Dafür lassen sich Gründe anführen, die von der Orientierung der Verlage an verkaufsmäßigem Erfolg regiert werden. Zum einen sind Übersetzungen nicht billig, auch wenn Übersetzer in der Regel noch unterbezahlt arbeiten. Kostengünstiger ist es, mitunter zweit- und drittrangige deutsche Werke zu publizieren. Der Verlagsblick geht auch an vielen Werken vorbei, die zwar bei Kritikern und Autoren, bei Fangemeinden eines Autors und derart ausgewählten Lesergruppen erfolgreich sind, jedoch nicht im Massengeschmack aufgehen. Damit sind es leider oft gerade stilistisch und thematisch herausragende, weil vom Mittelweg abweichende Romane und Erzählungen, die uns hier erst spät oder auch überhaupt nicht präsentiert werden.

519VYN712WLBrian McNaughtons Throne of Bones etwa wurde 1997 mit dem World Fantasy Award für den Bereich Storysammlung ausgezeichnet – immerhin kein ganz unwichtiger Literaturpreis auf dem internationalen Fantastik-Parkett – und bleibt doch bis heute eines der herausragenden Werke der Fantastik, denen sich ein Verleger im deutschsprachigen Raum erst noch annehmen müsste.
Die Sammlung erschien in jenem Jahr bei Wildside Press (USA) und ist im Original noch immer regulär lieferbar. Sie wurde mitunter als der „Dracula“ der Ghul-Literatur beschrieben, was mir ein wenigstens hinlängliches Schlagwort erscheint, um den singulären Charakter des Werkes zu beschreiben. So ein Buch kann kein zweites Mal geschrieben werden. Freilich reicht Throne of Bones nicht annähernd an die Bekanntheit Draculas heran, ist dafür zumindest meinem persönlichen Empfinden nach das deutlich bessere Buch. Es handelt sich um eine inhaltlich locker verbundene Reihe von Erzählungen die sich in oder um die Nekropole der Stadt Crotalorn ansiedeln. Alle Erzählungen sind über Protagonisten oder Randfiguren miteinander verknüpft. Alle haben das Unwesen der Ghule in Crotalorn zum Thema, deren sexueller Appetit und Fähigkeit, die Gestalt ihrer Fressopfer anzunehmen, für eine ganze Reihe grotesker Verwicklungen sorgen. Die Menschen Crotalorns, dessen offizielle Regierung im Übrigen kaum in Erscheinung tritt, sind von der Nekropole und ihren nächtlichen Ausschweifungen so eingenommen, man bekommt da den Eindruck, das eigentliche Leben der Stadt spiele sich eben dort ab, wo die Toten ruhen. Ihre Ruhe wird regelmäßig gestört, durch Grabräuber, die ihre Profession mit großer Leidenschaft ausführen, durch Schwarzkünstler, denen die Leichen für nekromantische Zwecke dienen, und natürlich die Ghule, die sie fressen. Am meisten erinnert mich diese Fantastik thematisch wie stilistisch an die Clark Ashton Smiths, insbesondere dessen klar der Sword & Sorcery zugehörigen Zotique-Erzählungen.

Ich bleibe bei der Fantasy: Lucius Shepard, auf diesen Namen wurde ich recht spät aufmerksam. Als ich ihn entdeckte, hatte der US-amerikanische Autor nur noch Monate zu leben und so blieb mir verwehrt, ihm auch nur eine all jener Fragen zu stellen, die sein Werk in mir aufwarf. Das war 2014. Dem deutschsprachigen Raum ist sein Werk nur in Teilen zugänglich geworden. Das seit den 80er Jahren in Deutschland bei Heyne aufgelegte Ouevre Shepards umfasst die Romane Grüne Augen (Green Eyes, 1984), Das Leben im Krieg (Life During Wartime, 1987), Die Spur des goldenen Opfers (The Golden, 1993) und die Erzählung Kalimantan (st, 1990). Nach 2000 nahm sich die Edition Phantasia noch einmal seiner an, mit Ausgaben von Aztech (Aztechs, 2003), Endstation Louisiana (Louisiana Breakdown, 2003), Ein Handbuch Amerikanischer Gebete (A Handbook of American Prayer, 2004) und Hobo Nation (Two Trains Running, 2004). Die Ausgaben der Edition Phantasia allein sind derzeit im primären Buchhandel erhältlich.
Für alles andere, nämlich Shepards herausragendes Werk an Kurzgeschichten und Novellen, muss man sich des Originals bemächtigen.
Aus den Achtzigern heraus bleibt Shepards Name noch immer mit dem Label Cyberpunk verknüpft, Das Leben im Krieg, Aztech und nicht übersetzte Erzählungen wie The Emperor lassen sich auch dort einordnen, doch Shepard beging noch ganz andere Pfade als den der Science Fiction. Horror finden wir hier und Mystisches, auch magisch Realistisches, das sich aus Shepards jahrzehntelanger Tätigkeit als Weltreisender und Reporter schöpft. Die Sammlung The Best of Lucius Shepard gibt bislang den besten Überblick über seine unverbundenen Erzählungen.
514UeEJhWPL._SX340_BO1,204,203,200_Vor allem aber fehlt uns in Übersetzung Shepards Reihe von Erzählungen über den Drachen Griaule, sowie sein dazugehöriger letzter Roman Beautiful Blood, der über eine bibliophile Ausgabe bei Subterranen Press hinaus vor Shepards Tod keine weitere Veröffentlichung erfahren hat. Die Chancen stehen nun überhaupt schlecht, dass Griaule in Übersetzung erscheinen kann, die Rechtelage des schriftstellerischen Nachlasses Shepards bleibt derzeit ungeklärt.
Griaule ist Fantasy, die in manchen Anteilen dem Magischen Realismus verbunden ist und in einem dem unserer Welt abspenstigen Südamerika angesiedelt ist.
Der Drache Griaule beherrscht das Land, auf dem sein schlafender Körper wie eine Bergkette ruht. Er herrscht in dem Verstand, vor allen in den Seelen der Menschen. Es wird ein Plan gefasst, wie er zu töten wäre, und dessen Umsetzung nimmt Jahre in Anspruch, denn um ihn nicht zu wecken, seinen Zorn nicht herauszufordern, soll der Leib des Drachen mit einem Gemälde in giftiger Farbe bemalt werden. Der Mann der den Drachen Griaule malte wäre die Übersetzung des Titels der initialen Erzählung. Im Weiteren begegnen wir einer Priesterin des Drachen und Artefaktjägern, die es auf seine Schuppen abgesehen haben. Man kann sicher sein, ein jedes Stück des Drachen wird seinen Besitzer verderben. Oft scheint dieses Wesen selbst durch die Augen von Menschen zu schauen, so als lebe das Monster in den Menschen und durch ihre Taten. Als Griaule endlich bemerkt, dass er im Sterben liegt, ist es für ihn zu spät, doch wird sein Tod den Menschen und der an seiner Flanke erbauten Stadt zum Verhängnis.
Diese Fantasy ist nicht wie irgendeine andere. Seltsam bedrückend ist das Geschehen. Es gibt hier keine Helden, denn Shepard ging es immer um die Abgründe im Menschen selbst.

51dIdKoU4aL._SX317_BO1,204,203,200_An Verkaufszahlen gemessen einer der erfolgreichsten Autoren weltweit schließlich wurde bisher mit keinem einzigen Werk ins Deutsche übersetzt. Louis Cha, alias Jin Yong, ist der Altmeister des Wuxia, sprich des chinesischen Genres der Kung Fu-Fantasy. Die meisten seiner fünfzehn Romane sind in Hongkong verfilmt worden und viele dieser Verfilmungen haben ihren Weg auch nach Deutschland gefunden. Somit ist uns – wenn wir denn Kung Fu-Filme schauen – sicher schon die eine oder andere Adaption seiner Werke in Synchronisation untergekommen. Deren literarische Vorlagen indes bleiben uns leider verwehrt. Selbst im englisch-amerikanischen Sprachraum gibt es bislang nur drei Werke in Übersetzung: The Book and the Sword, Fox Volante of the Snowy Mountain und sein herausragendes The Deer and the Cauldron in drei Bänden. Chas Geschichten siedeln sich in verschiedenen Epochen der chinesischen Geschichte an, sind oft mehr pseudohistorsich als eigentlich Fantasy, dann allerdings doch wieder fantastisch in ihrer Darstellung der Kampfkünste und ihrer Meister, in der Rolle, die hier dem Qi als einem zumindest für westliche Ohren mystisch erscheinenden Kraftquell zukommt. Meist sind Chas Helden ehrenwerte Kampfkünstler, die für das Gute und – recht patriotisch – für China kämpfen, oft gegen die mongolischen Besatzer, immer gegen ehrlose Boxer und in einer schier unglaublichen Folge von Verwicklungen aus Halbinformation und Lüge, aus Ehrgefühl und Eigensinn. Jianghu, das Land zwischen Fluss und See, in dem Chinas Xia, die fahrenden Schwertkämpfer und Boxer ihrer Freiheit nachgehen, sich zu duellieren, sich in Vendettas auch bis aufs Blut zu bekämpfen, ist ein Gemeinplatz chinesischer Fantasy, der sich aus jahrhundertelanger Erzähltradition und den klassischen Romanen Chinas herleiten lässt. Water Margin und Monkey King etwa, von denen im Deutschen auch nur verkrüppelte Versionen existieren, sind an der Grundlegung dieser Welt beteiligt, wie es die klassischen und mittelalterlichen Sagen an der Fantasy des europäischen Kulturkreises sind.
Louis Chas The Deer and the Cauldron sticht aus seinem Gesamtwerk noch heraus, denn hier ist sein Protagonist Wei Xiaobao ein regelrechter Antiheld und der Grundton, den er dem Werk verleiht, ist ist eher satirisch. Cha selbst bezeichnete das Werk daher auch gerne als Anti-Wuxia.
Für 2018 ist nun der erste Teil der Reihe The Condor Heroes angekündigt worden, des bekanntesten aller Werke Louis Chas, und zumindest über diese Veröffentlichung im Englischen wird man sich freuen können.

Es gibt eine Unzahl von Autoren und Büchern, deren Namen hier noch anzuführen und rot zu unterstreichen wären, ganze Welten der Literatur, die abseits des Mainstream stehen. Die von mir Genannten liegen mir besonders am Herzen, denn ich bin der Meinung, dass sie die internationale Fantastik auf besondere Weise bereichern, und würde mich, obwohl ich einiges davon im Original lese, doch sehr über eine Übersetzung ins Deutsche freuen.

