radikaler fiktionalismus

holly sagt: „Es gibt nichts, das nicht existiert.“

Auch bloße imaginationen sind real, oder sagen wir, sie sind wirklich, wenn wir dingen, die im materiellen sinne physisch sind eine eigene qualität zubilligen wollen. Wenn wir uns fragen, in welcher weise zum beispiel eine geschichte, ein fabelwesen, oder dergleichen real sind, liegt auf der hand, dass sie weder in form von papier oder druckerschwärze, in form von filmmaterial oder farbe gänzlich existieren können. Vielmehr existieren sie wohl in form von verknüpfungen, in form von bewusstsein, in form von energie eher als in form von materie. Soweit zu dem was fiktionen im herkömmlichen sinne betrifft. Fiktionen sind maßgeblich bestimmt durch ihre markierung als fiktion, das heißt als als-ob-objekte. Sie tragen für aller augen das zeichen, dass sie als bloße vorstellungen und an einen arbiträren rahmen gebundene annahmen kennzeichnet. Wenn wir nun uns vor augen führen, dass wir das was wir als von unserem bewusstsein unabhängig existierende realität ausweisen, nur durch eine sensorische übersetzung wahrnehmen, also erfahren können, offenbart sich ihre, der realität enge verwandschaft, oder gar identität mit der fiktion. Beide sind nur in einem sinne real, nämlich, dass wir so tun als ob sie es wären und das heißt, sie uns zu veräußern. Sie unterscheiden sich einzig in ihrer markierung als im einen fall „auch unabhängig vom bewusstsein existent“ und im andern „nicht unabhängig vom bewusstsein existent“. Die markierung selbst ist aber nur begründet auf einem als-ob, nur auf einer arbiträren rahmengebundenen annahme. Dies ist die grundannahme des radikalen fiktionalismus: es existiert nichts, was keine fiktion ist. Selbst die unterscheidung in fiktion und nicht-fiktion ist fiktion. Natürlich gibt es gute gründe anzunehmen, dass niemand auf einem besenstiel durch die luft reiten kann, es sei denn in seinem bewusstsein, oder im falle, das es sich um eine fiktionale entität handelt. Abgesehen davon, dass sich diese annahme nicht beweisen lässt, ist sie dem anschein nach unanfechtbar. Soweit sind wir durchaus in der lage uns die unterscheidung zwischen fiktion und nicht-fiktion nutzbar zu machen. Was aber geschieht in den fällen, in denen wir uns einer fiktion bedienen um einer nicht-fiktion beizukommen? Nennen wir diese fälle beispiele des realitätsübersprungs. Wir verlassen dabei die ebene der nicht-fiktion, erweitern den festen grund unter unseren füßen um ein stück fiktion und gelangen auf diesem zu einer größeren sicherheit im umgang mit der nicht-fiktion. Was kann uns der radikale fiktionalismus geben? Eine größere unvoreingenommenheit und beweglichkeit im hinblick auf unsere als notwendigkeiten markierten annahmen!

– Fiction is all that matters

(c) meta4

Veröffentlicht von

Tobias Reckermann

Schriftsteller Mitarbeiter bei Whitetrain