Wie johnny „gefahr“ liebe-ich auf den trickster traf

ich flog mitten durch eine phalanx von abfangschiffen, die diesen verhunzten planeten vor einer invasion der shreiks beschützen sollten. Nicht, dass es direkt nötig gewesen wäre, aber es hat schon spaß gemacht, den kleinen entenschwarm von raketen am heck und dann versteckspiel mit schrottigen satelliten als deckung. nette explosionen und rein in die atmosphäre. Dass mein fahrgast von der dreckskugel abhauen wollte war ziemlich verständlich. Ich griff ihn direkt von dem wolkenkratzer weg, den er als rendezvouspunkt angegeben hatte, ohne anzuhalten, einfach den traktor über das dach fegen lassen, einholen und weg. Die letzte rakete krachte hinter mir direkt in das gebäude. Tut mir leid, hab ich übersehen leute – nur falls da noch jemand drin war – aber ich hab den brummer nicht losgelassen. Das war eure planetare abwehr, beschwert euch bei euren bossen. Sieht für mich auch so aus, als ob es dafür mal allerhöchste zeit wäre.

Der auftrieb ist so ziemlich das beste, wenn der schwung aus der drehung einen mit dem antrieb im lehrlauf bis über die kritische zone hinausträgt -wooosh- und die abfangschiffe noch mit der heckbeleuchtung anblinken, damit die wissen, dass sie in den arsch getreten wurden. Dein großer bruder kann mich mal. Ich legte eine andere platte rein, etwas weniger speed, mehr surf und boogie für den abflug, ab hinab in die tinte des interstellaren transits. Dann stellte sich raus, dass mein fahrgast ein grünes bürschchen war. Nicht grün von geburt her, sondern weil ihm durch das manöver richtig schlecht geworden war. Blonde, halblange haare im 80er-look von der erde und dazu blassgrüne haut, sah echt wie warhol auf dem falschen trip aus. Ich hab ihm ein paar meds gegeben und er hat sich dann wieder erholt, ohne erst zu kotzen, wobei er mit der anti-g-liege auch nicht wirklich zurecht kam und sich eine zeit lang wie die prinzessin auf der erbse aufgeführt hat, solange bis die tranquilizer anfingen zu wirken. In der kanzel lege ich am liebsten die beine hoch, wenn nichts ansteht und schau einfach nur raus auf die sterne und nebel und das zeug was da noch so glitzert. Das ziel war derzeit nicht so weit weg, dass ein tiefschlaf unbedingt nötig gewesen wäre und ich unterhalte mich manchmal ganz gerne mit meinen klienten. Nur so um rauszukriegen, wen ich da durch die gegend karre.

Meine cowboystiefel waren noch nicht richtig eingelaufen und fingen irgendwann an zu drücken, davon bin ich dann wach geworden. Inzwischen lief wieder ein anderer sound, noch ruhiger, weil die bordmaschine alles auf schlummerzeit eingestellt hatte. Der junge hatte wieder farbe, obwohl er immer noch blass war, aber wahrscheinlich ist das halt sein normaler ton, und hatte sich dreist neben mich auf den copilotenstuhl gesetzt. Ihm stand der mund halb offen, wie er da den ausblick auf sich wirken ließ.
„zum ersten mal im all?“ hab ich ihn gefragt und der so „soweit ich weiß, ja.“
klugscheißer, dachte ich mir, aber wer ist das in dem alter nicht?
„hat dich deine mutter etwa echt auf dem drecksplanet zur welt gebracht?“
er schaute mich an, als ob ich das raumschiff gewesen wäre, dass ihn gerade in den schwanz gekniffen hätte, aber dann fing er zu lachen an und das eis war wohl gebrochen, weil er mir jetzt anfing alles mögliche von seiner heimatwelt zu erzählen. Wie sich herausstellte, wenn das mal stimmte, war der bengel dafür verantwortlich, dass es auf dem planeten so beschissen war. wie schon gesagt, wenn das mal stimmte, jedenfalls hatte er da bei seinen eltern gelebt, so einem zen-dämon, der sein daddy war und seinem kaligirl, der dazugehörigen mommy. Dann hat er die beiden wohl so auf die palme gebracht, mit seinem pubertären verhalten, dass sie sich gegenseitig in die wolle kriegten, dabei den halben planeten demolierten, wie eine hardcoreband ihren proberaum und jeder für sich noch dazu so viel von der bevölkerung gegeneinander aufgehetzt, dass es zu einem regelrechten weltkrieg kam. Der kleine tom, oder tim, oder was auch trixter hat dann noch versucht den macker raushängen zu lassen und sich zum diktator aufzuschwingen, weil die massen bis dahin aber doch irgendwie geschnallt haben, wer an dem ganzen fiasko die schuld hatte, haben sie ihm den stinker geigt und anscheinend gehörig angst eingejagt. Er hat dann nämlich als nächstes im nexus nach fluchtschiffen gesucht (wobei er noch irgendwelchen stress mit den shreiks anfing) und ist natürlich an erster stelle auf meine kombo gestoßen: fluchtschifftripledotorg – für jeden der so was braucht, nur am rande – und von dem konto von seiner mom den festgesetzten zaster überwiesen. Noch ein grund für die alte, sauer auf ihren balg zu sein, schätze ich mal. Und bam! War ich schon selbst in der story drin und hab timmy pronto abgewürgt, weil er jetzt anfing, praktisch alles nochmal von vorn zu erzählen und wie’s sich anhörte so, dass die geschichte noch abgefahrener ausgefallen wäre. Naja, ich mag ja lügengeschichten, aber ein bisschen lowfi und understatement tut der sache besser, als wenn der imp zu sehr vom leder zieht, finde ich jedenfalls, wobei, den meisten kollegen wär das wohl egal – aber mir nicht.