Der Horror der Science Fiction

Sieht man sich einige ausgewählte Klassiker des Horror an, so fällt auf: Sie sind gleichermaßen Klassiker der Science Fiction. Noch einmal andersherum: Die Ur-Gesteine der Science Fiction sind Klassiker des Horror.

Frankenstein-or-the-Modern-PrometheusMary Shelleys Frankenstein or The Modern Prometheus, E.T.A. Hoffmanns Der Sandmann und Robert Louis Stevensons Strange Case of Dr Jekyll and Mr Hyde decken gemeinsam bereits ein Feld ab, das sich im späteren Verlauf der Genreentwicklung als eines der Science Fiction herausstellt. Bestellt wird hier die Thematik des Menschen, der sich mittels moderner Technologie an der Schwelle hin zum Nichtmenschen befindet, zu einem posthumanen Wesen. Frankensteins Absicht ist es, den Tod zu besiegen, Unsterblichkeit ist sein Ziel. Dazu belebt er bereits Totes neu, stückelt aus Teilen verschiedener Leben ein neues zusammen und erschafft damit mittels Technologie etwas, das in uns Furcht auslöst. Nicht allein, weil es tot sein sollte, sondern weil es von Menschenhand geschaffen, aber doch unkontrollierbar ist. Es ist monströs, damit wird der Mensch selbst es ebenfalls.

Dr. Jekyll gelingt es mit Mitteln der Chemie, nicht nur sein Bewusstsein aufzuspalten, sondern dem Trieb seines Es eigene Wesenheit zu verschaffen. Hier geht es nicht um Unsterblichkeit und weniger um den Leib, als vielmehr um die Psyche, sprich die Seele, die durch solches Handeln in Gefahr gerät, doch wieder ist es etwas von Menschenhand Geschaffenes, das sich nicht kontrollieren lässt, wie schon bei Frankenstein.

Der Sandmann schließlich bedient sich weniger des wissenschaftlichen, als vielmehr des künstlerischen Genius. Von Menschenhand erschaffen wird hier ein scheinlebendiges Wesen aus nichts als Mechanik. Es ruft denselben Schrecken hervor, ist zwar nicht aus Körper und nicht aus Geist oder Seele des Menschen geschaffen, gleicht ihm aber zu sehr und ist, wiederum, unkontrollierbar.

Noch bevor sich die Science Fiction als eigenes Genre hervorhebt und mit ihren Möglichkeiten den Kosmos bereist, ist es die menschliche Schaffenskraft selbst, die den literarischen Grundstein der Science Fiction legt. Es sind klassische Themen. Gilgameshs Unsterblichkeitswunsch, das Gut und Böse klassischer Dichotomie und die Schöpfung künstlichen Lebens durch einen Prometheus.

Sie alle sind schrecklich, denn sie stoßen den Menschen in die Wildnis der Zukunft, deren Schrecken die seiner mythischen Vergangenheit sind. Schließlich ist die Vorstellung von Göttern, deren Willkür man ausgesetzt ist, doch etwas Furchtbares. Das Ärgste daran ist wohl, dass sie – anders als der große Kosmos, der sich für uns nicht interessiert, uns vielleicht gar nicht wahrnimmt – ihre Aufmerksamkeit eben auf uns lenken, dass sie mit uns spielen, als wären wir Puppen. Das Beste, was man von ihnen erhoffen könnte, wäre, dass sie einen nicht behelligen. Wenn im nächsten Schritt aber der Mensch selbst Schöpfer wird, muss er sich wohl oder übel mit seinen Schöpfungen auseinandersetzen und mit seiner eigenen Schöpfungskraft.

War_of_the_Worlds_original_cover_bwMit H.G. Wells kommt erst die Bedrohung von Außen, von anderen Planeten hinzu und in seinem The Timemachine ist es jene schon bezeichnete Zukunft selbst, die ihre Grausamkeit enthüllt. Wells Romane wird nun niemand als Horror bezeichnen wollen, jedoch ist etwa War of the Worlds voll davon und in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts erlebte gerade dieser Zweig der Science Fiction, der die Invasion durch Außerirdische behandelt, einen Höhenflug im B-Movie, dessen Vertreter stilistisch mehr dem Horror als der Science Fiction zuzuordnen sind. The Thing beispielsweise, ein literarischer Stoff, der es sowohl in den Fünfzigern, als auch noch einmal in den Achtzigern und dem neuen Jahrtausend auf die Leinwand geschafft hat, ist ein Klassiker des Horror, thematisch aber ganz klar Science Fiction. Gleiches lässt sich über Invasion of the Body Snatchers sagen und Alien ist vielleicht das schlagendste Beispiel dieser Melange überhaupt. Den Schrecken angesichts des Kosmischen, wie wir ihn bei Lovecraft und in gewissem Sinn auch bei Alien erleben, ist einer, der unsere Welt erobert, doch: Lovecrafts Erzählungen lassen letztlich einen Verantwortlichen dafür ganz klar hervortreten, den Forscher nämlich, der diesem kosmischen Schrecken die Pforte öffnet. So ist es in From Beyond eben der Forscher und Erfinder einer Maschine, die ultraviolettes Licht sichtbar macht. Die Schrecken, die in diesem Licht auftauchen, waren schon immer da, doch, so lange unsichtbar, nicht wirklich schrecklich. In War of the Worlds beginnt das Grauen mit einer Beobachtung: Durch Teleskope sehen Astronomen mit an, wie sich Feuerschweife vom Mars aus in Richtung Erde aufmachen. Wissenschaft verkündet das Unbekannte und damit das Heraufziehen des Horror. Und das Alien ist, wie seine neueste Inkarnation Alien – The Covenant offenbart, ein Grauen, das durch die Hand eines von Menschenhand erschaffenen und durch Menschen nicht mehr zu kontrollierenden Wesens, eines Androiden, erschaffen wurde. Hier potenziert sich die Schöpfungskraft. Schon die Erschaffer der Menschen taten Böses, die Menschen sind zum Bösen fähig und erschaffen wiederum Wesen, die des Bösen fähig sind und deren letztliche Schöpfung das geradezu Absolute Böse zu sein scheint.

2994396In einem anderen Zweig des Horror-B-Movie, dem der Monstererschaffung, ist es wieder der Forscher, die Wissenschaft, die den Schrecken hervorbringt. Donovan‘s Brain – ein vom Körper getrenntes Gehirn erlangt die Macht, Gedanken zu kontrollieren –, Tarantula und Formicula – postatomare Riesen – und The Fly – ein Hybrid aus Mensch und Insekt; die Schrecken, die uns plagen, sind von uns selbst geschaffen worden, teils bewusst, teils unbewusst, teils auch durch einen Zufall, den unser Handeln anstößt.

Selbst unsere Albträume sind ja Werke unseres Unbewussten, so fürchten wir uns von Kindheit an bereits vor uns selbst – und später im Leben: Wir schauen Gewaltverbrechen auch deshalb mit Grauen an, weil sie unsere Fähigkeit zum Bösen offenbaren, und die altmodische Furcht vor Gott und dem Teufel ist wiederum eine Angst vor uns selbst, nicht nur, weil wir selbst uns diese beiden ausgedacht haben, sondern weil wir auch der Schlechtigkeit dieser beiden durchaus selbst fähig sind.

Zwischen dem inneren Schrecken und dem kosmischen Horror liegt ein nur kurzer Weg. Zum einen sind wir selbst nichts anderes als Kosmos, zum andern bedurfte es nur eines einfachen gedanklichen Tötungsakts, dem an Gott nämlich, um uns all dessen bewusst zu werden: der eigenen Schöpfungskraft und der kosmischen Weite – und Tiefe – jenseits unseres irdischen Kindergartens.

Viele Jahrzehnte nach dem Gelingen dieses größten Mordes der Geschichte haben wir eine Schwelle erreicht, die zu künstlichem Bewusstsein, zur Automation aller Arbeit, zu Intelligentwerdung der unbelebten Materie, zur Realisierung all dieser Möglichkeiten aus der Science Fiction führen mag, allerdings auch zu einem zweiten und einem dritten Tötungsakt, die jenen ersten noch überträfen, dem nämlich an uns selbst und dem an unserem Planeten. Beides sind Topoi der Science Fiction und des Horror, die ihre Steigerung in der Kulmination hin zu einem über alles hinaus ragenden Schrecken finden: der kaum noch abzuwendenden Tatsache, dass wir trotz aller eigener Schöpfungskraft und allen Wissens und begründeter Annahmen um die Wunder des Kosmos es nicht schaffen werden, die Erde zu verlassen, bevor wir uns selbst das Leben auf ihr unmöglich gemacht haben.

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(Abb. (c) Yuri Shwedoff)

Der Spiegel dieses Gesichts unseres Horror ist der, in dem wir uns in der Weite des Alls nach wie vor ganz allein sehen. Kein Erstkontakt bis jetzt und vor unserem Untergang – die Menschheit wird wohl zu jenen Spezies gezählt werden müssen, die es nie aus dem heimischen Schwerkraftschacht herausschafften und von denen darum auch niemand sonst – wenn es dort überhaupt jemanden gibt – jemals Notiz genommen hat.

Der erste und der letzte Grund des Horror ist die Leere. Wir suchen die Leere mit Wissen zu füllen, mit Vorstellung und mit Fiktion. Am Ende dieser Suche steht bislang jedoch noch immer nur die Erkenntnis um neue Tiefen der Leere, die zu füllen unsere kognitiven Möglichkeiten übersteigt. Anstatt eines kleinen Lochs, sozusagen, haben wir jetzt ein großes. Anstatt allein des persönlichen Todes nämlich, steht uns nun der Tod des Universums bevor.

Gottlose Fantasy

Es gibt eine Reihe von Grundannahmen, die für Settings der Fantasyliteratur von Bedeutung sind.

(1) angenommen, Körper, Geist und Seele könnten unabhängig voneinander existieren

(2) angenommen, alles Wesenhafte könnte auch zu Bewusstsein gelangen und einen Willen besitzen

(3) angenommen, jeder Aspekt der Wirklichkeit könnte als geschlossene Sphäre eine eigene Welt darstellen

(4) angenommen, Geist und Wille könnten über die Materie herrschen.

