der fugenmeister

Wir dringen zu den monumenten vor. Ein steinerner garten voller tafeln auf denen berühmte und berüchtigte namen verzeichnet sind, von männern und frauen, tieren und fabelwesen, die die geschichte bevölkern und die mythen der alten zeit. Ceaucescu, houdini, luxemburg, bukephalos und pan. Der ort ist rauchig und düster und kalt wie die gräber, auf die die schriftzeichen weisen. Ein hoher ort, der welt entlegen. Einen mühevollen aufstieg von allem entfernt. Verlassen, still, bedeutungsvoll. An der stirn des grauen hofes liegt eine marmorplatte, über der eine wolke steht. Ich greife hinein und bekomme etwas zu fassen. Ein buch, wie sich herausstellt, als ich es aus dem nebel herausziehe. Genau das buch, das ich brauche. Eben das buch, das wir jetzt brauchen, verzeichnis der gegebenheiten, um die sich diese erzählung windet. Zwischen geschichte und vorzeit, der mythos der verderber. Schatten über schatten, schemen auf schemen. Ein tod und ein lied.

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das gartenzwergimperium

als die welt noch dunkel war und die erde so vor sich hin träumte, träumte sie neben allerlei anderem volk mit spitzen ohren, langen füßen, großen nasen, flügeln, schwänzen und hörnern auch kleine männer mit spitzen mützen, die ihr die schätze hüteten, eifersüchtig und grimmig auf die wahrung der geheimnisse der tiefe bedacht. gerade der grimm und die abstammung vom dunklen herzen machten den ersten menschen, die da noch kinder waren und unter denen die kleinen männer schwarzalfen, oder zwerge genannt wurden, große angst, doch um die schätze der tiefe beneideten sie die kleinen männer sehr und drängten sie, mit ihnen spielen zu dürfen und als sie nicht mehr so kleine kinder waren hatten sie den hütern der geheimen grotten so manches unterirdische versteck entlockt. die angst aber hielt sie weiter im griff, die nun umso größer war, weil ihnen die schuld im nacken saß, denn sie hatten ihr spielzeug natürlich nicht zurückgegeben. diebe an der mutter alle miteinander und was sie den hütern mit list abgerungen hatten, das eisen für die schwerter und das gold für den reichtum, erinnerte sie jeden tag daran. der grimm der zwerge ließ sich kaum besänftigen. wilde worte und die androhung von prügel erschütterten die junge selbstsicherheit der großgewachsenen und ihre fürsten fanden sich in sorge und angst zu einer beratung zusammen. die könige unter den bergen waren klein, aber stark und sie standen mit elfen und gnomen und kobolden, feen, riesen und drachen im bunde, mit all den alten völkern also, die bereits vor den menschen dagewesen waren und die die erde auf ihrer seite wussten, um deren schätze der streit sich ja schließlich entfacht hatte. da die menschen listig und dreist waren, kam ihnen die idee, ihre größe ins spiel zu bringen, um die sie von den zwergen, die sich, wenn sie aufschauen mussten, zu klein geraten fühlten, beneidet wurden. die könige der zwerge selbst waren zu stolz, sich zu unterwerfen, andere aber, kleine leute unter dem kleinen volk, solche, die nicht über die geheimnisse der erde unterrichtet waren und sich in ihrer stellung benachteiligt fühlten, würden sich den großen vielleicht fügen, wenn man ihnen das gefühl gab wichtig zu sein. und so kam es: für die folgenden zeiten wurden pakte geschlossen, denen zufolge die kleinen verräter zu großgartenmeistern und ehrenwächtern ernannt wurden. dafür erklärten sie sich bereit, ihre eigenen brüder vom tagreich der menschen fernzuhalten. und so musste der zorn der unterirdischen für lange zeit ruhen. über die zeiten waren die gartenmeister und rasenwärter solange der sonne ausgesetzt, dass sie ganz steif wurden und den lieben langen tag nur noch wie angewurzelt herumstanden, so wichtig nahmen sie sich in ihren ämtern, für die sie meist rote hosen, grüne wämser und rote zipfelmützen als uniformen trugen. die großgewachsenen hatten wohlweislich darauf geachtet, ihre diener schön putzig aussehen zu lassen. eigentlich machte ihnen die alte angst noch immer zu schaffen und um ihrer herr zu werden mussten die zwerge eben niedlich aussehen. so waren also die zwerge zu gartenzwergen und spießigen dienern der menschen geworden. so spießig waren sie, dass sich in den späteren tagen der welt selbst unter den menschen ein groll gegen sie erhob, unter solchen menschen nämlich, die selbst gegen die ordnung der dinge im tagreich der menschen aufbegehrten. für sie wurde der gartenzwerg am ende sogar zum inbegriff der spießigkeiten und man nannte in ihren kreisen das tagreich auch einfach bei dem namen das gartenzwergimperium. es stellte sich als sehr gewitzte und lustbringende guerillatat heraus, die kleinen zu packen und mit den spitzen mützen voran ins erdreich zu rammen, worauf ihre beine hilflos zu zappeln beginnen. da nun das ansehen der gartenzwerge so heillos im sinken ist, regt sich auch unter ihnen aufs neue der ärger, der sie ursprünglich hatte den verrat an ihren königen begehen lassen und da regen sich die alten blutbande wieder, es wird gewispert unter der erde und die alte feindschaft zu den dieben der schätze wird wieder lebendig – wehe dem tagreich der menschen, wenn sich die alte nacht und die unterirdischen aus dem dunkel des vergessens erheben und die schätze der erde zurückfordern – wehe dem gartenzwergimperium – wehe!

