schlag 13 – teil1

hekaton

inmitten unserer wanderung in die tiefe verließ sie die kraft und ermattung zwang sie auszuruhen. An einem treppenabsatz von alter gefurchter stufen, im fackelschein. Weit über uns das licht des tages so fein geschliffen wie der siebte mond, unter uns das auge der dunkelheit. Meine begleiter machten den langen abstieg zu ersten mal und waren trotz ihrer jugend nicht auf die kraftraubende aufgabe vorbereitet. Alle energie richtet sich in den frühen jahren schließlich auf das ziel, dass sich schnell erreichen lässt. Ausdauer ist eine tugend des alters und so nutzte ich die entstandene pause lediglich um zu beobachten, wie die entschlossenheit in den erröteten gesichtern der anderen zu wanken begann. Jetzt wäre der punkt, an dem sie sich vielleicht doch überzeugen ließen.
„das war noch gar nichts. Der weg führt noch sehr viel tiefer. Noch könnt ihr umkehren“, sagte ich und erkannte zu spät, dass ich damit eine herausforderung ausgesprochen hatte. Mamsa, der leitwolf unter ihnen fing meinen blick mit erbosten augen ein.
„weiter, alter mann. Weiter geht’s“, letzteres war an seine meute gerichtet. Und weiter ging es auch. Mamsa hatte in meinem angebot den fehdehandschuh aufgelesen. Der fehler des alters, die überheblichkeit, die mit erfahrung kommt, hatte in meinen worten mitgeklungen. Es mag mein tieferes wollen gewesen sein, dass mit meinem sinn dafür was das richtige war im streit lag. Ich mochte sie nämlich nicht. Die arrogante nächste generation eines boshaften menschenschlags. Und sie mochten mich ganz gewiss genauso wenig. Vielleicht weil ich dunkler bin als sie, eher kohlschwarz als ebenholz. Sie schauen mich nicht anders an, als den schacht selbst, als wäre ich ein teil davon, seine verkörperung und nicht nur sein hüter. Was bringt leute dazu, so tief hinabzuschauen, wo doch nichts gutes lauern kann? Es ist einfach zu lange her, dass etwas aus dieser tiefe herausgekommen ist. Die legenden allein reichen nicht aus um sie in genügenden schrecken zu versetzen.

Ich werde sie in den tod führen. Sie hassen mich dafür, sie ahnen es, wissen es. Wissen, dass ich ihre neugierigen kinder töte. Und doch traut sich keiner an mich heran. Eine demonstration meiner stärke von zeit zu zeit hält sie davon ab. Weiter und weiter hinab. Ich spüre, wie ihre anspannung zunimmt. Als wüssten unmündige teile ihrer seelen schon, dass sie bereits näher an dem quell der finsternis sich befinden, als am herd des lichtes, unter dem sie ihre sorglosen tage verbringen. Der ruß der sterne strömt aus diesem loch und beginnt ihre arrogante zuversicht zu verpesten. Sie achten jetzt weniger auf mich, als auf ihre umgebung. Das ist gut, so habe ich zeit, meinen eigenen schutz zu erneuern. Der ort hat sich zwar an mich gewöhnt, nimmt mich als teil seiner selbst war, aber der schlot versucht weiterhin mich in seine gewalt zu bringen. Ich bleibe stoisch gegenüber dem endlosen zerren an meinem geist, aber stur in meiner selbstbehauptung. Auch wenn ich es mir anders wünschte, so sind die immer wieder neuen besuche der allzu neugierigen und ihr unfreiwilliges opfer doch einer der gründe, warum ich so lange zeit an diesem ort weilen kann ohne im ganz anheim zu fallen. Ihr blut und ihr wahnsinn sind der preis für meinen fortwährenden sieg über das unausweichliche. Ihre blicke schwarzumrändert, nicht nur von den schatten die hier hausen, sondern von dem zehren an ihrer jugendlichen kraft nehmen an verzweiflung zu. Sie haben die schwelle überschritten. Sie gehören jetzt schon ihm, ohne ausweg und obwohl ihre leiber schon wissen, dass sie verloren sind, zu weit gegangen um noch fliehen zu können, verneinen ihre seelen doch die niederlage. Und ohne dieses eingeständnis gehen sie noch immer voran. Weiter in die finsternis. Sie gehen, ich bleibe. Ich schaue ihnen nach und spreche ein gebet für sie, auch wenn ich weiß, dass niemand es hören wird. Sie verschwinden im dunkel der absteigenden stufen, wie die vergangenheit im dunkel der zeit. Sie schwinden, ich bleibe zurück.

Aber das ist nicht die geschichte meiner wahren feindschaft. Das ist nur ein geplänkel am rande der zeit, kein teil dessen, was inmitten des stroms fließt. Es gibt diese nebenschauplätze, wie strömungsberuhigte buchten und seitenarme, in denen sich ein ganz eigenes geschehen zutragen kann. Kleinere wirbel, die sich nur unmerklich auf das große ganze auswirken. An einigen dieser orte sammeln sich tot- und schreckenbringende wesen wie insekten um ein verführerisches licht und bemerken viel zu spät, dass sie gefangen sind. Geister und teufel und böse gedanken. Wo einer ist, dahin kommen noch mehr, angezogen von dem üblen geruch ihrer eigenen art.

Ich denke an vergangene dinge. Ich war ein reisender in schwarz, ein todeshändler, berüchtigt, gefürchtet, ein archetyp der angst im dienst des eroberers. Des teufels mit den blutroten stiefeln. Wohin ich ging war der tod. Da waren wahnsinn und grausamkeit. Nur die wenigsten überlebten die initiation. Die übrigen verzerrte der schmerz zu entstellten fratzen. Was wir taten um teil zu haben überstieg beinahe noch das, was wir dem lebendigen in unserer totgeweihten welt zufügen sollten. Damals war der himmel von feuern erhellt und die jünger des teufels zogen mit krieg über alle länder. Es war das ende der welt und mein schatten warf sich hinüber in die nächste als letzter der furchtbringenden garde. Ein böses wort war mein name und gerüchte über mich hielten die überlebenden in eisernem bann. Zwölf kriege waren gefochten worden und an ihrem ausgang wurde unser herr von der welt vertrieben. Die die noch danach um diese zeit der finsternis wussten machten jagd auf mich und wurden darum selbst zur beute bis ich dem letzten der zwölf krieger, die unser untergang gewesen waren in offenem kampf gegenüberstand. thaumaturgen in ihrer arroganz, erfüllt von der macht der beherrschung. Jedes mal die selbe geschichte. Die dummheit siegt immer über das wissen. Meine zauberei war seinem schwert und seinen schamanischen zaubern überlegen. Ich hatte ihn, am rande einer felsschlucht über tobendem wasser. Mein stab an seinem hals. Sein schwert und sein rückgrat zerbrochen. Das ergebnis des duells schien offenkund. Womit ich nicht rechnete war sein unbeugsamer stolz.

Die wesen fließen ineinander mit der zeit. Seelen vermischen sich. Und im tode ist das was bleibt ein letzter blick in dem das andere sich zu retten überspringt. Stolz und unüberbrückbare feindschaft. Ein nicht niederzuzwingendes darwiderhalten und siegeswille, Das alles sprach aus diesem einen, sterbenden blick.

das ist nicht einmal meine geschichte, ich habe mehrere davon im kopf und sie brodeln darin, wie kröten und schlangen in einem hexenkessel.

Veröffentlicht von

Tobias Reckermann

Schriftsteller Mitarbeiter bei Whitetrain