(…)

Solche Überlegungen bereiten die Grundlage für eine magische Welt und es ist leicht einsehbar, wie durch die genannten Beispiele allein ein hohes Level an Wunderbarem zu erreichen ist: Wenn (1), dann können Geister Verstorbener im Diesseits spuken oder in einem Jenseits weiterexistieren. Gedankenreisen sind dann etwas ganz Wirkliches. Wenn (2), dann ist die für uns unbelebte Natur voller Wesen, voller Bewusstsein und Wille. Beispielsweise ein Stein, eine Quelle oder ein Schwert stellt dann eine Entität dar, der mit Respekt zu begegnen wäre, die angebetet oder auch versklavt werden kann. Wenn (3), dann lassen sich Orte betreten, die ganz Dunkelheit sind oder ganz Krieg oder Erde und so weiter, und über die eine Wesenheit wie etwa ein Gott herrschen kann. (4) ist die erste Prämisse der Magie schlechthin. Mittels Symbolen, Sprache und Gesten, vielleicht auch durch bloße Gedankenkraft kann so ein Mensch oder ein Gott die Wirklichkeit formen. In Welten, die auf solchen Prämissen gegründet sind, können Magier und Götter existieren.

In den eher konservativ gestalteten fiktionalen Welten, etwa G.R.R. Martins Das Lied aus Eis und Feuer oder Tad Williams‘ Shadowmarch, existieren Götter, die Aspekte der Wirklichkeit abdecken, nicht so sehr als ein einzelner Gott, der über die gesamte Schöpfung gebietet, sondern als ein ganzes Pantheon, das die Herrschaftsgebiete ihrer Welt unter sich aufteilt. Mal treten sie mehr, mal weniger in Erscheinung. In Das Lied aus Eis und Feuer etwa halten sie sich sehr zurück. Es ist für den Leser nicht einmal erwiesen, dass es sie wirklich gibt, und doch spielen sie im Geschehen dieser Welt eine wichtige Rolle. In Shadowmarch wiederum wird ihre Biographie genau erforscht, sie nehmen Einfluss auf das Geschick der Welt und der Menschen. In Tolkiens großem Genreklassiker Der Herr der Ringe spielen Götter zunächst kaum eine Rolle. Weder Sauron noch ein Vertreter der Guten, nicht Gandalf noch die Elfen sind Götter, sie alle sind vielmehr zaubermächtige Wesen. Gandalf allerdings, so erfährt man, wurde mit vier anderen Istari genannten Zauberern als Helfer des Guten in die Welt geschickt. Ganz im Hintergrund steht also eine Art Weltgeist oder Gottheit, die indirekt aber höchst wirksam in die Geschichte eingreift (mehr darüber – die Schöpfung der Welt Arda, den Gott Iluvatar und seine Helfer, die Valar – erfährt man erst in Tolkiens Das Silmarillion).

Eine etwas weniger konservative Welle der neueren Fantasy behandelt die Götterfrage ganz anders:

tyranny-of-the-night-coverTyranny of the Night (Instrumentalities of the Night) von Glen Cook: hier sind Götter regelrecht Jagdwild, auf die mit Pulver und Blei angelegt wird. Die gewählte Aufgabe des Protagonisten ist es, so viele von ihnen wie nur möglich aus der Welt zu schaffen und dabei zeigt er sich als äußerst erfolgreich. Eine Industrie entsteht um die Herstellung von Schusswaffen, denen selbst die mächtigsten der Instrumentalities nicht gewachsen sind. Schon in seinen Reihen um das Dread Empire und die Black Company aus den achtziger Jahren verfolgten Glen Cooks Protagonisten Gottheiten und Mächtige; als Vater der Grimdark scheint mir der Autor damit wirklich etwas ins Rollen gebracht zu haben.

Blutwerk (Chroniken des Wahns) von Michael R. Fletcher: hier bestimmt Glaube die Wirklichkeit. Götter sind ein Produkt der Vorstellungskraft, so können Menschen selbst sich zu Göttern aufschwingen. Maßgeblich ist dabei der Wahnsinn beteiligt, denn Wahnsinn, als die stärkste Form eines zur gegebenen Wirklichkeit konträr gehenden Glaubens, ist hier buchstäblich in der Lage, die Welt umzukrempeln.

Die Stadt der tausend Treppen (Die göttlichen Städte) von Robert Jackson Bennett: Die Zeit der Götter ist vorüber. Die Protagonisten sind Kammerjägern gleich damit beschäftigt, die letzten von ihnen und ihre Nachkommen auszurotten.

518uqYV0UpL._SX312_BO1,204,203,200_In Verflucht (Ära der Götter) von Ben Peek liegen die Götter seit Jahrtausenden sterbend herum. Ihr Einfluss ist passiv und doch weitreichend, denn unter der Einwirkung durch ihre Körper entwickeln Menschen wie die junge Protagonistin wundersame Fähigkeiten. Im Original trägt der erste Roman der Reihe übrigens den Titel The Godless.

In Rebellion (The First Empire / Zeit der Legenden) von  Michael J. Sullivan sind Götter Tyrannen, gegen die sich der Protagonist auflehnt, nachdem die Menschheit lange unter ihrer Knechtschaft gelitten hat. Dieses Thema findet sich bereits in vielen Werken der Fantasy, wird hier noch einmal in Reinform geboten.

Man könnte meinen, den Göttern ginge es nicht gut. Ein recht kurioses Phänomen: mit dem späten 18. Jahrhundert und der Aufklärung beginnt sich in der realen Welt die Erkenntnis von der Haltlosigkeit aller Religion zu verbreiten und schon bald darauf formt sich ein literarisches Genre, die Fantasy heraus, in dem alles Wunderbare und auch die Möglichkeit der Existenz von Göttern erhalten bleibt, gewissermaßen konserviert, wo der Einzug des Realismus sie aus der übrigen Literatur verdrängt. Nun, da sich der Atheismus nach mühsamer Arbeit weltweit durchzusetzen beginnt, der Einfluss selbst der großen Religionen immer geringer wird, geraten auch die literarischen Gottheiten in Bedrängnis. Es ist eine gottlose Fantasy, die wir heute haben, indem sie die Göttlichkeit ihrer Götter nicht unhinterfragt lässt, auch nicht unangefochten, und indem sie die Machtverhältnisse zuweilen ganz umkehrt. Wo Glaube die Wirklichkeit formt, sind die Gläubigen, die Menschen also, letztlich mächtiger als ihre Gottheiten. Letztere unterliegen, wenn schon nicht den Waffen, dann doch dem Willen derer, als deren Herren sie sich verstehen. Götter können auf diese Weise zu Sklaven werden.

Die anfangs genannten Prämissen bleiben indes dieselben, Fantasy mag ihr Gesicht und ihren Umgang mit daraus resultierenden Vorstellungen ändern, aber das Wundersame bleibt natürlich erhalten, selbst wenn die Göttlichkeit schwindet. Und wie die Roman-Beispiele auch zeigen, sind Götter zwar nicht unsterblich, doch kehren sie zuweilen unverhofft wieder, wenn auch nur, um auf ein Neues getötet zu werden.

Das Maskenhandwerk – Dennis Mombauer

das-maskenhandwerk_9783845922249Mir liegt ein Rezensionsexemplar von Dennis Mombauers jüngst erschienenem Erstling, Das Maskenhandwerk vor, das mir vom Autor zugeschickt wurde. Rezensionsexemplare sind so eine Sache, schön einerseits, andererseits fühlt man sich als Empfänger davon anteilig verpflichtet, darüber zu schreiben, und das nachdem man seinen Leseprioritäten zunächst den unverhofften Neuling vorangestellt hat. Ich tue so etwas nur, wenn mich an dem zu besprechenden Werk schon nvorab etwas interessiert. In diesem Fall: Das Setting.

Ausgeschrieben ist der Roman mit Namensanklängen an mesoamerikanische Kulturen. Mombauers Maskenhandwerk ist Fantasy und in diesem Setting außergewöhnlich. So ein Buch wollte ich lesen und habe es nicht bereut.

Mombauer ist Mitherausgeber der Literaturzeitschrift für Experimentelles, Die Novelle, von deren bislang fünf Ausgaben man sich recht schön das Hirn verdrehen lassen kann. Experimentell ist das Maskenhandwerk nun nicht. Der Aufbau ist vielmehr klassisch. Es gibt zwei Hauptprotagonisten, Subesato, Sohn des Autarchen von Aurudate, und Huapan, Sohn einer einflussreichen Kauffrau in Huanamthang. Die beiden Reiche bekriegen sich saisonal über die Jadeebene hinweg und auch die Lebenswege Huapans und Subesatos laufen konfrontativ aufeinander zu.

Subesatos Rolle ist die archetypische, des Sohnes, der seinem Vater Respekt abverlangt, sich an dessen Herrschaft aufreibt und, nach einer Niederlage im Kampf gegen das Reich Huanamthang aus Aurudate verstoßen, einen Pakt mit übernatürlichen Mächten eingeht, um „es allen zu zeigen“.

Sein Pakt: Einen Monat hat er Zeit, als Träger von Armschienen, die ihm Macht verleihen, seine Ziele zu erreichen, und dieses Ziel ist die Unterwerfung Huanamthangs und dessen Heerführers Manpak.

Huapan, auf der anderen Seite des großen Konflikts, ist der Zögerliche, der Träumer, der sich nur wünscht, der großen Verantwortung als dem Sohn seiner Mutter und deren Enttäuschtsein von ihm zu entfliehen. Als er unverhofft in den Laden eines Maskenherstellers stolpert, wird ihm ein dubioses, aber verlockendes Angebot gemacht. Was wäre, wenn er für alle, die ihn kennen, unsichtbar werden und so seinen Zwängen entgehen könnte?

Klingt das nach einem gegensätzlichen Paar? Was daraus wird, will ich nicht vorwegnehmen. Nur soviel: dass mich der Weltenbau und die Fantastik, das Couleur des Settings, die Intrigen und der Kampf überzeugt haben.

Gerade wer nicht auf der Suche nach einer weiteren Welt der Zwerge, Elfen, Ritter und so weiter sucht, aber trotzdem Lust an einer Fantasy im Zuschnitt von Tad Williams oder Hugh … empfindet, ist mit der Maskenwelt, dem Kampf zwischen den Zaubermächten und den zwei Reichen im richtigen Boot.