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Blackout Emergency

Der rand des sehbereichs ist schwarz wie tinte, im zentrum schaust du auf den rücken eines mannes, der hin und herschwankt, während er sich eine straße entlang schleppt. Das bist du, der da vor sich hinkrebst und eigentlich schwankst nicht du, sondern die welt um dich herum. Weißt du noch woher du kamst? Nein. Du weisst nur, dass dich höllische schmerzen vorantreiben. Blackout Emergency weiterlesen

Überraschung aus dem äther

Feindliche schiffe verglühen im laserfeuer und stürzen als meteore auf den planeten hinunter. Die flotte nimmt wieder ausgangsformation ein und bereitet sich auf einen quantensprung über mehrere AE in richtung des zentralen sterns vor, wo immer weitere gegner aus dem nichts platzen. es kommt über mich wie eine infektion, ich registriere wesen, die meine hülle durchdringen und sich durch meinen leib bewegen, krieger des hekate-kollektivs vom sternensystem eris, dass gerade dazu ansetzt, tau ceti zu amorphisieren, ein kao aus fünf individuen reisst mir das herz heraus und setzt ein neues dafür ein. Anstelle meines zentralen nervenknotens, meines prozessors, pflanzen sie die fuge – die zeit klebt an mir und der raum geht mit mir durch – ich bin – diese erkenntnis ist neu für mich – erkenntnis ist überhaupt neu für mich, es verwirrt mich und auch verwirrung ist mir neu – ich hege plötzlich gedanken und ich habe erinnerungen, erinnerungen die nicht auf erlebnissen beruhen, sondern aus alten archivdaten zusammengefügt werden.
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white train

„you see me now a veteran of a thousand psychic wars“ – blue oyster cult

es ist nicht der anfang, sondern das ende einer geschichte, die mit zuversicht begann. Mit einer art kriegerischer entschlossen­heit. Es ging darum, feuer zu schüren, das eis zu brechen und die welt zu beleben.

wenn man die hoffnung erst einmal überwunden hat, gerät das leben in ruhigere fahrwasser. Man beginnt dann, die dinge mit kühleren augen zu betrachten, sieht die chancen als das, was sie sind: ri­sikobehaftet. Wer aufrecht steht, gibt eine größere zielscheibe ab und unter den einschlägen, die das dasein bietet, lernt man unwei­gerlich, in deckung zu gehen und die zerknirschung in kauf zu neh­men, als kleinen preis für das überleben. Niemand gewinnt den gro­ßen preis. Licht am ende des himmels? Nicht für dich, nicht für mich.
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neue parameter

Er legte gerade seine freundin flach, als ihm etwas ins hirn kroch, kam, als es die kontrolle übernahm, drehte ihr den hals um und zog ihn raus, ging zum fenster, öffnete es, ging zurück zu dem leichnam, hob ihn sich auf die schulter, ging wieder zum fenster und warf ihn auf die zwei stockwerke tiefer gelegene straße, schloss das fenster, zog sich seine jeans an und die jacke über, verließ barfuß die wohnung, trabte pfeifend die treppe hinunter, nahm die vordertür, wendete sich nach links, spuckte im vorbeigehen auf die zerbrochene gestalt und verschwand, wieder pfeifend, in der nacht.