Jetzt kam es natürlich zu der frage, wo willste eigentlich hin, was willste da und was machste wenn deine altvorderen beschließen, dich nicht so einfach davon kommen zu lassen? Das wohin war zwar schon im auftrag enthalten, aber nur so ungefähr. Es stellte sich heraus, dass er auf am ziel, wobei es sich um ein megagroßes schiff handelte in einer ganz bestimmten gegend abgesetzt werden wollte, um da einen typen mit dem schrägen namen meister vergesslich zu treffen. Timmy hatte gehört, dass der wohl was drauf hatte, was sonst keiner kann, oder womit zumindest sonst niemand hausieren geht, nämlich vergessen auf spitzenniveau. Wozu das gut sein soll, darüber hab ich nicht erst nachgedacht. Die leute wollen echt die unwahrscheinlichsten sachen lernen und wenn’s nur darum ist, weil es gut auf dem portfolio aussieht, überhaupt irgendwas gelernt zu haben, wofür einem jemand noch einen schein ausstellt. Was wiederum nach hinten losgeht, weil man heute und gerade deswegen alles mögliche bescheinigt bekommt, aber egal. Also er wollte bei diesem typen ein praktikum machen, solange der noch auf dem systemschiff war, das übrigens |gefährlicher eintrittswinkel| hieß, was mir die ganze sache sofort sympatischer werden ließ, warum ich dann auch gleich mal geschaut habe, was über diesen meister v so in erfahrung zu bringen war. Und da stellte sich doch glatt heraus, dass ich genau den schon mal befördert hatte, irgendwo in der nähe des adlernebels, von einem kiosk hin zu seinem schiff. Ich kann mich nicht so gut erinnern, eigentlich gar nicht, wenn ich ehrlich bin, aber die bordintelligenzbestie lügt nicht, glaub ich jedenfalls. Es hat da ein paar momente gedauert, dann hat’s klick gemacht und ich musste voll anfangen zu lachen, weil ich mir dachte, klar, meister vergesslich hat auf mich abgefärbt als er bei mir an bord war. Und ich hatte schon befürchtet, dass es daran liegt, dass ich in letzter zeit öfter was vergesse, weil ich inzwischen schon über dreißig bin. Na ja, also er wollte da ein praktikum machen und ich so zu ihm: „willst du vorher noch was richtiges lernen?“ und er so „warum nicht, wenn es nicht zu harte arbeit ist“ und ich dann so „tze, die jungen leute von heute. Also was hältst du davon zu lernen wie man so ein ding hier steuert und wie man raketen ausweicht und haarscharf an schwarzen löchern vorbeifliegt, wie man planeten zum abbremsen benutzt und zum beschleunigen und noch ne menge mehr?“ ja und er dann so „das hört sich cool an“ und ich wieder so „dafür bist du hier solange für’s putzen verantwortlich und so zeug was halt auch gemacht werden muss.“ das hat ihm nicht so gut gefallen, aber er hat trotzdem ja gesagt. Also putzen konnte der nicht. Was er dafür voll drauf hatte, war fragen zu stellen, bei denen man sich echt blöd vorkommt und nachher merkt, dass man mehr gesagt hat, als den anderen eigentlich zu interessieren hat. Voll die kunst, so wie der es betrieben hat und auf jeden fall gruselig. Ich konnte mir nach ein paar wochen richtig gut vorstellen, wie er seine eltern gegeneinander aufgehetzt hat und alles andere, was er erzählt hat auch. Scheiße, ich muss echt sagen respekt, kleiner, hast es richtig drauf, leuten um den bart zu gehen. Wie er dabei geguckt hat war klar, das macht er aus purem eigennutz und ich war dann froh, dass an bord nicht noch jemand war. Die bordmaschine ist zu blöd um sich intrigieren zu lassen, aber wäre stattdessen eine frau oder so auf dem schiff gewesen, hätte es wahrscheinlich zeter und mordio gegeben. Als mir das alles klar wurde, habe ich den trixter einfach kaltgestellt. Wenn man kapitän eines schiffes ist, muss das ja irgendwelche vorteile haben, zum beispiel, leute auch ohne ihre einwilligung in den hyperschlaf zu versetzen. Meinen teil der praktikumsvereinbarung habe ich übrigens trotzdem erfüllt. Was er bis dahin nicht schon von mir gelernt hatte, habe ich ihm einfach per lernkassette ins ohr gedrückt, während er die nächsten paar lichtjahre schlief und obendrein noch ein paar weisheiten eines in die reife kommenden herren, darüber wie man sich besser verhalten sollte, wenn man bei leuten nicht den bloßen arsch in den wind hängen und trotzdem ein bisschen spaß und spannung im leben haben will. Ich hoffe, das hilft ihm mal irgendwann weiter. Er ist zwar irgendwie ein schleimbolzen, aber seine chaostour gefällt mir trotzdem.

So, ich habe tommytim trixy am ende der fahrt wohlbehalten als eis am stiel bei dem systemschiff abgesetzt. Die kohle hat gestimmt und auch wenn sonst nichts weiter aufregendes passiert ist in der zeit, hatte ich doch dieses angenehme bitzeln auf der zunge, dieses eindeutige gefühl, einer gefahr ins auge geschaut zu haben und ihr gerade rechtzeitig von der kante gehüpft zu sein. Alles in allem genau das gefühl, das ich von zeit zu zeit brauche, um nicht den eindruck zu bekommen, dass ich ein langweiliges leben führe. Es muss nicht immer ein kriegsgebiet sein, auch nicht unbedingt eine supernova, manchmal reicht auch die begegnung mit einem grünen bürschchen, das aussieht wie warhol auf dem falschen trip. Seine eltern sind bestimmt einfach nur froh, ihn los zu sein, aber ich schätze, von dem wird man zwischen hier und dem anderen ende des milky way noch das eine oder andere zu hören bekommen.

Also, wer das hier liest – !!! auf meiner seite fluchtschifftripledotorg !!! – der weiß, vor wem er sich zu hüten hat, beziehungsweise, wem in den arsch zu treten lohnt. Gehabt euch wohl – vaja con dios compadres, oder mit demones, wem’s beliebt. Euer johnny fliegt jetzt mal nach algol prime, da soll’s einen tollen diner geben. Bis dann und wenn ihr ein fluchtschiff braucht, dann funkt mich an!!!

(c) venom&claw

Hekaton masters

einerseits: hekaton masters hätte ein zauberer sein können, wusste sich aber zu beherrschen. Er zauberte zwar häufig, aber nur hinter der maske eines lächelns, subvokalisierend, oder hinter dem rücken gestikulierend. Einem heckenschützen gleich aus der ferne, immer so, dass seine zauberei nicht gesehen, dass der zauber selbst unbemerkt blieb und das aus einem einfachen grund: Hekaton wusste, dass zauberei, die man sehen konnte immer wie ein billiger trick wirkte, dass zauberei, wenn sie gesehen wurde, keine zauberei war. Kurz, er wusste, dass es keine zauberei gab, denn wie könnte es etwas wie zauberei geben, wenn man sie nicht sehen konnte. Das offensichtliche muss unsichtbar bleiben, wusste hekaton, nämlich, dass die welt von magie erfüllt ist, wusste, dass zauberei, die beobachtet wird, ihre macht verliert, wusste, dass der eigentliche trick bei der zauberei darin besteht, den zuschauer in dem glauben zu lassen, dass es keine zauberei gäbe. Somit war hekaton also kein zauberer, denn wer sich nur selbst zaubern weiß, muss einem irrglauben aufsitzen. Wer sich für einen zauberer hält und mit dieser ansicht ganz allein ist, ist eindeutig verrückt.