Wie ein Debutroman liest sich Das Maskenhandwerk im Übrigen nicht. Gerade die Begegnung Huapans mit dem Maskenhändler ist schon ein starkes Stück, das ich hoffe, im IF Magazin für angewandte Fantastik, Anfang 2018, als Auszug präsentieren zu können. Die Zeichen dafür stehen gut, aber niemand soll solange warten müssen. Das Maskenhandwerk liest sich nämlich jetzt sofort besser als nie. Es sollte in der Masse der gängigen und wenig innovativen Fantasy-Romane keinesfalls übersehen werden und sollte es einmal eine Fortsetzung der Maskenwelt geben, bin ich als Leser wieder dabei.

http://www.aavaa.de/Das-Maskenhandwerk

Die Ungelesenen

Meine Welt ist voller Bücher und doch fühlt es sich manchmal so an, als gäbe es keins. Gerade nach dem Auftauchen am Ende eines langen und intensiven Durchlebens eines Romans kann mir das passieren. Es ist dann ein Blättern und Suchen, ein Anfangen und Weglegen und neues Aufschlagen und wieder Schließen, von Roman zu Storysammlung, zu diesem, zu jenem, von Fantasy zu Horror zu Science Fiction, bis ich auf Klassiker auszuweichen versuche, die doch eigentlich immer lesbar sein sollten. In solchen Momenten fühle ich mich geradezu heimatlos. Oft kann ich nach zehn und mehr angebissenen Stücken, mal fünf Zeilen oder fünf Seiten, mal auch fünfzig Seiten eines Bandes einfach nicht noch mehr davon lesen, genießen oder auch nur ertragen. Ich lese, was mir gefällt, nicht was ich muss, denn Pflichtlektüre habe ich mir verboten. Meine Auswahl ist immer schon zu Beginn eng gesteckt. Ich mag Handlung, brauche sie meist, um ihrem Faden zu folgen, als einer Spur. Wo hingegen ich nicht mehr als bloße Handlung erwarte, Klischees und neun Mal aufgekochtes, reine Unterhaltung ohne irgendeinen Neuigkeitswert, schlage ich meist von vorneherein ein umgekehrtes Kreuz an die Tür – „hol‘s der Teufel“ – ich will, nein brauche etwas, das mein Gehirn aufmischt, mich zum Denken bringt, mich in meinem Entdeckungsdrang nährt.

clayette1Wäre es so, dass mir für den Rest meines Lebens nur noch sagen wir fünf Bücher blieben und obwohl alle gut, mir am Ende doch nur ein oder zwei zusagten – da hätte ich ein großes Problem. Sich „den kleinen Bedarf selbst zu schreiben“, wie Tucholsky sich das vornahm, funktioniert auch nicht so recht, gerade dann, wenn einem die Konversation mit anderer Autoren Bücher nicht gelingen mag. Doch sind da noch so viele wichtige Bücher, wichtig im Sinne von stilprägend, einzigartig, epochal und so weiter, da sollte es doch möglich sein, wenigstens ein Nächstes zu finden, das mir die literarische Heimatlosigkeit beendet, mich zu fesseln vermag. Bisher, zum Glück, habe ich immer ein nächstes Buch gefunden, auch wenn das Suchen danach manchmal trübe Wasser zu durchkreuzen hieß, mitunter tagelang. Ein vielleicht passendes Bild dazu ist wirklich das Schwimmen in seltsamen Gezeiten und dabei liegen viele Inseln umher, doch sind die meisten öde Sandbänke, kahle Felsen, teils auch ganz einfach Scheininseln, die aus nichts weiter als Schaum und dessen farbigem Glitzern in der Sonne bestehen. Manches Festland wiederum scheint zu groß, tatsächlich, zu gewaltig groß und vielleicht nur Wüste zu sein. So ist es beispielsweise mit zehntausend Seiten langen Reihen, die ich nicht zu betreten wage, weil ich fürchte, am Ende einer großen Reise erkennen zu müssen, dass der große Aufwand sich doch nicht gelohnt hat.

Dann liegen da in den Wellen noch jene besonderen Orte – und davon gar nicht wenige – die einen Besuch ganz sicher lohnen müssten. Doch die Ufer sind zu steil, zu sumpfig oder von Dornen verwehrt. Dies sind für meinen Begriff schlafende Inseln und Festländer. Sie liegen auf festgeschriebenen Koordinaten, sind mir aber nicht zugänglich, vielleicht jetzt nicht, doch irgendwann einmal. Bücher sind ja so gut wie unsterblich.

Bücher, die ich nicht gelesen habe…

, obwohl ich den Versuch schon gemacht habe. Menhire, sprich Meilensteine der Fantastik, angefangen, sein gelassen, aus verschiedenen Gründen.

biblioth_6-222x300Zum Beispiel ist mir John Crowleys Romanwerk, angefangen mit Engine Summer (Maschinensommer), über Little, Big (… oder das Parlament der Feen) bis zu Aegypt nie zugänglich geworden; M. John Harrisons große Science Fiction-Trilogie um den Kefahuchi-Trakt liegen noch immer unerkundet da; Gene Wolfe, dessen The Book oft he New Sun (Das Buch der Neuen Sonne) ich als eines meiner Lieblingswerke überhaupt zähle, ist mir mit dem Großteil seiner sonstigen Romane verschlossen geblieben; Moorcocks Gloriana, warum bin ich nie über die ersten zwanzig Seiten hinaus gekommen? Ist es zu opulent? Das erscheint mir möglich, Opulenz ist nicht unbedingt, was mich begeistert, nicht als solche, nicht an sich. Auch Lord Dunsanys Erzählungen sind mir wohl etwas zu märchenhaft, obwohl sich doch jede Zeile für sich zu lesen für mich gelohnt hat. Eigentlich, nehme ich an, müsste ich Alastair Reynolds Science Fiction mögen, bin aber nie damit warm geworden. In älteren Werken, Kubins Die andere Seite etwa, ist mir die Sprache oft zu manieriert. Vor innerem Verbeugungszwang bin ich geflohen, habe das Buch, obwohl es sicher gut ist, unvollendet in das Regal zurückgestellt, wo es als standhafter Soldat einer schweigenden Armee nun steht.

Gelesene Bücher schweigen nicht, sie winken und grüßen laut, wenn mein Blick auf sie fällt. Die Ungelesenen sind nur von Rumoren umhüllt, den Gerüchten und Echos flüchtiger Eindrücke, möglicherweise sind sie stumm, weil sie mich nicht mögen, oder aus Arroganz, beziehungsweise dem Wissen, doch Klassiker zu sein, auch wenn ich – unbedeutender Leser und Nichtleser, der ich bin – sie nicht lese. Sicher sparen sie sich alles, was sie zu sagen haben, auf für die Zeit, in der ich sie doch noch durchwandere, diese Inseln und Kontinente.

Noch zu sagen bleibt, dass so manches Unvollendete doch schon mit einem einzelnen Satz mein Freund geworden ist, selbst wenn ich nie über diesen hinaus gekommen bin.

 

(Titelbild: (c) Francois Schuiten)

Sense of Wonder vs. Science Terra Cognita

Sense of Wonder: A feeling of awakening or awe triggered by an expansion of ones awareness of what ist possible or by confrontation with the vastness of space and time as brought on by reading science-fiction.“(1)

Wann hat zuletzt jemand etwas Neues am Horizont gesehen?

Als ich sechs oder sieben Jahre alt war, etwa zu der Zeit von Tschernobyl, erfuhr ich, dass die Menschheit noch keine fremden Planeten betreten hatte, dass alles, was ich in dieser Hinsicht zu wissen glaubte, abgesehen von der Landung auf dem Mond, Science-Fiction war, über die sich meine Eltern miteinander austauschten. Wir unterhielten keine Ringorbitale im All, waren niemals extraterrestrischem Leben begegnet, waren nicht in andere Galaxien vorgedrungen, hatten noch nicht einmal die Grenzen des Sonnensystems erreicht. Das war ein Schock für mich! Seither habe ich selbst lesen gelernt und mich eines ganzen Jahrhundertvorrats an Science-Fiction bedient, vielleicht um jene ernüchternde Erkenntnis zu kompensieren. Hard SF, New Wave und Cyberpunk gaben mir das zurück, was ich wie in einem persönlichen Sündenfall verloren hatte: Den Sense of Wonder. Dieses Gefühl, dass sich Türen öffnen, zu unbekannten Räumen voller Möglichkeiten.

NeuromancerEs gab neue Räume in den 80er Jahren, Nanotechnologie, virtuelle Realitäten und viele andere mehr, in dem Jahrzehnt, in dem ich aufgewachsen bin und deren Science-Fiction ich erst jetzt, mehr als zwanzig Jahre später, langsam ausgeschöpft zu haben glaube. Die Zukunft hat mein Leben geprägt, jetzt lebe ich in ihr und sie ist in gewisser Weise enttäuschend.

Eines der jüngsten Werke, die mich den Sense of Wonder haben spüren lassen, war „Transmetropolitan“ von Warren Ellis. Vor allem die ersten zwei Bände der Graphic Novel sind ein Feuerwerk an Wundern, wenn man sie zur richtigen Zeit gelesen hat (wie es einem heutigen Leser gehen mag, kann ich nicht einschätzen. Möglicherweise liegt meine Begeisterung auch darin begründet, dass ich zu jenem Zeitpunkt selbst noch eine geringe Leseerfahrung besessen habe. Heute wird mir klar, dass vieles was Ellis hier beschreibt, bereits eine Aufarbeitung älterer Themen darstellt). Diese Bände sind mehr als fünfzehn Jahre alt, stammen aus dem letzten Jahrtausend. Was ist aus all diesen Wundern geworden?

Where’s the future we were promised?“(2)

What do you do when you are promised no future beyond the next Steve Jobs keynote address or summer blockbuster movie?“(3)

Wo sind zwanzigspurige Schwebeautobahnen und Hyperraumreisen, Teleportation und Antigravitation und alles andere, was uns prophezeit wurde, und wovor Smartphones und Facebook und Googlebrillen vor Neid erblassen müssen? Sie sind in der Science-Fiction und nirgendwo sonst.

Dort gibt es keinen Mangel daran. Aus dem, was mir so ganz spontan einfällt, ergibt sich ein reichhaltiger Katalog aus Möglichkeiten, wie Kleider von der Stange, aus denen ein zeitgenössischer Autor/Regisseur/Illustrator/Gamedesigner/(…) sein persönliches Setting zusammensetzen kann: Will ich Klone, oder nicht? Will ich Teleportation und Antigravitation, oder nicht? Hovercars oder Jetpacks? Soll es K.I’s geben, oder nicht? Tausend Gemeinplätze und Klischees sind im kollektiven Bewusstsein bereits vorhanden und müssen nur noch angetippt werden, um im Leser/Rezipienten ein entsprechendes Bild hervorzuholen. So kommt mir die Science-Fiction der Gegenwart vor. Nicht sehr innovativ.