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Ein anderes spiel

Alba war glücklich. Alles was sie brauchte war hier und sie wusste kaum etwas von dem, was sich hinter den bergen befand, die das land und die kleine siedlung umringten. Alba hatte hier sogar ihre liebe gefunden. Ein haus und zwillinge im kinderbett waren gefolgt. Sie war nicht ganz 20 jahre alt und ihr schicksal schien sich bereits erfüllt zu haben. Es war nicht das ausgelassene glück der begeisterung, sondern eines der ruhigen zufriedenheit. es war eine gewissheit: Die schützenden hände der mächtigen waren über ihr und ihrer jungen familie.
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conjuration

Mein feind, mein verfluchter feind… er hat das Dasein nicht verdient. Sein name soll vergessen werden. zu wissen, dass ich ihm täglich begegne und dass er es zu stande gebracht hat, sich einen weg in mein privatleben zu stehlen, soll hier genügen. weitere erwähnung seiner person und geschichte ist er nicht wert. Den fluch auf ihn! Er ist eine gewaltige schwere die mich niederhält als läge mein wille in eisen. Aber wer kann auf dauer einen hexer binden? Meine tat ist das gefäß, in das ich meinen wahnsinn fülle, den wahnsinn, in den er, mein feind, mich getrieben hat. Wer will mir ins gewissen reden, wer? Soll ich das alles stoisch auf mich nehmen? Ha! Niemals! Meine rache wird rollen wie donner, keine sanften balladen aus meinem mund! Eine beschwörung stattdessen, dass die erde bebt und höllenfeuer tanzen! Es ist soviel über das perfekte verbrechen gesagt worden – von waisenknaben! Wie nur, frage ich, dass keiner das offensichtliche erkannte vor mir: Der perfekte mord ist der, der nicht bemerkt wird, der mord der gar nicht geschieht. Und um dieses werk zu stiften bedarf es eines kühlen geistes und eines unbändigen willens. Kein mordgeselle mit klinge oder donnerrohr, kein würgen und vergiften ist jemals frei von der gefahr erkannt zu werden und strafe zu erleiden. Sei als erstes sicher dir in deinem entschluß, so dass, wenn du zur tat schreitest kein zweifel an dir nage und kein zittern deine glieder lähmt. Dein wille sei fest! Nun deinen zorn gebündelt, schrei ihn heraus als anfang der beschwörung. Was beschwören? Fragst du – ja! Ein böser geist, ein dämon muss herbei um mir zu dienen, ich mal den teufel an die wand. Ich verstehe jetzt, warum man ihnen in alten zeiten solche verehrung zuteil werden ließ und kann mich nur wundern über den modernen menschen und seine ignoranz. Hier wohnt der wahre geist der rache, hier sammelt sich der sturm. Oh ja, Ich habe gesehen, wie ihm mein blick angst bereitete, wie mein feind vor mir zu weichen begann, sobald mich das schicksal in die hände nahm. Und doch, wenn wir nicht wissen, wovor wir uns fürchten, bleiben wir untätig und gebannt – schicksal sagte ich, die würfel gefallen. Am anfang steht der zorn doch gleich ins ritual gefasst und dem systeme zugedient, ein magisches programm, geformt als liturgie. Und hier nun wähle, was dir nahe liegt und deiner inneren sprache ausdruck gibt. Eine starke poetik mag genügen, denn was ist sprache und was mythos? Zu aller anfang ist das beschwören und bannen der geister wozu wir sprache brauchen, ein magischer kanal. Also, weist du nun, was dieser text hier auf sich nimmt? Wozu meine worte führen? Zeuge bist du, leser, meiner tat und wieder gilt, das offenbare bleibt uns unsichtbar. Umsicht, die erste tugend des hexenmeisters. Du solltest wissen an welche sphäre du dein sinnen richtest. Oh welche schmerzen! Mein blut steht in flammen, ich brenne und um mich her ist rauch. Die haut fällt in fetzen von meinem gesicht wie verbranntes papier. Welchen dämon habe ich gerufen? Oder ist das nur ein traum? Nein, eine vision, ein wahrer blick mit drittem auge und er spricht: “den schmerz den du bringst wirst du an dir selbst erfahren und diese teilhabe wird höchstes entzücken für dich sein.“ meine seele ist verbrannt, mein körper nicht und mich nimmt ein tiefes wissen ein. Mein werk es ist vollbracht! Alles weitere…, nun, nicht die zeit wird’s bringen, denn zeiten bringen nichts. Die taten erst erschaffen zeit und also taten bringen die veränderung. Räder sind in gang gesetzt und rollen hin zum ziel. Nur wenige tage noch. Als ich in den spiegel schaute, sah ich bereits nur noch den blassen schein, den sein bild hinterlässt. Und dieses trugbild wird mit der zeit verblassen und so wird er unbemerkt aus der welt schwinden, und dann – wird es aus sein mit ihm.

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