Andererseits: Hekaton masters war ein zauberer. Das folgt daraus, dass er selbst von seiner zauberkraft völlig überzeugt war und das ist die wichtigste voraussetzung für einen zauberer. Die zweite voraussetzung: Ein zauberer darf sich nicht scheuen, verrückt zu sein. Hekaton war ein zauberer und er zauberte oft. Sein wirken veränderte die welt an jedem tag, rein auf der grundlage seines unbeugsamen willens, ein zauberer zu sein.

Hekaton war sich der paradoxie bewusst, er liebte sie, umarmte sie und nutzte sie bei jeder gelegenheit. Er wusste, dass zauberei paradox ist, dass zauberei, die nicht paradox ist, keine zauberei ist und sah keinerlei problem darin, gleichzeitig ein zauberer und kein zauberer zu sein.

Natürlich war hekaton masters nicht nur das, sondern auch noch vieles anderes.

(c) venom&claw

der trommler

ein altes mädchen, für jene die sie besser kannten hieß sie gerta, für alle anderen frau struwe, wohnte in einer mittelgroßen stadt seit etwas über vierzig jahren in einem mehrparteien haus. sie war allein, seit ihr mann, den sie immer für einen liebenswerten nichtsnutz gehalten hatte vor einigen jahren am schlag gestorben war. Gertas welt war gut sortiert. Sie wusste was anstand war und hielt ihre wohnung sehr sauber, ging regelmäßigen dingen nach und achtete sehr darauf, dass alles seine ordnung hatte. Von allen die in dem haus wohnten, war sie am längsten da. In all der zeit waren manche nachbarn gestorben, viele waren ausgezogen, immer wieder gab es neue mieter, über oder unter ihr, oder nebenan. Ein mehr oder weniger ständiges kommen und gehen. Gerta war inzwischen nicht mehr gewillt sich all die gesichter zu merken, es war überhaupt eine vergebliche mühe sich immer wieder neu vorzustellen, immer wieder so zu tun, als ob man erfreut wäre den neuen im haus kennen zu lernen, wo der, oder die doch ohnehin bald wieder weg und bis dahin wahrscheinlich eher ein ärgernis sein würde. All diese gesichter verwischten zu schatten, zu schnell um genau hin zu sehen. Aber eines ließ sich gerta nicht nehmen, dafür machte es ihr in gewisser weise einfach zu viel spaß und spaß gab es in ihrem leben nicht häufig. Wenn so ein pinsel von nachbar sich einbildete laut sein zu dürfen, dreck machen zu können, oder sich sonst wie unanständig zu benehmen – gerta wartete eigentlich nur darauf, denn früher oder später taten das die allermeisten – ging sie zu ihm und bläute ihm ein was sich gehörte.

Zum beispiel dieses laute bumpern aus der wohnung über ihr. Der kerl war gerade erst eingezogen und schon machte er so viel lärm, dass sie es in den eigenen vier wänden hören konnte. Wahrscheinlich nannte er das noch musik. Also war es einmal wieder soweit. Gerta machte sich auf den weg, die treppe hinauf, wobei ihr die knie schon ziemlich weh taten, das wurde nicht besser mit der zeit. Oben angekommen drückte sie die klingel, einmal, zweimal. Das könnte auch schneller gehen, dachte sie sich. Sie hatte den mann bisher nicht gesehen, oder vielleicht war er auch einfach an ihr vorbei gerauscht, aber erwartet hatte sie nichts anderes. Ungekämmte haare, eine hose und einen pulli die viel zu groß waren, aus der wohnung kam ein schwerer geruch und das gebumper war noch lauter, weil er es natürlich einfach hatte laufen lassen, als er an die tür gegangen war. Gerta wollte gar nicht zu genau hinsehen, sie wusste ja sowieso, was sie vor sich hatte, nämlich einen störenfried und die waren letztlich doch alle gleich. Sie hob die stimme an und legte los, kurz und bündig, von oben herab und distanziert, mit genau der richtigen sorte empörung, wie sie fand. Ihr mann, dieser waschlappen hatte das nie gekonnt, aber für sie war das ein kinderspiel. Sie war schon soweit, sich empört umzudrehen um wiedernach unten zu gehen, da hob dieser kerl die arme und machte irgendetwas mit den händen. Gerta fühlte wie plötzlich eine schwäche über sie kam, so als bliebe ihr der atem weg, oder als ob ihr das herz aussetzte. Ihr wurde für einen moment schwarz vor den augen. Als sie wieder richtig sehen konnte, hielt der flegel eine flamme in der rechten hand, die sah irgendwie kränklich und blass aus. Gerta war bestürzt. Er hatte gar nichts, womit das feuer zu erklären war, kein feuerzeug, kein streichholz, die flamme schwebte einfach über seinen fingern, die sich an den spitzen berührten und dann führte er sie an seinen mund, sperrte ihn auf und schluckte die flamme einfach herunter. Weg war sie. Und jetzt grinste er frech. Gerta blieb der mund offen stehen und ihre augen wurden ganz groß als der mann vor ihr sich einfach aufzulösen schien, durchsichtig wurde, farblos und mit einem mal verschwand. Durch die offene tür sah sie eine völlig leere wohnung vor sich. Da war nichts drin, kein geruch kam da heraus und auch kein geräusch. Einfach nichts. Die wohnung war ja noch gar nicht bezogen worden. Die neuen mieter würden erst in zwei wochen einziehen. Gerta runzelte die stirn. Sie kam sich etwas dumm vor und dachte sich, dass sie mit dem alter vielleicht wunderlich wurde. Sie fühlte sich wirklich schwach. Ihr kopf musste für den augenblick ausgesetzt haben. Sie saß in ihrem sessel und stellte fest, dass der tee kalt geworden war. Es war doch gerade erst mittag gewesen und jetzt wurde es draußen schon dunkel. Sie musste eingeschlafen sein und hatte schlecht geträumt. Gerta beschloss sich bald einen termin bei ihrem hausarzt geben zu lassen. Vielleicht morgen, wenn sie eh zum einkaufen aus dem haus gehen musste.