Vielleicht sitze ich einem Vorurteil auf. Vielleicht habe ich die „echte“ Science-Fiction des neuen Jahrtausends nur noch nicht gefunden, habe das Falsche gelesen, aber es scheint so, als ob die letzten Stücke Literatur und die letzten Filme, die den Sense of Wonder erzeugen konnten aus den 80er und 90er Jahren stammen. Iain Banks‘ frühe „Kultur“-Romane, die „Cyberpunk“-Anthologie und „Neuromancer“ von William Gibson, vielleicht auch Vernor Vinges „Zones of Thought“-Bände „A Fire upon the Deep“ und „A Deepness in the Sky“. Wann hat jemand zuletzt etwas Neues am Horizont gesehen? Und das Neue ist wesentlich für die Science-Fiction, der Sense of Wonder ist ein wesentliches Merkmal, das sie von Fantasy unterscheidet. Ohne ihn ist Science-Fiction irgendwie keine Science-Fiction. Auch das mag Ansichtssache sein, aber ich kann zumindest auf Norman Spinrad und andere SF-Autoren verweisen.

This hunger for the experience of flashes of transcendental consciousness through and not despite the onrushing advance of science and technology has always been central to what made those people who read science fiction read science fiction.“(4)

Gut, der Sense of Wonder definiert die Science-Fiction nicht ausschließlich. Eine andere notwendige Bedingung hat, zumindest für Anhänger der Hard SF, Vorrang: Die Bedingung des zu Grunde liegenden Realismus. Was in der Science-Fiction vorgeht, soll die Grenzen des als real Vorstellbaren nicht überschreiten. In diesem Sinne ist es natürlich weiterhin und womöglich jederzeit in der Zukunft möglich, Science-Fiction zu schreiben. Warum auch unbedingt etwas Neues erzählen müssen? Ich stelle mir vor, dass klassische Hard SF sinnbildlich Strecke in der Länge vorlegt und die New Wave der 60er Jahre stattdessen, oder darüber hinaus, literarisch und psychologisch in die Tiefe geht. Möglicherweise ist heute die Science-Fiction einfach nur in eine Phase der Breite eingetreten. Es ist auch nicht nötig, etwas Bahnbrechendes zu schreiben, um eine interessante, spannende und vielleicht in vielerlei Hinsicht relevante Geschichte zu erzählen. Ich denke an die „Punktown“-Erzählungen von Jeffrey Thomas. Ein ziemlich vertrautes Set aus bekannten Modulen. Trotzdem war ich begeistert, nur öffnet sich hier keine bis dahin verborgene Tür. Der Raum, der zu erkunden ist, hat bereits Gestalt, ist in seinen wesentlichen Dimensionen schon ausgemessen.

Es ist Zeit, von der Frage her zu einer These fortzuschreiten:

Die heutige Science-Fiction befindet sich in der schwierigen Lage, keine neuen Räume auftun zu können, denn das kollektive Bewusstsein ist längst über den heutigen Stand der Technologie hinaus vorgedrungen und umfängt bereits den geistigen Raum des zurzeit Denkbaren.

The imaginative loss of the future is becoming accute.“(5)

Symptomträger

Ich weiß nicht mehr, wann mir das Phänomen zum ersten Mal bewusst wurde, sicher aber hat William Gibsons neueres Werk damit zu tun, das ich hier der Einfachheit halber als Gegenwartssciencefiction bezeichnen möchte. Die Zukunft aus Gibsons früherem Werk ist Gegenwart geworden, darum erschöpft sich die Spekulation über die Zukunft in der Beschreibung der Gegenwart.(6)

The future is already here – it’s just not evenly distributed.“(7)

You live in the future and you don’t know it.“(8)

banksZuletzt las ich Iain Banks‘ Short Story „The State of the Art“, die zu Banks‘ „Kultur“-Reihe zählt und die einzige Erzählung aus dieser Reihe ist, in der die Erde eine explizite Rolle spielt. Darin wird ein Aspekt des Unterschieds zwischen der Erde und der interstellaren und hochtechnisierten Zivilisation der Kultur folgendermaßen dargestellt: Auf der Erde des 20. Jahrhunderts schreitet technologische, wie auch gesellschaftliche Entwicklung rasend schnell voran. In der Kultur hingegen ist der aktuelle Stand der Technologie, wie des gesellschaftlichen Lebens im Wesentlichen derselbe, wie in Jahrtausenden zuvor. An Perfektion grenzende Maschinen, ein an Perfektion grenzendes System braucht keine Fortentwicklung mehr.

Es gibt nichts Neues jenseits des Neuen. Und was kam in der Science-Fiction Neues nach dem Cyberpunk?

And after the Cyberpunk Movement there came . . . There came . . . There came a lame series of marketing attempts to create artificial „movements“ to cash in on the commercial success of „Cyberpunk“ as a marketing label and a self-proclaimed literary movement in the macroculture. „Splatterpunk.“ „Steampunk.“ „Elfpunk.“ „Punkpunk.“ Whatever….“(9)

Ideen des Cyberpunk sind längst im Mainstream aufgegangen. Ein anderes Genre, das ursprünglich als Spielart des Cyberpunk begonnen hat, der Steampunk, ist in den letzten Jahren von einer Bewegung hin zur beginnenden Massenkultur fortgeschritten. In ihm sehe ich meine These auf exemplarische Weise gestützt: Steampunk ist Retro-Science-Fiction. Prototypisch ist er nicht in der Zukunft angesiedelt, sondern in alternativen Geschichtsverläufen, die irgendwo in der Zeit der Industrialisierung abgezweigt sind. Alternativwelten ermöglichen es, what-ifs, was-wäre-wenns durchzuspielen, ohne Extrapolationen in die Zukunft legen zu müssen. Ungenutzte Möglichkeiten einer Technologie der Vergangenheit: Was wenn Charles Babbages Differenzmaschine wirklich gebaut worden wäre und das digitale Zeitalter hundert Jahre früher eingesetzt hätte…? Nur ein Beispiel.

Man kann Alternativwelten mögen oder nicht, aber das Basteln an vergangener Technik schmeckt angesichts des Fehlens zukunftsgerichteter Topoi in der Science-Fiction irgendwie nach Ideenarmut. Ich will es noch einmal positiv ausdrücken: Steampunk weist auf eine gewisse Ideenarmut hin. Aus dem Mangel an Material für bahnbrechende Ingenieurskunst (im Rahmen der Science-Fiction) entsteht die Bastelei am Anachronismus. Von hier liegt der Schritt zum magischen Denken, zum wilden Denken, zum mythischen Denken nicht fern.(10)

Eine Bewegung hat eine Richtung und Vertreter des Steampunk formulieren darüber hinaus sogar Ziele.

Steampunk: Colonizing the Past so we can dream the future.“(11)

If Steampunk has a mission, it is, in part, to restore a Sense of Wonder to a technology-jaded world.(12)

steamGesellschaftspolitisch erkenne ich Ähnlichkeiten zu postzivilisatorischen Ansätzen anarchistischer Theorie.(13) Dem Genre Belanglosigkeit vorzuwerfen erscheint mir überheblich. Wie es allerdings mit dem Sense of Wonder im Reich der Anachronismen bestellt ist? Als Leser wie auch als Autor fantastischer Erzählungen kann ich nur sagen, dass er sich bei mir nicht so richtig einstellen will. Ich nehme an, es geht im Steampunk eher darum, herauszufinden, wann uns der Sense of Wonder abhandengekommen ist. Zumindest weist der starke Anklang von Nostalgie, der das Genre charakterisiert, darauf hin.

vingeIch komme auf Vernor Vinge zu sprechen, genauer auf die ersten beiden Romane aus dem „Zones of Thought“-Universum. Vinge beschreibt in einem Nachwort auf „A Deepness in the Sky“ die Anlage der Zonen des Denkens als darin begründet, dass über eine ferne Zukunft angesichts der von Vinge prognostizierten Technologischen Singularität [im Folgenden kurz Singularität] keine plausiblen Spekulationen möglich seien. Das Universum, oder zumindest die Galaxis in Zonen einzuteilen, von denen eine das Eintreten der Singularität physikalisch unmöglich macht, schafft die Voraussetzung für den Autor, mit gutem Gewissen eine Geschichte erzählen zu können. Einen ähnlichen Trick wendet Vinge an, indem er seine Aliengesellschaft durch den Fokus menschlicher Protagonisten anthropomorph beschreibt, dies aber explizit thematisiert und als Kunstgriff eines Bewusstseins entlarvt, dass das Neue nur im Gewand des Alten erkennen und verstehen kann. Und da sind wir: bei der Singularität. Vinge hat ihr Eintreten für irgendwann zwischen 2005 und 2030 prophezeit, Ray Kurzweil visiert ebenfalls das Jahr 2030 an. Durch die Erschaffung künstlicher Intelligenzen, die fortan sich selbst ohne Hilfe des Menschen werden weiterentwickeln können, werde die Menschheit obsolet, komme an den Endpunkt ihrer eigenen Geschichte.

Maybe it’s man’s destiny to build live machines and then bow out of the cosmic picture.“(14)

We will soon create intelligences greater than our own. When this happens, human history will have reached a kind of singularity, an intellectual transition as impenetrable as the knotted space-time at the center of a black hole, and the world will pass far beyond our understanding. This singularity, I believe, already haunts a number of science-fiction writers. It makes realistic extrapolation to an interstellar future impossible. To write a story set more than a century hence, one needs a nuclear war in between … so that the world remains intelligible.”(15)

Terminus est

An diesem Punkt der technologischen Entwicklung soll alle Vorhersagbarkeit, soll alle plausible Extrapolation enden. Darüber hinaus gibt es in der Konsequenz einfach nichts mehr zu sagen. Alles was doch gesagt wird, ist haltlose Spekulation, ist keine Science-Fiction, sondern Science-Fantasy. Rieche ich hier ein Denkverbot? Ein Dogma? Möglicherweise hat mich meine literarische Indiziensuche zum Täter geführt. Die Singularität setzt der Science-Fiction das Messer auf die Brust. Ist das so? Geht deshalb alles in die Breite, weil es wirklich nicht mehr weiter voran geht? Ist der Schritt zur Seite in die ungelebten Möglichkeiten der Vergangenheit der einzige Weg, der noch zum Sense of Wonder führen kann?(16)

Ich nehme an, für viele bekennende Transhumanisten hat der Glaube an die Singularität tatsächlich religiöse Qualität. Ein Dogma wäre da doch wahrscheinlich. Allerdings wäre das doch ein eine gewaltige Ironie, wenn transhumanistisches Denken, dass sich der bedingungslosen, grenzenlosen Evolution des Menschen verschrieben hat, der Evolution spekulativen Denkens einen Riegel vorsetzte. Jetzt muss ich an das Diktum denken, Demokratie sei das beste aller denkbaren Gesellschaftssysteme, auch so eine Grenze des Denkens und jeder Beweis über die bloße Theodizee hinaus bleibt aus.

