wolkenkrieger

Schon den ganzen tag über hatte er es gefühlt, in seinen knochen, in seinem kopf. Sie würde kommen! Vor aufregung aß er nichts, vergaß es einfach und wirkte abwesend auf alle, die zu ihm sprachen. Er wappnete sich, ging alle formeln durch, die ihm zu gebote standen, erinnerte sich an jede niederlage, an jede schmähung und schwor sich, diesmal den sieg zu erringen. Mitten in der nacht war es endlich soweit. Sie kam und verdeckte den mond und eine weite fläche des himmels um ihn herum. Eiligen schrittes erklomm garmander den staubigen berghang unweit seines hauses und stimmte, auf der höhe angekommen, den ersten der gesänge an.

Am nächsten morgen sahen ihn die menschen seines dorfes dort stehen, als würde er sich an einem vom himmel herabhängenden seil festhalten und sein ganzes gewicht einsetzen um nicht fortgezogen zu werden. Das andere ende des unsichtbaren taus musste an der riesenhaften wolke befestigt sein, die über dem tal auf der anderen seite des berges hing. Wasser! Schoss es allen durch den sinn. Diese wolke war die antwort auf alle gebete des frühlings, der mit sengender hitze, die einem hochsommer hätte eigen sein sollen, auf den gemütern der landleute lag. Freilich waren daran die bewohner des nachbartals schuld, oder vielmehr erblon, ihr Wettermacher, der es vermocht hatte, jede wolke und jeden nebelstreif jenseits des berges zu ziehen. So wünschten sie alle ihrem magus erfolg und beriefen auch das lob all ihrer ahnen auf ihn herab.

Als sich seine haltung auch am übernächsten tag nicht veränderte, er nur noch weiter, wie durch erschöpfung in die knie ging und als auch die wolke nach so ungewöhnlich langer zeit sich nicht in regen aufgelöst, aber auch nicht bewegt hatte, stattdessen nur größer und dunkler geworden war, sank allen der mut. Eine fette ernte war denen dort drüben in diesem jahr sicher, denn erblon war eindeutig stärker als garmander. Sicher würde der alte mann dort auf dem berg eher verhungern bevor er nachgab aufgab, aber was nutzte das schon irgendwem.

garmander hatte all sein können eingesetzt. Die kraft seines mehr als fünfzig winter zählenden leibes, den gesang der fünf winde, sein wissen darüber, welche praktiken sein ehemaliger schüler gegen ihn anwenden konnte, jeden konterspruch über den er verfügte. Alles das reichte nicht aus und ein furchtbarer zorn ergriff von ihm besitz. Die wolke war weiter gewachsen und bedeckte nun das ganze tal auf das er schaute. Sie verdichtete sich auch immer mehr, bis ihm gleichsam ein felsen schier unglaublicher größe am himmel zu hängen schien. All sein denken, wollen und fühlen darauf gerichtet schien es ihm beinahe, er selbst sei nichts anderes als diese wolke, er selbst hinge dort wie das schicksal. Als er schließlich merkte, wie ihn seine kräfte verließen, bäumte er sich innerlich auf wie die woge im angesicht des strandes an dem sie zerbrechen muß. ein Blitz von blendender helle schoss herab in erblons tal, donner schlug zu wie ein erdbeben und ließ das land erzittern. ein regen wie eine flut, unermessliche wassermengen ergossen sich in das tal seines feindes, rissen häuser, ställe, menschen und vieh mit sich, spülten alles leben in einem einzigen strom die hänge hinab.

(c)venom&claw

Veröffentlicht von

Tobias Reckermann

Schriftsteller Mitarbeiter bei Whitetrain