In der nacht hatte sie einen ganz seltsamen traum. Ihre wohnung sah komisch aus. Überall lagen da teppiche, die sie nicht kannte, an den wänden hingen bilder die ihr angst machten. Es gab keine stühle und auch keinen tisch, nur solche kissen und vor ihr lag ein silbernes tablett mit so einem ding darauf, dass sie erst nicht erkannte, aber dann wusste sie plötzlich dass es eine pfeife mit einem sehr langen mundstück war und dass sie daran gezogen und diesen schweren rauch eingeatmet hatte, wegen dem es in dem zimmer so absonderlich roch. Sie war in der wohnung nicht allein, wusste sie, da war noch jemand, aber wer, dass viel ihr nicht mehr ein. Die person lebte auch hier und hatte alle dieser bilder an die wände gehängt, die sich jetzt zu bewegen anfingen. Lauter gesichter, die auf sie herab blickten. Gerta tat so , als ob sie nichts bemerkt hätte und schaute so auf dem teppich unter ihr hin und herg, als ob sie etwas suchte, da kam dieser jemand ins zimmer und hatte lachte ganz böse. Und davon wachte sie auf. Es war noch dunkel, aber sie stand trotzdem auf und ging in die küche um sich einen tee zu machen. Gerta zitterte, der traum hatte ihr schreckliche angst gemacht. Albträume kamen in ihrem leben nicht vor, nicht mehr seit sie ein kleines mädchen gewesen war. Für gewöhnlich hielt sie in ihren träumen die wohnung sauber, sortierte die vorräte im schrank in der küche oder entstaubte ihre glasfigurensammlung. Gerta brauchte lange um zur ruhe zu kommen. Da war es dann schon hell und sie rief bei ihrem hausarzt an.

Der arzt untersuchte sie gründlich und empfahl ihr weniger tierisches eiweiß zu sich zu nehmen und spät am abend nur noch beruhigungstee ohne zucker zu trinken. Ansonsten, meinte er, sei alles in ordnung und albträume kämen nun mal vor. Gerta fühlte sich beruhigt. Sie ging einkaufen, in der innenstadt. Ihre rolltasche war schon voll mit lebensmitteln und dingen von der apotheke, als sie beschloss, sich noch nach ein paar kleidungsstücken umzusehen. Die üblichen läden, die gewohnte auswahl, sie wusste was sie suchte. Dann stand sie in einem kaufhaus an einer auswahl von wintersachen für ältere damen, als etwas über sie kam. Es kam aus dem bauch, es stieg in ihrer kehle aufwärts, alles prickelte und ihre hände und knie zitterten und dann platzte es einfach so aus ihr heraus. Es war ein schrei, sehr laut und sehr schrill. Sie konnte gar nicht damit aufhören, immer wieder schnappte sie nach luft und schrie und schrie, ließ dabei ihre tasche fallen und fuchtelte mit den armen, bis ein paar leute kamen, die sie packten und dann bekam sie nichts mehr so richtig mit, wusste nur, dass sie irgendwann zu schreien aufgehört hatte und sich schließlich völlig verdutzt in der fussgängerzone wiederfand. Sie hatte ihre tasche bei sich, es war alles da, auch ihr geldbeutel und die brieftasche mit ihrem busfahrschein. Es erschien ihr sehr unwahrscheinlich, dass das eben wirklich passiert war. Das musste wieder so ein aussetzer von ihrem gehirn gewesen sein. Sie war doch gerade erst bei dem arzt herausgekommen und hatte ein paar sachen eingekauft. Ihr kopf brummte ganz schrecklich als gerta sich auf den weg zur bushaltestelle machte. Von dem was um sie herum vorging nahm sie wenig war. Da war nur so ein geruch, der ihr in die nase stieg und der angenehm auf sie wirkte. Ihre füße folgten diesem geruch, führten sie an irgendeinen ort, an dem sie irgendetwas kaufte, sie nahm den bus, ging nach hause, in ihre wohnung, machte die tür zu und legte sich sofort in ihr bett um zu schlafen.

Dieser traum war noch seltsamer. Da war dieser mann wieder, der mit ihr in der wohnung wohnte, wieder diese wohnung, die nicht wirklich ihre wohnung war, wieder diese pfeife und der schwere rauch und so ein bumpern. Sie suchte überall danach wo dieses bumpern herkam, bis sie den mann fand, der auf eine trommel schlug, immer wieder drauf schlug und die gesichter aus den bildern kamen wie rauchfahnen aus den rahmen heraus und wirbelten um sie her und fragten sie, ob ihr herz den keine musik mache. Als gerta die augen aufschlug, stellte sie fest, dass ihr ganzes zimmer voller rauch war, der fett und schwer roch und von solchen räucherstäbchen herkam, die sie überall in der wohnung angezündet hatte, sie stellte auch fest, dass sie zwei teile von ihrem zerbrochenen besenstiel in der hand hielt und dass sie damit wie eine völlig verrückte auf alles einschlug, was in ihrer nähe war und dabei wie angestochen durch alle zimmer hetzte. Boden, wände, heizkörper, schränke, geschirr, türrahmen, fenster, sie hämmerte auf alles ein, in immer gleichen abständen, links rechts, links links rechts, links rechts rechts links und dazu stampfte sie auch noch auf den boden und ruinierte das laminat und ihre ganze schöne einrichtung ging zu bruch und die glasfigurensammlung tanzte in scherben um sie her. Und dann zerriss etwas in ihrem gehirn.

Die alte frau löste sich auf, wurde durchsichtig, fablos und verflog wie eine fahne rauch und mit ihr ihre möbel und der ganze rest ihrer wohnung und machte einer anderen einrichtung platz. Da lagen teppiche und kissen auf dem boden und bilder hingen an den wänden. laternen verbreiteten vielfarbiges licht. Ein trommelrhythmus sorgte dafür, dass sich alles zu bewegen schien. ein junger mann lag ausgestreckt in der mitte des zimmers, wippte mit den füßen, mit geschlossenen augen und einem lächeln auf den lippen.

(c) venom&claw

das knusperhäuschen

„Mach mal deinen popo frei, dickerchen.“ dickerchen grinst breit und gluckst, zieht die hosen runter und lässt sich von rapunzel mit ihrer haarpeitsche den allerwertesten versohlen. Der kunde hat auch aschenputtel für den abend gemietet, die auf dem bänkchen am fenster sitzt, sich an ihren nippeln rumspielt und den beiden zuschaut. Weiter vorne, auf der anderen seite einer der spanischen wände, die den hauptraum des bordells zum knusperhäuschen in intimbereiche aufteilen, tanzt eine junge frau, gerade mal achtzehn, auf einem tisch im negliché, ansonsten nackt, schwingt die hüften und hält die enden ihres kleidchens so, dass die gäste, die um den tisch herum sitzen sterntaler hineinwerfen können. Je mehr davon, desto höher zieht sie den stoff und desto mehr wird von ihrer rasierten muschi sichtbar, was die herren zum schwitzen bringt. In einem anderen separée liegt dornröschen zwischen roten rosen und tut so, als ob sie schläft, während sie darauf wartet, dass der kunde, der für sein erstes mal hier her gekommen ist und sich als prinz verkleidet hat den mut aufbringt sie zu küssen. Ein abteil weiter hat sich schneewittchen für den besuch von sieben kleinwüchsigen typen vorbereitet und die puffmutter, frau holle schüttelt kräftig kissen auf, um ihr zu klein geratenes bett mit federn zu überhäufen. Irgendwoanders stöhnt die prinzessin auf der erbse zum vergnügen ihres freiers mit der leicht sadistischen ader, rotkäppchen schreit beim hardcoresex mit dem mann, der sich für den bösen wolf hält und ganz hinten, am ausgang befriedigt das mädchen mit den schwefelhölzern einen nekrophilen. Für die ganz harten kerle steckt die böse hexe auch schon mal den kopf in den glühenden ofen, während sie sie einer nach dem andern von hinten ran nehmen. All die großen und kleinen helden, prinzen, könige und tapferen schneiderlein sind sich darin einig: der weg in den finstern wald lohnt sich jedes mal aufs neue, denn dem sexuellen einfallsreichtum sind hier, soweit draußen im märchenland, wirklich gar keine grenzen gesetzt.