Und jetzt? Sind wir am Ende der Geschichte angelangt? Sind die Tage der Menschheit bereits gezählt? Sind wir längst transhuman? Sind alle Felder bereits bestellt? Wo liegt die nächste Utopie? Für die Belange der Science-Fiction sollte die Frage vielleicht besser lauten: Wie kommt man jenseits bekannter Topoi? Im Vorigen Absatz habe ich einer Dystopie Ausdruck verschafft. Ideenarmut und Denkverbot als Charakteristikum der näheren Zukunft. Und so stoße ich selbst an die Grenzen des Denkbaren. Dystopie ist längst ein Gemeinplatz kollektiven Bewusstseins, ist allgegenwärtig in Literatur und Film, ist absolut nichts Neues. In einer angsterfüllten Gesellschaft wie der unseren ist das auch kein Wunder, nehme ich an. Angst evoziert nun mal Schreckgespenster. Möglicherweise setzt der Sense of Wonder ja ein gewisses Maß an Optimismus voraus.

Die Science-Fiction gestaltet die Welt mit und Neal Stephenson hat wahrscheinlich recht, wenn er von ihr positives, optimistisches Denken verlangt, um der Zukunft nicht nur dystopische Ideen in die Wiege zu legen.(17) Allerdings: Der bekennende Transhumanismus ist eine optimistische Denkweise. Technologie ist ihr Heilsbringer und sie erinnert stark an den Fortschrittsglauben der vorletzten Jahrhundertwende, den stromlinienförmigen Entwurf der Zukunft aus den Anfängen moderner Science-Fiction. Offensichtlich aber bringt das auch keine neuen Räume hervor.

Kann es sein, dass wir angesichts der Mannigfaltigkeit uns im Laufe der letzten Jahrzehnte prophezeiter Zukünfte in einen Zustand der Paralyse verfallen sind? Haben wir schon so viel von der Zukunft geträumt, dass uns jetzt, wo wir ihr im Wachsein begegnen, nichts mehr zu träumen übrig bleibt?

Das Weiße Loch

posthDer Transhumanismus bleibt einem einfachen Realismus verhaftet.(18) Jenseits des einfachen Realismus liegt das Reich des Subjektiven. Spinrad postuliert eine Verschmelzung von SF und Fantasy – darüber hinaus sogar die Entstehung einer neuen Form.(19) Liegt darin eine Hoffnung für den Sense of Wonder?

Fantasy ist ein Genre der Archetypen. Archetypen sitzen tief im kollektiven Unbewussten und das schon seit der Urzeit Menschlicher Geschichte. Ich behaupte, dass dieser Charakterzug der Science-Fiction genau entgegenläuft. Science-Fiction ist gerade keine Archetypenliteratur. Wenn überhaupt, arbeitet sie daran, neue Archetypen zu schaffen, und das zu erreichen, wäre vielleicht ihr größter Verdienst. Schaue ich mir zwei wesentliche Topoi der Fantasy an, nämlich zum einen die Möglichkeit, dass Körper, Geist und Seele getrennt voneinander existieren könnten und zum anderen, dass alles, was ein Wesen hat auch Bewusstsein erlangen könnte, dann fällt mir auf, dass Science-Fiction irgendwo am Ende der hypothetischen Sackgasse genau diese Topoi erobert hat. Nanotechnologie, virtuelle Realitäten und künstliche Intelligenz schaffen dafür die Grundlage. Allmacht und Allwissenheit in Form intelligenter Materie bilden die Quintessenz der Science in Science Fiction. An diesem Berührungspunkt zwischen Science-Fiction und Fantasy liegt die Schwelle zu esoterischen Gefilden. Dinge, die sich nicht mehr a priori und rein rational begründen lassen. Dinge, vor denen klassische Science-Fiction zurückschreckt, die die Fantasy dagegen viel besser verkraftet.

Science-Fiction erobert Topoi der Fantasy, Fantasy aber erobert längst auch Topoi der SF.(20) Um dieser Lage Herr zu werden, braucht es schon eine Literatur, die mutig die Grenzen zwischen den Genres überschreitet. Eines der jüngsten unterscheidbaren Subgenres der Phantastik mit starkem Bezug zur Science-Fiction, historisch um die Wende des Jahrtausends angesiedelt, ist die New Weird. Schon die klassische Weird Fiction hat Genres transzendiert, hat Science-Fiction, Fantasy und Horror vereint und ihr spätes Kind tritt in dieselben Spuren, nur vielleicht mit größeren Füßen. Als einer der Hauptstimuli und im Weiteren als Charakteristikum wird aufgeführt, dass nicht wie in klassischer Horror- und Weird-Literatur die Konfrontation mit dem Monster im Mittelpunkt steht, sondern das, was nach der Konfrontation kommt, bzw. nach der Transmutation z.B. des Protagonisten in ein Monster. Hier stellt sich die Frage nach einer Veränderung des Bewusstseins. Vielleicht steckt der Sense of Wonder zeitgemäßer Science-Fiction wirklich nicht in der Spekulation über zukünftige Technologie, sondern in der Spekulation über die weitere Entwicklung menschlichen Bewusstseins. Seit dem Linguistic Turn und der Erfindung der Psychoanalyse und des LSD weist sowieso alles in diese Richtung.

Vielleicht ist Weird die passende Beschreibung für die aktuelle Stufe menschlichen Bewusstseins. Weird spricht ein Unbehagen aus, ein Gefühl der Fremdheit und einen Horror angesichts des Übernatürlichen. Mag sein, dass dieses Unbehagen und Gefühl der Befremdung angesichts der Erwartung der Singularität universell zu werden beginnt.

The Singularity is Science-Fiction.“(21)

Die Singularität ist selbst eine Science-Fiction-Story, die allerdings am spannendsten Punkt abbricht. An dem Punkt, an dem die TS selbst eintritt, dem Moment um den es doch eigentlich geht. Und wenn man über das, was dann kommt, keine Aussagen mehr treffen kann, alles, was man noch sagen kann, dem, was zu erwarten ist, nicht gerecht werden kann und wenn doch, es so sehr zur Unverständlichkeit gerät, dass es jeglichen Anschlusses an das eigene Verstehen entbehrt, wie sich dann angesichts der Singularität nicht entmutigt und befremdet fühlen? Wie sehr fremd darf etwas sein, um noch den Sense of Wonder zu evozieren? Alles was erkannt wird, muss doch einen Anteil von bereits Bekanntem, Verstandenem enthalten.

Müssen wir erst die Singularität durchschreiten, um neue SF schreiben zu können?

Immerhin, wenn alles Weitere Sache des Bewusstseins ist: Der Sense of Wonder ist letztlich ein subjektives Moment, der Geist ist Träger aller Subjektivität, die Singularität ein spekulatives Konstrukt des Bewusstseins. Der Geist ist fähig, seine eigenen Konzepte zu transzendieren und der implizite Auftrag der Science-Fiction war nie, verlässliche Aussagen über die Zukunft zu machen. Ebenso wenig, wie es jemals um die bloße Spekulation über technologische Möglichkeiten der Zukunft ging. Es mag so aussehen, als ob die menschliche Vorstellungskraft ausgeschöpft sei, aber Fantasie hat keine Grenzen! Wenn die Singularität nichts weiter als Science-Fiction ist, dann kann ich hoffen, dass die Science-Fiction ihr eigenes Dogma überwinden, die Singularität also transzendieren wird und der Sense of Wonder wieder gedeihen kann.

The future is a process and not a destination. The future is not a noun, it is a verb.“(22)

Dort draußen ist etwas. Eine Möglichkeit, die noch nicht gedacht wurde. Irgendwo in den Tiefen zwischen den Sternen oder anderswo. Dieses Etwas zieht an uns. Es will ans Licht. Also lasst die Tür angelehnt und haltet die Augen offen, und wenn es nicht zu fremdartig ist, um dem menschlichen Bewusstsein aufzufallen, dann wird irgendein glücklicher Autor darüber eine Geschichte schreiben.

Wenn aber die Singularität nicht mehr lange bloße Science-Fiction bleibt? Wenn wir wirklich bald das Ruder aus der Hand legen müssen, das Zepter an unsere Nachfolger in Form intelligenter Maschinen weitergeben? Dann finde ich, wir sollten sie bitten, sich herab zu lassen, uns greisen Müttern und Vätern ihrer Gattung ein paar ihrer Geschichten zu erzählen. Auf das wir wieder werden staunen können!

Erstveröffentlichung in IF Magazin #2 (Whitetrain, 2014)

if1-210x300Retrospektion

Es liegt in der Natur einer Frage, dass man Antworten auf sie nur im Nachhinein erwarten kann und zuweilen kommen Antworten auch erst mit einiger Verspätung hinterher. Heute, drei Jahre nach Erscheinen des oben stehenden Artikels in IF Magazin #2, bin ich überzeugt, dass die darin enthaltenen Fragen noch immer Fragwürdiges betreffen. Nach wie vor scheint mir die Science Fiction vor einem zum Teil selbstgewobenen Schleier zu stehen, den sie nicht durchdringen kann. Heute wie damals suche ich den Sense of Wonder in der Science Fiction meist vergeblich, bleibt sie meist vor dem Schleier der Technologischen Singularität stehen oder gerät, wo sie doch den Sprung in ein Danach wagt, in Wiederholungen, bleibt in ihrer selbstgelegten Schleife hängen. Allerdings entdecke ich einen Schwachpunkt des Artikels in der Auswahl besprochener Werke aus der Zeit nach der Jahrtausendwende. Erst im Nachhinein sind mir Romane wie Accelerando(23), von Charles Stross, Blindflug und Echopraxia(24) von Peter Watts, sowie seine Rifters-Trilogie, beginnend mit Abgrund(25), untergekommen, die in mir den Sense of Wonder zu wecken wussten. Vernor Vinges Am Ende des Regenbogens(26) ist in den letzten zehn Jahren deutlich gealtert, war aber bei seinem Erscheinen visionär. Auch William Gibsons jüngster Roman, Peripherie(27), wagt einen Sprung aus der Nahzukunft/Gegenwart in eine nach einer (nicht technologischen) Singulariät liegende Zukunft und befriedigt meine Lust auf Ungesehenes. Jonathan Strahan gibt seit einigen Jahren angefangen mit Engineering Infinity(28) eine Reihe von Anthologien mit dem Anspruch heraus, den Sense of Wonder in der Science Fiction wiederzufinden. Dietmar Daths Venus siegt(29), vor allem aber die in der Taschenbuchausgabe angefügte Erzählung Venus lebt, haben mich begeistert. Sicher gibt es weitere Beispiele, die meine Skepsis widerlegen, doch zuletzt möchte ich Cixin Lius Die drei Sonnen(30) und dessen zwei Fortsetzungen erwähnen. Vielleicht ist die europäische und angelsächsische Leserschaft von Science Fiction erst jetzt bereit, sich für Zukunftsblicke aus anderen Teilen der Welt, wie die Cixin Lius, zu öffnen, und das ist für sich schon eine zukunftsweisende Entwicklung, die den Sense of Wonder in den kommenden Jahren wieder aufleben lassen mag.

