Allgemeinbildung

Es gab zeiten, in denen man richtig aufpassen musste, das war zwischen den 20ern und den 90ern, was eigentlich ein ziemlich kurzer zeitraum ist. Und ehe man sich recht versah, war die gelegenheit vorbei. Ich meine die gelegenheit für die menschheit, die quelle, oder wenigstens eine quelle ihrer ängste aufzudecken und trockenzulegen.

Vor ein paar tagen war ich aus, zu meiner bevorzugten tageszeit, also mitten in der nacht. Etwas unvorsichtig geriet ich mitten in einen pulk sizilianer, die gerade vom dinner aus ihrem stammlokal kamen und sich gegenseitig mit hirnlosen spitznamen anredeten. Der atem dieser typen haute mich fast um, mama lucia muss voll in die tasten gegriffen haben. Bleich und kotzig kam ich auf dem strip an, eine gegend, in der du gewiss nicht in die gefahr gerätst, einem priester oder gar einer kirche zu begegnen. Ich suchte mir einen club unter straßenniveau aus, ging die paar stufen hinab und nach nicht mal zehn minuten saß ich bei einer bloody mary mit 3 häschen zusammen. Die unterhaltung lief wie von selbst, die mädchen waren im kino gewesen und ließen sich nicht davon abhalten, mir den inhalt aufs ohr zu drücken. Eine 17-jährige verliebt sich in einen düsteren typen, dessen haut kalt ist, der sich vor der sonne verbirgt, unnahbar erscheint und, wie sich bald herausstellt, superkräfte besitzt. Er ist ein vampir und die drei tun so, als wüssten sie ganz genau, was das ist. Ich spitze so im letzten drittel die ohren und checke die umgebung. Die ganze erfahrung meines lebens verhindert doch nicht immer, dass ich etwas essentielles übersehe und tatsächlich habe ich mich diesmal mit den chicks zwischen zwei spiegel gesetzt. Niemandem fällt etwas auf und, wie mir klar wird, liegt das zum größten teil daran, dass in dem film spiegel gar nicht zur sprache kamen. Ich atme tief durch und mache hinter dem rücken das zeichen des biestes. Nach ein paar weiteren minuten habe ich eine der ladys, die mit dem süßesten geruch, dazu gebracht, mit mir ein paar schritte durch die nacht zu gehen. Sie erzählt mir noch, wie sie ihrem katholischen elternhaus entkommen ist, bevor ich sie in einem dunklen winkel aussauge. Mami hätte dir bestimmt etwas weihwasser mit auf den weg gegeben – dummes kind!

Ich schaue in den himmel und zeige gott den mittelfinger. Jahrhunderte waren sie uns dicht auf den fersen. Stoker und ein paar andere haben uns wirklich angst eingejagt, als sie das okkulte wissen der breiten öffentlichkeit zugänglich machten und wie ich schon sagte, sah es für einige jahre wirklich schlimm aus. Aber jetzt, im jahre 2009, nach jahrzehnten, in denen in kinofilmen und horrorgeschichten immer neuer humbug erzählt wird, ja jetzt, nachdem ihr eure chance vertan habt,, schließe ich meinen mit rotem samt gefütterten mantel zum schutz gegen den wind, steige mit ausgebreiteten flügeln zum himmel auf und fliege heim zu meinem sarg, denn bald geht die sonne auf.

(c) venom&claw

Veröffentlicht von

Tobias Reckermann

Schriftsteller Mitarbeiter bei Whitetrain