(c) venom&claw

Der teufel in der erde

blitzreiter stürmen über den himmel, zwischen rostroten wolkenhäuptern. Die nacht ist von ihrem kriegsschrei erfüllt und von dem donnern ihrer speere. Die sterne dazwischen flackern wie ungewisse lebenslichter. Der abgrund klafft in schwärze, tosend, ächzend, stöhnend vor bewegung. Es ist ein wankender gang, wie auf altersschwachen dielen, trunken von schwerkraft.

das erste woran ich mich erinnere ist ein gewirr dunkler äste, sich nach außen verzweigend und verjüngend, als wüchsen sie aus mir selbst heraus. Dazwischen hängen matte lichtflecken, die schwach pulsieren wie müde herzen. Mein totem lugt hinter einem büschel blätter hervor, blinkt mit seinen gelben augen, wispert meinen namen. Ayk, hargen und marad, drei unserer ahnen werden mich führen. Ich erkenne den stamm des baumes hinter dem geflecht der Äste, sich in die tiefe des himmels verjüngend bis zu der größten der leuchtenden kugeln. Eine welt, meine welt. Ich schwebe in der krone des großen ahnvaterbaumes, umgeben von den totems und den ahnen meines klans. Ich bin neu geboren und bereit auf den grund zurück zu kehren um den schattenschürern entgegen zu treten. Meine seele, mein geist, meine essenz steigt hinab, langsam, wie ein fallendes blatt. Die welt nimmt mich entgegen, als ein fortwährendes versprechen.

Im fortwährenden abstieg sprechen die ahnen.

In dieser nacht war etwas hindurch gekommen. Zwei wächter lagen am fuße des hügels, beide mit geschwärzter haut, verwitterten gliedern und vom schrecken geplatzten augen. Es war keine zeit um den rat der ältesten zu verständigen, also entzündete ich das signalfeuer und schlug die große trommel um den klan zu alarmieren und begab mich gleich danach auf die spur, die von dem ort hin zum nahe gelegenen wald führte und hindurch. Drei tage später, am jenseitigen rand des waldes sahen meine augen land, dass sie lange nicht mehr gesehen und das meine füße nie betreten hatten. Ein hang führte mich abwärts zu einem fluss. Die spur verlor sich hier in den kalten wassern, die von norden herabkamen und ich entschied mich ihnen entlang ihres laufes zu folgen bis ich auf eine ansiedlung stoßen würde, die früher oder später gewiss auf dem weg liegen würde. Wenn mich mein gespür in die richtige richtung gewiesen hatte, würde ich die spur dort wieder aufnehmen können. Das dorf das ich schließlich fand war zum überdauern angelegt worden. Steinerne bauten, befestigte straßen nach art der südlichen völker. Die ruinen würden noch lange davon zeugen, dass hier menschen gelebt hatten. Der wahnsinn der hier einzug gehalten hatte, hatte alle gebäude im feuer verzehrt und die einwohner mit aufgeschlitzten bäuchen und im streit ineinander verbissenen zähnen, mit zu schauerlichen klauen an kehlen und abscheulichen im tode wie in wachs gefangenen fratzen hinter sich gelassen. Blutige fußabdrücke zeichneten einen pfad, der weiter nach süden verlief. Ich hielt mich nicht an diesem ort auf, schulterte nach einem moment des ausruhens erneut meine waffen und setzte den weg fort. Ich bin hargen, bin ein jäger meines klans, ich jage das was zu jagen ich geschworen habe, ein altes böses, das aus der erde kommt. Es ist älter als menschengedenken und sein ursprung liegt anderswo, weit entfernt von dieser ebene. Die blutigen füße zeichnen eine gerade linie, der zu folgen mir leichter fällt, als dem geruch nach wahnsinn, der mich bis zu dem verfluchten dorf geführt hat. Das was hindurch gekommen ist hat jetzt einen leib unter seiner kontrolle, den leib eines seiner opfer, eines menschen. Der teufel in der erde. Hat er überhaupt an all die gedacht, deren leben er zerstört hat? Die alten sagen, dass er keinen vergleich im menschlichen findet, dass unsere worte dem trachten das ihn bewegt keinen ausdruck verleihen können. Das tiefe entzieht sich der oberfläche des bewusstseins. Hargen, hör auf darüber nach zu denken, sonst wird dich seine gehörnte zunge in den wahnsinn hinab ziehen. Alles drängt zur unbedingten gegenwart. Ich befinde mich hunderte meilen weiter südlich, habe weitere dörfer und ganze städte brennen sehen. Aus den fußabdrücken eines einzelnen sind die von vielen geworden und sie weisen nicht länger nur in eine richtung. Mein versagen lastet schwer auf mir, als ich beschließe inne zu halten und auf meine brüder zu warten. Die aufgabe ist nicht mehr von einem allein zu bewältigen. Ich warte drei tage, bis der wind von norden her worte an mein ohr trägt, die meiner sprache entstammen. Ernst und entschlossenheit. Zwölf ist unsere zahl.