1 Brave New Words. The Oxford Dictionary of Science Fiction, 2007

2 Warren Ellis: Doktor Sleepless Volume 1. Engines of Desire, 2004

3 Jake von Slatt: a Steampunk Manifesto; in: Jeff Vandermeer (Hg.): the Steampunk Bible, 2011

4 Norman Spinrad: the Future of Science-Fiction; in: Nebula Winners 14, 1980

5 Bruce Sterling: The Singularity. Your Future as a Black Hole, 2004 http://longnow.org/seminars/02004/jun/11/the-singularity-your-future-as-a-black-hole/

6 vgl. William Gibson: Interview in The Economist, Dezember #4, 2003

7 s. ebd.

8 Warren Ellis: Doktor Sleepless Volume 1. Engines of Desire, 2004

9 Norman Spinrad: On Books. Movements; in: Asimov’s Science-Fiction, 2002

http://www.asimovs.com/_issue_0210_11/onbooks.shtml

10 Claude Lévi-Strauss: La pensée sauvage, 1962

11 Prof. Calamity

http://prof-calamity.livejournal.com/277.html

12 The New York Times: Steampunk Moves Between 2 Worlds, 8. Mai 2008

http://www.nytimes.com/2008/05/08/fashion/08PUNK.html/?_r=2&

13 vgl. Margaret Killjoy: Take What You Need and Compost the Rest. an Introduction to Post-Civilized Theory

http://theanarchistlibrary.org/library/Margaret_Killjoy__Take_What_You_Need_And_Compost_The_Rest__an_introduction_to_post-civilized_theory.html

14 Fritz Leiber: „the Creature from the Cleveland Dephths“, 1962

15 Vernor Vinge: Omni magazine, Januar 1983 – vgl. auch: Vernor Vinge: The Coming Technological Singularity. How to Survive in the Post-Human Era, 1993

16 vgl. Jake von Slatt: a Steampunk Manifesto; in: Jeff Vandermeer (Hg.): the Steampunk Bible, 2011

17 vgl. Neal Stephenson: Project Hieroglyph

http://hieroglyph.asu.edu/about/

18 vgl. Reinhard Heil: der Transhumanismus; in: Sic et Non, Bd. 4, Nr. 1, 2005

http://www.sicetnon.org/index.php/sic/article/view/144/158

19 Norman Spinrad: On Books. Movements; in: Asimov’s Science-Fiction, 2002

http://www.asimovs.com/_issue_0210_11/onbooks.shtml

20 vgl. Ebd.

21 Noam Chomsky: Interview auf Singularity Weblog

http://www.singularityweblog.com/noam-chomsky-the-singularity-is-science-fiction/

22 Bruce Sterling: The Singularity. Your Future as a Black Hole, 2004

http://longnow.org/seminars/02004/jun/11/the-singularity-your-future-as-a-black-hole/

23 Heyne, 2006 / Originalveröffentlichung: Accelerando (Orbit, 2005)

24 Heyne, 2008 und 2015) / Originalveröffentlichungen: Blindsight (Tor, 2006) und Echopraxia (Tor, 2014)

25 Heyne, 2008 / Originalveröffentlichungen: Starfish (Tor, 1999)

26 CrossCult, 2016 / Originalveröffentlichung: Rainbow‘s End (Tor, 2006)

27 Tropen, 2016 / Originalveröffentlichung: The Peripheral (Putnam, 2014)

28 Infinity Project #1 (Solaris, 2011)

29 Originalveröffentlichung: Halblizel. 2015 / Taschenbuch: Fischer Tor, 2016

30 Heyne, 2016 / Originalveröffentlichung: 三体 (Chongqing Press, 2008)

Goblin Press – Die Horror-Fabrik

Wer in Deutschland den einen oder anderen Fantastik-BuchCon besucht hat, den in Marburg etwa oder den in Dreieich, dürfte bereits über das Ouevre der Goblin Press gestolpert sein, so wie es mir geschehen ist. Hier werden Bücher für Bibliophile angeboten, die kurioserweise mit den denkbar einfachsten Mitteln hergestellt werden. Mit Klemmschiene gebunden sind Goblin-Bücher üblicherweise nicht mehr als einhundert Seiten stark, die Seiten selbst sind einfach gedruckt und gefalzt. Die Falz zeigt nach außen, wodurch in einer Art Innenleben verborgene Seiten entstehen, auf denen sich mitunter Dinge befinden, die nur ein mutiger Schnitt am Produkt hervorholen wird. Zweifarbige Schutzumschläge umschlingen diese Bände mit kontrastreichen Illustrationen, vorne finden sich in immer gleichem Rahmen Titel und Name des Verfassers, hinten nur selten eine kurze Zusammenfassung des Inhalts.

Das Obskure und Handgemachte stärkt mir den Eindruck, etwas wirklich Fantastisches und irgendwie nicht für aller Augen Sichtbares in Händen zu halten. Jörg Kleudgen, Schriftsteller, Musiker und Betreiber der Goblin Press ist, wenn auch in der Fantastik-Szene bekannt, niemand, der kommerziellen Erfolg anstrebt. Sein Erfolg als Verleger besteht bereits seit vielen Jahren in der Verbreitung von Werken der dunklen Literatur, die selbstbewusst am Hochglanz des Mainstream vorbeigehen. Am Verlagsstand sitzt mit ihm im Übrigen Erik Hantsch von der Edition CL, der zusammen mit Kleudgen das Fantastik-Magazin Cthulhu Libria Neo herausgibt.

Autoren der Goblin Press: Tobias Bachmann, Vincent Preis-Träger 2017, Max P. Becker, der seiner eigenen Bibliographie vorauseilt, Uwe Voehl, längst ein tragender Stützpfeiler deutscher Fantastik, der in 2010 verstorbene Michael Knoke, Daniel Schenkel, u.a.

das_siegel_des_mandschu1Und da wären dann noch Kleudgens eigene Werke. Nach Cosmogenesis und Totenmaar, die bei anderen Verlagen erschienen sind, habe ich nun auch drei seiner Erzählungen in ihrer jeweiligen Goblin-Ausgabe gelesen. Zum einen den gemeinsam mit dem kurz nach Fertigstellung des Buchs verstorbenen Autor Bernd Rothe verfassten Band Das Siegel des Mandschu.

Hierbei handelt es sich um eine implizite Wiederauferstehung des Pulp-Schurken Dr. Fu Manchu, alias Die Gelbe Gefahr. Die Vorlage stammt aus einer Reihe von Romanen des Autors Sax Rohmer, sowie deren Verfilmungen mit Boris Karloff und Christopher Lee.

Das Siegel des Mandschu, vierundsiebzig Seiten lang, ist ein gekonntes Stück Pulp-Literatur, actionreich, abenteuerlich, im China der Fünfziger und frühen Sechziger angesiedelt. Einige sehr stimmungsvolle Horror-Passagen werden mir in Erinnerung bleiben, in denen das übernatürliche, irgendwie untote Leben des Mandschu und seine hypnotischen Kräfte thematisiert sind. Dreifach ist die Erzählung in der Art einer Matroschka verschachtelt. Drei zeitliche Ebenen liefern Berichte über die wiederkehrende Auseinandersetzung der Protagonisten mit dem Mandschu. Eine davon lässt dieses Genie des Organisierten Verbrechens noch als menschliches Wesen bestehen, die zweite, längere bereits lässt von dieser Normalität keinen Stein übrig, die dritte erst offenbart das Wirken eines Plans von langer Hand, mit dem der Antagonist durch die Zeit reicht. Im Finale bedient sich die Erzählung noch eines überraschenden Twists.

fabrikDer Vorlage letztlich, wie ich finde, klar überlegen, bleibt Das Siegel des Mandschu doch noch deutlich hinter Kleudgens Möglichkeiten, seinem Können als Schriftsteller zurück. Die zweite Erzählung findet noch weitaus tiefer in das dunkle Herz der Fantastik hinein: Die Horror-Fabrik empfahl mir Kleudgen denn auch als sein bestes Buch.

Adler sucht die Fabrik auf, um ihre Schadstoffemissionen zu überprüfen. Noch bevor er sie in ihrem Waldversteck findet, begegnet er einem seltsamen, stummen Mädchen und wird beinahe Opfer eines rasenden PKWs.

Die Natur spielt hier eine wesentliche Rolle, der Wald nämlich „erstickt an sich selbst“. In seinem Dickicht stößt Adler nicht nur auf Hinweise für Wirtschaftskriminalität, sondern auf einen tatsächlichen Mordfall, wird überdies nachts von einem wirklich gewordenen Albtraum aufgesucht, erfährt Dunkles über die Geschichte der Fabrik selbst. Sie existiert seit mehr als einem Jahrhundert, ist ein Relikt der späten Industrialisierung und in ihren frühen Jahren wurde in ihr wohl Giftgas produziert. Was heute aber in der Fabrik hergestellt wird, lässt sich weder durch Adler, noch durch ihre Angestellten herausfinden. Ein Geheimnis wird hier gehütet, aber den Leser beschleicht schon bald das Gefühl, der Hüter könne noch über den Betreibern der Anlage stehen und am Ende nicht einmal aus der Menschenwelt stammen. Der Hölle der Fabrik steht ein wildes Waldvolk gegenüber, von dem ein Einsiedler mehr zu berichten weiß. Adler, der Ingenieur, begegnet hier einer Sehnsucht, aus dem Übel der Zivilisation auszusteigen, aber wie schon der seltsame Charakter des Waldes vermuten ließ, bleibt diese Freiheit für den Ermittler unerreichbar, zieht sich auch vor ihm zurück und lässt ihn allein dastehen. Darin liegt für mein Empfinden die Stärke der Erzählung. Zwei Seiten sind darin in merkwürdiger Liaison verknüpft, opponieren einander und lassen sich gleichermaßen nicht mit Adlers Ratio – sowie der des Lesers – durchdringen. Der Horroraspekt ist darin dunkel, ominös, beunruhigend eher als schockierend. Er übersteigt, wie nur in den herausragenden Werken dunkel-fantastischer Literatur, wahrhaft das Fassungsvermögen des menschlichen Verstands.