Ich kenne den rest der geschichte, die legende vom teufel mit den blutroten stiefeln, von seinen anhängern, die sich die haut von den füßen schälten um ihm nachzufolgen und die tod und vernichtung in die welt trugen. Die saga von den zwölf kriegern die auszogen und jeder für sich ein leben des kampfes führten und dafür starben die saat des bösen aus der welt zu tilgen. Erst ein versagen führt dazu, dass heldentum entstehen kann. Das war die graue zeit, von der an unseren feuern oft erzählt wird, aber es ist anders, wenn man nicht nur davon hört, sondern es durch die erinnerungen eines anderen selbst erlebt, es durch die augen eines anderen sieht.

wer sind wir eigentlich, uns zu wächtern über etwas zu erklären, das älter und mächtiger ist als wir? Außerdem scheint es nicht sehr an uns interessiert zu sein. Eine generation nach der anderen bewacht dieses loch in der erde, ohne das jemals etwas heraus gekommen wäre, abgesehen von diesem schwarzen dunst. Ein leben voller vorbereitung, für nichts, dafür, schwarzen dunstschleiern dabei zu zuschauen, wie sie durch die feinsten spalten in der abdeckung kriechen und über unsere versuche lachen, sie daran zu hindern. Was kann ein kämpfer schon gegen dunst ausrichten? Die riten, die fetische, die beschwörungen versagen allesamt im richtigen augenblick. Es ist der sechste tag seiner wache. Ayk vollendet eine weitere runde um das plateau, seinen speer geschultert, gegen die kälte des späten jahres in pelz und festes tuch gehüllt. Er trägt keine fackel bei sich um den blick für die dunkelheit nicht zu verlieren. Er kennt diesen ort besser als sein eigenes herz. Hier haben seine urväter die erste wache gehalten, hier haben seine vorfahren gelebt und haben jedem stein einen namen gegeben. Er sieht die treibenden schleier an sich vorbeiziehen und schaut jeden von ihnen an wie einen gegner, den er mit dem langen messer in seiner hand niederstechen kann. Natürlich kann er das nicht, die schleier sind nur böse gedanken hinter denen sich das große alte böse verbirgt. ein gewand der stille. aber du weißt ja wie drachen sind, sie müssen nicht anwesend sein um schrecken zu verbreiten. Ich sehe euch und ihr seht mich. Hier bin ich, hier. Glaubt nicht, dass ihr mich ignorieren könnt, ich finde euch, überall. Euer meister mag ja ein gott sein, aber ihr seid nur die kerzen in seinem schrein. Rauch ist alles was von euch bleibt. Schritte wie im traum, das plateau ist ein traum und genauso trügerisch. Ayk findet sich am rande eines tümpels wieder, der nicht hierher gehört. Die umgebung hat sich verändert. Kein hohes gelände, sondern eine weite senke, die mit borstigem gras bewachsen ist, in dem sich der nebel wie in spinnenweben selbst gefangen hat. Er schaut an seinen armen hinab und liest die brandzeichen um sich seiner selbst zu vergewissern. Die stille ist angefüllt mit den wirren wilder gedanken. Das hier ist das land wie es noch vor uns gewesen ist. Das land der drachen. Das land das rumor durchstreifte und das von feuer und eis heimgesucht wurde. Der teich ist angefüllt wie die stille. Er brennt tief unter seinem krausen spiegel. Hier liegt der quell der geheimnisse, hier hat der ahnvaterbaum seine wurzeln geschlagen und der grüne mann hat hier zu uns gesprochen. Wir sind die hüter dieses ortes, seine wächter, aber ich stehe ihm machtlos gegenüber. Ich muss zurück auf das plateau. Ich stehe auf der schwelle, habe mich nicht bewegt. Ich bin verloren im eigenen schatten. ayk starrt auf die schwarzen schwaden, die ihn eingekreist haben. vor seinen füßen muss immer noch der tümpel liegen und da hinein zu fallen wäre der tod. er geht etwas in die knie um den schwerpunkt zu senken. die nähe zur erde gibt sicherheit wenn einem der kopf schwirrt. etwas rotes taucht aus den schatten. zwei rote flecken auf bodenhöhe. zwei tiefrote stiefel mit scharfer spitze und hohem schaft treten deutlich hervor, auf ihn gerichtet. alles oberhalb der stiefel bleibt schwarz in schwarz, gibt keine gestalt preis. beinahe hätte ich meine waffen fallen gelassen, wäre schreiend davon gelaufen und hätte mich bereitwillig in irgendeinen abgrund geworfen. alles besser als einem schattenschürer ausgeliefert zu sein. aber ich stand ja nach wie vor auf dem plateau und diese art von wahnsinn war genau das worauf ich und die anderen so lange vorbereitet wurden. ich richtete mich auf, schloss die augen und setze einen fuß voran.

auf rumors fährte gelangten wir sicher über das vereiste land, es gab ausreichend nahrung, entgegen aller furcht, die uns auf dem weg begleitet hatte. In diese richtung zu gehen schien mit einem mal doch eine gute entscheidung gewesen zu sein, denn wir fanden ein land, das grün und mild da lag, voller leben war es und wenn auch nicht das, was unsere traumzeit uns zeigte, so doch mehr als wir brauchten. einen halben sommer lang stiegen unsere herzen und trafen wir auf nichts, dass uns bedrängt hätte. und doch, die furcht lastet schwer wenn sie einmal den weg in die herzen gefunden hat. wir behielten alle vorsicht bei und unternahmen lange streifzüge durch das land um uns mit ihm vertraut zu machen und all seine namen zu lernen, bevor wir auf sie angewiesen sein würden, wenn der winter uns doch noch einholte. ich war auf einem streifzug mit vier anderen, als sich uns auf einem hügelkamm der blick auf eine weite senke und auf ein darin liegendes kleines plateau freigab. am rande des felsens wuchs ein großer baum, dessen wurzeln ihn in ihren festen griff zu nehmen begonnen hatten und dessen obere hauptäste sich wie arme entlang der steil aufragenden wand ausstreckten. der anblick auf das in der senke völlig freistehende seltsame paar ließ uns einige zeit still verweilen. suro, einer meiner gefährten sprach schließlich mit ehrfürchtig gesenkter stimme zu mir: „marad, spürst du auch den hauch des schicksals von diesem ort herüberwehen? mir ist als ob dort das ziel unseres weges liegt.“ der hauch den er meinte war mir deutlich bewusst. er ging mir durch und durch und als ich in die gesichter der anderen schaute, sah ich in ihren blicken die selbe ehrfurcht. eine zwiespälltige aura ging von dem ort aus, bedrohung und bosheit und zugleich stärke und leben, beides wollte nicht in eins gehen und als wir am ende des tages am fuße des felsens und des großen baumes anlangten erkannten wir, dass ersteres von dem ort selbst, letzteres aber von dem gewaltigen wesen ausging, dass sich offensichtlich anschickte den felsen in den griff zu bekommen. für die nacht machten wir unser lager unter dem ausladenden blätterdach, drei von uns blieben dort, während ich zusammen mit suro das letzte tageslich nutzte um auf das plateau zu steigen. ich wollte es mir eigentlich nur ansehen um sicher zu gehen, dass uns von dort keine unmittelbare gefahr drohte, fühlte mich aber auf eigenartige weise auch von dem baum dorthin gewiesen. das gefühl der bedrohung wuchs mit jedem schritt hinauf, ohne sich zu erklären, ohne greifbar zu werden, aber als wir das plateau erreichten lag es da wie ein roter faden dem wir zu folgen hatten. es führte uns bis zum dem eingang einer höhle, der sich erst aus wenigen schritten entfernung offenbarte. wir schauten uns an, hielten einen moment lang den blick des anderen fest. nach unzähligen gemeinsamen jagzügen brauchte es keine worte um unser handeln abzustimmen. suro blieb am eingang zurück, während ich eine flamme entzündete und mit ihr den dunklen schlund betrat. Zuerst nur ein schartiger spalt, öffnete sich nach wenigen schritten eine höhle, in deren mitte ein breiter schacht klaffte, an dessen rand grobe, natürliche stufen hinab führten. Da sonst nichts in der höhle zu finden war und das gefühl der abgründigkeit mich lockte, stieg ich hinunter. Je weiter ich ging, desto stärker erfasste mich ein sog und mir blieb nur ihm zu folgen, obwohl er nur auf meinen geist einwirkte und nicht auf meinen körper. Ich erreichte die sohle und ging sofort auf die knie um nicht vornüber in das gezogen zu werden, was sich inmitten der kaverne befand. Ein kreisrunder teich aus schwärze. Langsam, vorsichtig schob ich meinen kopf über den rand, es war kein wasser darin, nur finsternis und darin wie schwimmend schimmernde lichpunkte von klarem weiß. Es war ein blick in die unermessliche tiefe des nachthimmels inmitten der erde, von unheil und dunklem trachten erfüllt. Ich spürte, wie mich etwas aus dem was vor meinen augen lag heraus beobachtete, das zugleich unendlich weit entfernt und gefährlich nahe zu sein schien. Ich zog meinen kopf zurück um seiner aufmerksamkeit zu entgehen. Die angst zwang mich dazu. Lähmende furcht. Ich presste mich auf den boden, um nicht den halt zu verlieren, nicht in das loch zu stürzen, das zu den sternen führte. Mit einem mal war die luft in der höhle wie giftiger rauch, der mich betäubte. Ich kroch rückwärts, bis meine füße an die unterste stufe stießen und der schrecken scheuchte meine glieder auf, so dass ich aufsprang und ohne mich umzusehen die flucht ergriff. Erst als ich unter freiem himmel neben suro von dem zugang mich entfernte, blickte ich dorthin zurück und mir war, als ob mich aus der dunkelheit heraus der tod selbst im auge hielt. Auch mein freund hatte etwas gespürt, hatte seine waffen zur hand und drängte ebenso wie ich von dem eingang fort. Wir beide hielten erst inne, als wir den rand des plateaus erreichten und freie sicht auf das dichte blätterdach des baumes hatten. Suro sah mich fragend an, aber ich schüttelte nur den kopf und senkte die augen. Ich wusste um das ende der welt. Das grauen kam von den sternen und unter der macht die ich gespürt hatte sank mein herz. Ich zwang meine tränen mit mühen zurück, aber in diesem moment schien mir alles ohne hoffnung, schien mir alle zukunft verloren. Im zwielicht stiegen wir zum lager hinab. Im schutze des baumes fühlte ich mich besser, aber ich schärfte allen ein, auf ihrer wache größte vorsicht zu üben. Der schrecken muss noch in meinen augen gestanden haben, ich fühlte mich unendlich schwach und auch das muss man mir angesehen haben, denn suro befahl mir, mich gleich nahe am stamm des baumes schlafen zu legen und er blieb bei mir, als ich meine augen schloss. Der übergang war ganz plötzlich. Ich schloss nur die augen und sah mich sofort in die welt der geister versetzt.

Die worte des grünen mannes, der marad in der traumzeit begegnete sind jedem von uns in die wiege gelegt worden. Marad, der jäger sieht anstelle des großen baumes einen riesen aus grünem licht. Er ist die quelle der geborgenheit, das wesen, dass den ahnvaterbaum pflanzte. Er schaut marad an und seine stimme ist wie das rascheln von laub im frühling: „der den du gesehen hast wird kommen um diese welt ins unheil zu treiben. Sein herold wird ihm vorangehen. Einmal wird er einem aus deinem volk erscheinen und ein anderes mal wird er auf dieser ebene gestalt annehmen und auch wenn ihr ihn bezwingen könnt, könnt ihr ihn doch nicht wieder in die äußere finsternis vertreiben. Er wird die ankunft seines meisters verkünden, der in eurer welt xhulhu genannt werden wird und der einer der dunklen herren der schöpfung ist. Sie sind nicht böse, tun eben nur das was sie tun. was das entstehen ermöglicht erzwingt auch das vergehen. Aber das verderben muss nicht über euch kommen. Den wächter den ich gepflanzt habe müsst ihr zu eurem wohle ehren und pflegen, denn er kann euch alles lehren, was euch im kampf gegen xhulhu zu helfen vermag.“

Im großen langhaus ist die luft fett von rauch und schweiß. Alle sind hier zusammen gekommen, dicht aneinander gedrängt, alle geister der toten unseres klan. der ahnvaterbaum steht längst nicht mehr, allein in der erinnerung ist er lebendig und mächtig wie in der alten zeit und trägt noch immer seinen mantel aus dickfleischigen dunkelgrünen blättern. Doch sein wurzelwerk kann die schwärze des alls nicht mehr aufhalten. das ungeheure ist lange verborgen gewesen. Die menschen meiner zeit sind dafür nicht empfänglich. Ihre vorväter haben auf unserem land eine stadt gebaut, das plateau ist in der erde versunken und heute steht ein großes gebäude darauf, dessen zweck es ist, die ganze stadt mit energie zu versorgen. Wir haben nie aufgehört den ort zu bewachen, also haben sich immer ein paar von uns in der nähe der anlage aufgehalten. Jetzt bin ich der letzte von uns, der noch in der welt der lebenden weilt. Die ahnen schauen mich an und ich verstehe was ihre blicke mir sagen sollen: es gibt keinen auserwählten, es gibt nur den der zur richtigen zeit am richtigen ort ist und der sich seiner verantwortung nicht entziehen kann.

Ich schrecke auf, donner hat mich geweckt. Es ist dunkel im zimmer. Ich gehe ans fenster. blitzreiter stürmen über den himmel, zwischen rostroten wolkenhäuptern. Die nacht ist von ihrem kriegsschrei erfüllt und von dem donnern ihrer speere. Die sterne dazwischen flackern wie ungewisse lebenslichter. Der abgrund klafft in schwärze, tosend, ächzend, stöhnend vor bewegung. Es ist ein wankender gang, wie auf altersschwachen dielen, trunken von schwerkraft.