Jörg-Kleudgen+Saburac-ErzählungZum Dritten las ich Saburac, das sich mit Die Horror-Fabrik den Schauplatz Beuringen teilt, aber dadurch nur lose mit der anderen Erzählung verknüpft ist. Saburac – der Name ist der TV-Serie Catweazle entlehnt –, so bezeichnet Krebs, der Protagonist, aus einer inneren Regung heraus das Schloss von Beuringen. Ein zufälliges Abkommen vom Weg verschlägt ihn in den Ort und er ist ein Ort seiner Erinnerung, ohne dass Krebs sich ganz dessen bewusst wird. In Saburac ist der Wald nun gar dämonisch, sind auch auftretende Figuren wie der Herr mit dem grauen Hund an der Seite und einer Dohle auf der Schulter nicht geisterhaft, sondern mystisch. Noch mehr als Die Horror-Fabrik ist Saburac mythisch aufgeladen. Eigentlich sollte Krebs in Frankfurt seinen Arbeitgeber treffen, doch diese Wirklichkeit entzieht sich ihm. Ein Tagebuch, das Krebs in einem Antiquariat kauft und in dem er zu schreiben beginnt, wird ihm mehr als wichtig, wird sein ganzes Leben. Ebenen des wachen Erlebens, des Traums und der literarischen Fiktion beginnen sich nun gegenseitig zu durchdringen.

Die Erzählung schlägt einen persönlichen Ton an, auch eine psychologische Richtung ein, Krebs scheint zwischen Illusion und Desillusion gefangen zu sein, der Ausweg, der sich ihm bietet, erscheint wie einer, den nur ein Wahnsinniger finden kann.

www.goblinpress.de

Amateur Press Association (APA)

20170523_191742Ich bin nicht erst seit gestern im Untergrund-Geschäft, soll heißen im Fern-ab-vom-Mainstream-Publishing tätig – zehn Jahre werden das bald – und wusste schon, was eine APA ist, nur nicht so genau, wie sie praktisch funktioniert. Der olle H.P. Lovecraft war in einer APA, das hat man schon gehört, und dann „sind das also Leute, die sich gegenseitig Briefe schreiben … hat auch Goethe schon gemacht“ – und so stimmt das alles gar nicht. Hätte ich bei Wikipedia nachgelesen, wäre ich besser informiert gewesen.

„Eine Amateur Press Association oder APA ist ein Zusammenschluss von Autoren und Künstlern, die jeweils für sich alleine produzierte Egozines mehr oder minder regelmäßig in einem Apazine genannten Sammelwerk herausgeben. Die einzelnen Beiträge werden bis zu einem festgelegten Termin bei einem Ordentlichen Herausgeber (engl.: Official Editor, Central Mailer oder Distribution Manager) eingereicht, der sie zu einem einzelnen Heft bindet und dieses dann wieder an die Teilnehmer verteilt. Der Verbleib der Teilnehmer in der APA ist dabei häufig von einer Mindestanzahl eingereichter Seiten abhängig. Diese Minac (von engl.: minimal activity) gilt in der Regel pro Ausgabe des Apazines oder Jahr.
APAs werden häufig als Vorläufer der Internetforen beschrieben. Tatsächlich erfüllen viele APAs die Funktion von Diskussionsforen und waren bis zur Entstehung des Internets eine sehr effektive Methode, um sich in überregionalen Gruppen auszutauschen. Analog zu Internetforen gab und gibt es APAs zu den unterschiedlichsten Themen.
Die ersten APAs entstanden wahrscheinlich im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts, was sich allerdings nicht mehr genau festlegen lässt. Als älteste bekannte APA wird die am 19. Februar 1876 von Evan Reed Riale und neun Mitstreitern in Philadelphia gegründete National Amateur Press Association (NAPA) angesehen. Ihre Blütezeit erlebten die APAs zwischen 1960 und 1990. Danach ging ihre Zahl durch die Konkurrenz mit den Internetforen stetig zurück.
Eine langlebige, deutschsprachige APA ist die Futurian Amateur News (FAN), eine APA mit Schwerpunkt auf der Diskussion des Themas Science fiction, die mit Unterbrechungen seit den 1960ern aktiv ist. Zu den Apanauten genannten Teilnehmen zählten bereits mehrere (heute) bekannte deutsche Autoren, wie zum Beispiel Hans Joachim Alpers.“ (ganz platt zitiert aus WIKI)

Nun habe ich mal die Gelegenheit, mir ein APAZine aus der Nähe anzusehen, eine genauere Vorstellung zu entwickeln:

FUTURIAN AMATEUR NEWS – SF, Fantasy und der ganze Rest

Das ist echte Old School und so als Kind der 80er, als die Welt noch nicht digital und schon gar nicht web 2.0 war, fühle ich mich gleich heimelig berührt.
Die alte Schule ist ja eigentlich die, die die Gegenwart gestaltet hat, William Gibson z.B. ist genauso alt wie mein Alter Herr. Und die alte Schule wusste sich zu helfen, als es noch kein Internet gab. Helfen wobei? Wozu ist so eine APA gut? Kurze Suche, Treffer:

„Writing is one of the most personally punishing of the professions we could choose. We learn in a vacuum, taught by other people who are also feeling their way along because those “in the know” haven’t a clue on how to tell us what they want without belittling our every effort.
So how do we “preserve” what we do if we cannot get published? When you are ready to look back on your Life’s Work, will it be with an eye to the next winter’s fire, hidden in an attic, or bequeathed to a reluctant relative?
Who will know what you wrote? And what if it’s not that it was “bad” – it was simply not in style when written?“
(zitiert aus: https://zombiesalmonthehorrorcontinues.wordpress.com/…/ama…/)

Das Problem kennt man doch? Also schafft man sich einen Kreis aus Leuten, denen es ähnlich geht und tauscht sich aus. Was dabei entsteht (ein APAZine) ist eine Sammlung aus: Rezensionen, vielleicht mal Stories, Illustrationen, Con-Berichten, Überlegungen, Diskussionsgrundlagen und -beiträgen, am Ende gebündelt, vielleicht mit einem Editorial und so etwas wie einem Impressum versehen.
„Kann man sich alles sparen, und einfach in ein Forum einsteigen“ … oder auch nicht, denn im Prinzip geht im Forum der gestalterische Aspekt komplett verloren. Jedes Mitglied einer APA hat die Freiheit, seinen Beitrag für das APAZine (also sein eigenes EgoZine) nach eigenen Vorstellungen zu gestalten. Was dabei rauskommt, ist vielleicht mal extrem „amateur“, aber vielleicht auch mal auf höherem Niveau (im Sinne von Inhalt und Layout). Ein bisschen Glücksache für den, der das ganze Bündel in die Hände kriegt.
Von dem, was ich in die Hände bekam, bin ich teils angetan, teils auch nicht. Manches ist zu sehr „Insider“ als dass ich viel damit anfangen könnte (Kommentare zu vorigen Ausgaben, Antworten auf Aussagen, die mir verborgen bleiben, Kommentare, die darauf schließen lassen, dass sich die Mitglieder dieser APA schon länger kennen), anderes ist dafür wieder einfach zu verstehen. Manches wiederum ist für mich kaum interessant, anderes schon. Hier und da schwebt so ein Gedanke, dem ich mich anschließen kann, der Fragen aufwirft, die ich beantworten könnte oder über die ich gerne mal nachdenke. Ab und zu stoße ich auch mal auf so ein Ding, wo sich in mir Protest regt („Hallo? Was ist denn das für ein Quatsch? / Kann man so gar nicht behaupten! / Was hat das denn im fantastischen Diskurs verloren?“ usw.)
Hatte ich erst kürzlic andernorts schon über den „Neuer Stern“ (Fanzine, bzw. Rundbrief) gesagt, „man fühlt sich etwas wie im Salon, einem Club, einem vereinsmäßigen Zusammenschluss von Leuten mit ähnlichen Interessen“ (mich selbst frei zitiert), so kann ich das jetzt gerade wiederholen. Im Salon gibt es auch immer Leute, mit denen man einer Meinung ist, Leute, mit denen es funktioniert und Leute, mit denen man sich ständig in den Haaren liegt.

Nun zum Fazit: Ich, Schriftsteller, Underground-Publisher, Aficionado des Fantastischen, bin kein Stammtischtyp und mein Lebtag noch in keinen Verein eingetreten, dafür ist meine innere Anarchie wohl die Hauptverantwortliche. Was ich aber mag, ist das gemeinsame Spinnen von Seemannsgarn und der Austausch über Dinge, die mich bewegen. Wäre das nicht so, ich würde wohl kaum unzählige Stunden in die Herausgabe eines eigenen Low-Profit-Magazins stecken und stattdessen einfach für die Schublade schreiben.
Die Motivation hinter der APA ist mir mehr als verständlich. Tatsächlich bin ich gerührt, dass es sie heute noch gibt und denke: Fantastik findet nicht nur im eigenen Gehirn statt (auch mal nicht nur im Gaming von Konsolenspielen). Fantastik braucht offensichtlich den Zusammenschluss von Köpfen (mehr so „MMPORG …“). Was Lovecraft gemacht hat, gibt es immer noch und so kann das bleiben. Was anachronistisch ist, bestimmen immer noch WIR und die Zukunft wird bunt, wenn wir ältere Verfahren des Kreativen und des Gedankenaustauschs nicht ganz über Bord werfen.
Auf jeden Fall fühle ich mich um etwas bereichert, von dem ich davor noch gar keine richtige Vorstellung hatte.
Danke dafür, Thomas Hofmann.

Thomas Hofmann ist http://deutsche-science-fiction.de/?p=3551 … Herausgeber des Fanzines „Neuer Stern“ und gegenwärtig auch des APAZines Futurian Amateur News, schreibt über Phantastik auf Thomas Hofmanns phantastische Ansichten http://www.scifinet.org/scifinetboard/index.php/blog/64-thomas-hofmanns-phantastische-ansichten/ und ist in der Phantastik-Szene seit vielen Jahren als Illustrator bekannt.