(c) venom&claw

die hexe im wald

da lebt eine hexe im wald
die geht gebückt
und ist schon sehr alt
die hexe lebt im wald ganz allein
ihre nase ist krumm
und sie ist auch sehr klein
es gab schon immer viele
die ihr dasein dort störte
doch heißt es dass ihr liebreiz
in ihrer jugend einen prinzen betörte
die hexe lebt dort im wald
schon sehr lang
und es gibt geschichten
wie sie einmal mit zauberei
selbst den kaiser bezwang
heut nacht ist der wald voll
mit männern mit lichtern
und mit vor hass
ganz verzerrten gesichtern
die viel gefürchtete hexe
bleibt wegen ihres alters
meistens im haus
heute schaut sie voller angst
in den augen hinaus
die zornigen männer legen fackeln
an ihr schiefes gemäuer
und so endet die geschichte
der hexe die im wald lebt
im feuer

(c) venom&claw

totem frost

Der winter kam zurück. Ich floh durch einen graben, gefrierenden schlamm, trocknendes blut und stacheldraht, der rote worte in meine haut schrieb. Der Frost folgte mir und mit ihm die bluthunde des kalten zauberers. ihr geheul im rücken und das des windes über mir kroch ich aus der einen todesader über aufgeplatzte erde an einem krater entlang in den nächsten graben. Die toten hier waren unverletzt, kein blut zeugte von wunden, nur ihre gesichter waren blau von dem bösen zauber, den sie eingeatmet hatten. Sie saßen und lagen dort wie schlafend, in erwartung ihres erwachens, hielten ihre waffen noch fest im griff und würden sie gewiss nicht hergeben. Ich riss mir den blutigen mantel vom leib, rollte mich auf den rücken und warf ihn hinter mich. Ich griff nach dem fetisch des schattenschürers und befahl einen kreis um mich, um meine spur zu verwischen. Ich kroch weiter in den kommandounterstand des grabens mit weiteren toten darin. Die ausrüstung der soldaten war zum teil unbrauchbar durch die feuchtigkeit und zunehmende kälte, aber ich fand das was ich brauchte. Die bestien fielen über mein kriegskleid her und zerrten es in den krater an dem ich vorbeigekommen war. Der wind schrie auf sie ein, um sie zu warnen und auf mich zu hetzen, aber sie waren dem rausch zu sehr verfallen um ihm zu gehorchen. Bei dem trichter angekommen trotzte ich dem widersacher und stellte mich am rande aufrecht hin, richtete die mündung auf die meute und übergoss sie mit brennendem kerosin.
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Allgemeinbildung

Es gab zeiten, in denen man richtig aufpassen musste, das war zwischen den 20ern und den 90ern, was eigentlich ein ziemlich kurzer zeitraum ist. Und ehe man sich recht versah, war die gelegenheit vorbei. Ich meine die gelegenheit für die menschheit, die quelle, oder wenigstens eine quelle ihrer ängste aufzudecken und trockenzulegen.

Vor ein paar tagen war ich aus, zu meiner bevorzugten tageszeit, also mitten in der nacht. Etwas unvorsichtig geriet ich mitten in einen pulk sizilianer, die gerade vom dinner aus ihrem stammlokal kamen und sich gegenseitig mit hirnlosen spitznamen anredeten. Der atem dieser typen haute mich fast um, mama lucia muss voll in die tasten gegriffen haben. Bleich und kotzig kam ich auf dem strip an, eine gegend, in der du gewiss nicht in die gefahr gerätst, einem priester oder gar einer kirche zu begegnen. Ich suchte mir einen club unter straßenniveau aus, ging die paar stufen hinab und nach nicht mal zehn minuten saß ich bei einer bloody mary mit 3 häschen zusammen. Die unterhaltung lief wie von selbst, die mädchen waren im kino gewesen und ließen sich nicht davon abhalten, mir den inhalt aufs ohr zu drücken. Eine 17-jährige verliebt sich in einen düsteren typen, dessen haut kalt ist, der sich vor der sonne verbirgt, unnahbar erscheint und, wie sich bald herausstellt, superkräfte besitzt. Er ist ein vampir und die drei tun so, als wüssten sie ganz genau, was das ist. Ich spitze so im letzten drittel die ohren und checke die umgebung. Die ganze erfahrung meines lebens verhindert doch nicht immer, dass ich etwas essentielles übersehe und tatsächlich habe ich mich diesmal mit den chicks zwischen zwei spiegel gesetzt. Niemandem fällt etwas auf und, wie mir klar wird, liegt das zum größten teil daran, dass in dem film spiegel gar nicht zur sprache kamen. Ich atme tief durch und mache hinter dem rücken das zeichen des biestes. Nach ein paar weiteren minuten habe ich eine der ladys, die mit dem süßesten geruch, dazu gebracht, mit mir ein paar schritte durch die nacht zu gehen. Sie erzählt mir noch, wie sie ihrem katholischen elternhaus entkommen ist, bevor ich sie in einem dunklen winkel aussauge. Mami hätte dir bestimmt etwas weihwasser mit auf den weg gegeben – dummes kind!

Ich schaue in den himmel und zeige gott den mittelfinger. Jahrhunderte waren sie uns dicht auf den fersen. Stoker und ein paar andere haben uns wirklich angst eingejagt, als sie das okkulte wissen der breiten öffentlichkeit zugänglich machten und wie ich schon sagte, sah es für einige jahre wirklich schlimm aus. Aber jetzt, im jahre 2009, nach jahrzehnten, in denen in kinofilmen und horrorgeschichten immer neuer humbug erzählt wird, ja jetzt, nachdem ihr eure chance vertan habt,, schließe ich meinen mit rotem samt gefütterten mantel zum schutz gegen den wind, steige mit ausgebreiteten flügeln zum himmel auf und fliege heim zu meinem sarg, denn bald geht die sonne auf.

(c) venom&claw

das bleiche

Das neue hing weit oben in den zweigen des baumes. Wenn es herunterfiel konnte es sterben. Schwarzer kletterte vorsichtig, um den baum nicht in schwung zu bringen und kroch dann wie eine schlange auf den ast, achtete darauf, sein gewicht nicht zu weit nach vorne zu verlagern und streckte eine hand zu dem schreienden bündel hin. Er bekam es zu fassen und pflückte es sanft aus den zweigen, nahm es an sich und stieg behutsam wieder hinunter. Das neue hatte ein rotes gesicht, wurde aber sofort still, als er den waldboden berührte. Er schaute in die kleinen augen und freute sich, als es seinen blick zurückgab. Er ging einen krummen weg mit wiegendem schritt bis zu einem farn, brach ein stück davon ab und säugte das neue mit der pflanzenmilch, bis es ihm satt erschien. Auf dem heimweg suchte er nach einem namen und fand ihn, als ein biber nahe an seinem pfad entlang schwamm. Das neue hieß biber.
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